FRANKFURT (dpa-AFX) - Den Börsen könnte nach einer wochenlangen Erholungsrally vor Ostern etwas die Puste ausgehen. "Viele Aktienmärkte sind etwas heiß gelaufen", konstatiert die Bernecker-Publikation "Die Termin-Börse". Auch die Wertpapierspezialisten der DZ Bank mahnen zur Vorsicht: Nach dem schwachen Jahresstart und der anschließenden, rasanten Aufholjagd "ist zunächst ein Luftholen des Marktes nicht auszuschließen".
Dabei dürfte die weltweit lockere Geldpolitik die Kurse weiter stützen. Als wichtigster Taktgeber drängen nun die Konjunkturdaten in den Vordergrund. "Ausreichende Liquidität ist weiterhin vorhanden", heißt es bei Bernecker. "Es gibt weltweit keine Notenbank, die massiv bremst und das Zinsniveau nach oben treibt." Selbst die US-Notenbank habe sich jüngst nicht dazu durchringen können, den Leitzins erneut anzuheben.
"Allerdings scheinen die Notenbanken zunehmend an Einfluss auf die Aktienmärkte zu verlieren", kommentieren die DZ-Experten die nur kurzlebigen Impulse der Europäischen Zentralbank (EZB) und auch von den US-Währungshütern für die Börsen.
Wichtig für die weitere Entwicklung von Dax (DAX) & Co ist der Eurokurs. Marktanalyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets erinnert an den deutlichen Schub, den die Entscheidungen der beiden wichtigsten Notenbanken der Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar verliehen hatten. "Ein starker Euro ist Gift für den Dax", gibt Stanzl zu bedenken. Daher habe es der deutsche Leitindex bislang auch nicht geschafft, die Marke von 10 000 Punkten dauerhaft zu überwinden. Ein hoher Kurs der Gemeinschaftswährung verteuert tendenziell die Produkte europäischer Unternehmen für Käufer außerhalb der Eurozone.
Neue Impulse von der Geldpolitik erwartet Stanzl in der verkürzten Handelswoche vor Ostern indes nicht: "Die großen Zentralbanken wollen erst einmal die Wirkung ihrer Medizin abwarten, die sie den Märkten jüngst verabreichten." Am Karfreitag bleiben unter anderem die Börsen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA geschlossen.
EZB-Präsident Mario Draghi hatte am 10. März die Geldpolitik zwar deutlich stärker gelockert als erwartet, Hoffnungen auf weitere Zinssenkungen aber zunächst eine Absage erteilt. Am vergangenen Dienstag bekräftigte die japanische Notenbank ihren Billiggeld-Kurs, und tags darauf zog die US-Notenbank Fed nach: Sie beließ zwar ihren Leitzins wie erwartet knapp über der Nulllinie. Fed-Präsidentin Janet Yellen signalisierte aber, die Geldpolitik im weiteren Jahresverlauf deutlich langsamer straffen zu wollen als bisher beabsichtigt.
Damit hätten die Notenbanken "ihre Karten mehr oder weniger ausgespielt". Sie würden als Thema uninteressanter, betont Dirk Rogowski, Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Veritas Investment. "Nun kommen wir zurück zu den eigentlichen Fakten, die Märkte bewegen. Und das sind nun einmal realwirtschaftliche Daten und Entwicklungen."
"Die Aktienmärkte sollten davon profitieren, dass wenigstens bei den Konjunkturdaten im Euroraum nichts anbrennt", schreibt Analystin Claudia Windt von der Landesbank Helaba. Sie rechnet am Dienstag sowohl beim deutschen Ifo-Geschäftsklima als auch bei den europäischen Einkaufsmanagerindizes mit einer Stabilisierung. Ebenfalls am Dienstag stehen die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ermittelten Konjunkturerwartungen von Finanzexperten für Deutschland und die Einkaufsmanagerindizes für die US-Industrie auf der Agenda.
Am deutschen Aktienmarkt stehen zum Wochenauftakt die Indexänderungen der Deutschen Börse im Mittelpunkt. Der Medienkonzern ProSiebenSat.1 (XETRA:PSMGn) steigt in den Dax auf und verdrängt dort den Salz- und Düngerherstellers K+S (XETRA:SDFGn). Zudem wird der seit Dezember an der Frankfurter Börse notierte Handelskonzern Steinhoff (XETRA:SNHG), zu dem unter anderem der Möbeldiscounter Poco gehört, in den MDax (MDAX) der mittelgroßen Werte aufgenommen.
Vom Kleinwerte-Index SDax (SDAX) steigen die Anteilsscheine des Immobilienunternehmens Alstria Office Reit (XETRA:AOXG) in den MDax auf. Ihren Platz räumen müssen dafür der Stahlhändler Klöckner & Co (XETRA:KCOGn) und der Autozulieferer ElringKlinger (ETR:ZIL2).
Zudem dürfte in der neuen Woche noch eine Vielzahl von Geschäftsbilanzen bei den Anlegern Aufmerksamkeit finden. Allerdings handelt es sich dabei durchgängig um Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe.