FRANKFURT (dpa-AFX) - Der erste Hoffnungsschimmer im US-Schuldenstreit hat am Donnerstag auch für einen Befreiungsschlag am deutschen Aktienmarkt gesorgt. Nach rund zwei Wochen der Lethargie und mehrfach misslungenen Anläufen gelang dem Dax an "Christi Himmelfahrt" der Sprung über die psychologisch wichtige Marke von 16 000 Zählern. Zugleich kletterte der deutsche Leitindex auf ein Hoch seit Anfang 2022. Am Nachmittag notierte das Börsenbarometer dann noch mit 1,48 Prozent im Plus bei 16 187,32 Punkten. Das bisherige Rekordhoch bei gut 16 290 Punkten ist damit in Sichtweite.
"Anleger dies- und jenseits des Atlantiks lechzen nach dem großen Wurf im schwelenden Schuldenstreit in den USA", schrieb Marktbeobachter Timo Emden. "Als Zünglein an der Waage fungiert die Aussicht darauf, dass schon bald eine Einigung zwischen Demokraten und Republikanern erzielt werden könnte."
Am Vortag hatte an den US-Börsen (ETR:SXR4) die vage Hoffnung auf eine Lösung im politischen Streit um die Schuldenobergrenze des US-Haushalts die Kurse angetrieben. Ein Durchbruch gelang indes noch nicht. Gibt es keine Lösung, droht den USA schon im Juni ein Zahlungsausfall - mit wohl schweren Folgen für die Weltwirtschaft. Zum Auftakt an den US-Märkten zeichneten sich zuletzt eher moderate Verluste ab.
Dies nahm den hiesigen Börsen zunächst nur wenig Wind aus den Segeln. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen stand zuletzt 0,88 Prozent höher bei 27 647,87 Zählern. Dabei waren die Handelsumsätze zwar generell unterdurchschnittlich, aber trotz der Abwesenheit vieler Investoren an einem Feiertag jedoch vergleichsweise hoch. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 zog um 1,09 Prozent auf 4370,44 Zähler an.
Von der wiedererweckten Risikofreude der Marktakteure profitierten europaweit zuvorderst die Autobauer. Unter den Branchenwerten im Dax verteuerten sich allen voran die Porsche-Holding und Volkswagen (ETR:VOWG) um jeweils weit mehr als drei Prozent.
Volkswagen will seine gewinnschwache Kernmarke VW Pkw mit einem neuen Spar- und Effizienzprogramm wieder auf Trab bringen. "Wir sehen, dass unsere Marke - bei allen Stärken - wirtschaftlich noch nicht solide genug aufgestellt ist", hieß es von Markenchef Thomas Schäfer in einem internen Schreiben an die Mitarbeiter, das der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX vorliegt.
Commerzbank (ETR:CBKG) -Aktien toppten die Auto-Gewinne an der Index-Spitze noch deutlich mit einem Kursplus von 5,3 Prozent. Banken waren generell gefragt, Deutsche Bank (ETR:DBKGn) etwa verteuerten sich um 1,4, obwohl sie ex Dividende gehandelt wurden. Ohne diesen Abschlag wäre der Zuwachs noch deutlicher ausgefallen.
Auch der Name Siemens (ETR:SIEGn) fand sich gleich mehrfach ganz oben in der Kurstabelle wieder. Anteile von Siemens Energy (ETR:ENR1n) profitierten von einer Kaufempfehlung der US-Bank Citigroup (NYSE:C) und legten um 1,3 Prozent zu. Noch besser schlugen sich die Papiere des Medizintechnikanbieters Siemens Healthineers (ETR:SHLG) mit 1,9 Prozent. Siemens setzten nach der Erhöhung der Konzernprognose am Vortag ihren guten Lauf mit 2,8 Prozent Aufschlag fort.
Positive Branchennachrichten aus Japan und ein Kurssprung im Sektor an der Tokioter Börse sorgten unterdessen auch hierzulande für Bewegung. Im Sog der Berichte über große Investitionen von Chipherstellern in dem Land kletterten auch Infineon (ETR:IFXGn) -Anteile um fast 2,8 Prozent. Einen der vordersten Plätze im MDax-belegte der Waferhersteller Siltronic (ETR:WAFGn) mit knapp 3,3 Prozent Kursplus.
Der Euro fiel am Donnerstag zeitweise auf den niedrigsten Stand seit Anfang März und notierte am Nachmittag bei 1,0790 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuletzt am Mittwochnachmittag auf 1,0829 Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt verharrte die Umlaufrendite bei 2,34 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,46 Prozent auf 125,85 Punkte. Der Bund-Future gab um 0,84 Prozent auf 134,15 Zähler nach.