FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 16. April 2014. Viele Währungsanalysten halten den Euro gegenüber dem US-Dollar derzeit für zu teuer und erwarten über kurz oder lang eine Anpassung nach unten.
Der Euro demonstriert weiterhin Stärke. Scheinbar mühelos hat die Gemeinschaftswährung die 1,38 US-Dollar übersprungen. "Selbst Diskussionen über mögliche zusätzliche Lockerungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank konnten den Euro nicht bremsen", bermerkt Stefan Gäde von der HSH Nordbank. "Das ist umso beachtlicher, als die US-Wirtschaft ausgesprochen gut läuft während der Euroraum eher gemächlich wächst."
Starke US-Konjunktur mit schwachem Durchschlag
Aus Sicht von Gäde gibt es für die Eurostärke wenig fundamentale Gründe. "Die Angst der Märkte treibt vielleicht merkwürdige Blüten, so dass Anleger möglicherweise aus dem US-Dollar aussteigen." Denn kommende US-Konjunkturvorgaben belegten den Aufschwung in Nordamerika. PKW-Verkäufe und Einzelhandelsumsätze haben sich laut Helaba im März deutlich belebt, unterstützt durch einen kräftigen Anstieg der geleisteten Arbeitsstunden.
"Konsum und Verbrauchervertrauen steigen, was für die USA wichtig ist", untermauert Gäde, der davon ausgeht, dass sich der Euro auf diesem hohen Niveau nicht halten kann und sich eher Richtung 1,36 US-Dollar bewegt. Die HSBC erwartet zusätzliche geldpolitische Maßnahmen der EZB, falls die Konjunkturprognosen nicht eintreffen. "In diesem Umfeld rechnen wir mit einer Abwertung des Euro zum US-Dollar bis in den Bereich um 1,28 zum Jahresende."
Krim-Krise weniger Einfluss als gedacht?
Folker Hellmeyer von der Bremer Landesbank beschreibt die Ruhe am Devisenmarkt als nahezu irritierend und stellt die Frage: "Sollte der US-Dollar nicht gegenüber dem Euro an Wert zulegen, wenn wir an den Grenzen der Europäischen Union mit Bürgerkrieg zündeln?"
Andererseits ist der Status der Krim-Krise nach Meinung von Gertrud Traud nicht die entscheidende Frage. "Solange es zu keiner militärischen Eskalation kommt, hat dieses Ereignis nur einen lokalen Charakter", urteilt die Volkswirtin der Helaba. Sie bezweifelt zudem den Einfluss der Ukraine auf jüngst etwas schwächer ausgefallene Stimmungsindikatoren. "Ausschlaggebend waren vielmehr enttäuschende Konjunktursignale aus China."
Briten starten durch
Eine starke Performance hat die britische Währung hingelegt. "Aus Eurosicht reibt sich da so mancher die Augen", weiß Gäde. "Die optimistischen Prognosen zur Wirtschaftskraft des Landes überschlagen sich." Zwischen 2,8 und 3 Prozent lägen die derzeitigen Wachstumserwartungen für das Bruttoinlandsprodukt. Noch halte die Bank of England aber die Füße still. Vorerst solle Großbritanniens Wirtschaft eine größere Dynamik aufweisen als die Eurozone und ihre Industriekapazitäten erweitern. "Der bisherige Erfolg wurde insbesondere über den Immobiliensektor getragen."
Ein Zinsschritt könne allerdings jederzeit beschlossen werden. Die britische Notenbank warnte laut Traud bereits vor einem zu entspannten Umgang mit dem zu erwartenden Ende der extrem expansiven Geldpolitik. Ein Zinserhöhungs-Szenario komme bislang noch nicht im Risikoverhalten der Anleger zum Ausdruck. Gäde geht davon aus, dass sich das Pfund in diesem Jahr um 0,82 Pfund gegenüber dem Euro halten kann.
Yen-Stärke nicht von Dauer
Die japanische hat gegenüber der nordamerikanischen Währung und dem Euro im vergangenen Monat an Fahrt aufgenommen. Derzeit ist ein US-Dollar für gut 102 Yen zu haben. "Der Yen hat von der Krim-Krise ein wenig profitiert", beobachtet Gäde. "Ob mehr dahinter steckt als verschreckte Anleger, die ihr Geld zurückgeholt haben, wird sich zeigen." Verkündungen optimistischer Konjunkturprognosen stünden extrem hohe Staatsschulden und ein Reformstau gegenüber. Denn bisher finde man die strukturellen Veränderungen lediglich auf dem Papier, auch weil die Umsetzung aus den eigenen politischen Reihen blockiert würde. Jetzt plane die Regierung in Testregionen die Auswirkungen der Reformen zu ermitteln. Ob dies für Bewegung sorgt sei fraglich. "Die zu Monatsbeginn in Kraft getretene Mehrwertsteuererhöhung wird die wirtschaftliche Perspektive in den kommenden Monaten eher verschlechtern." Leide die Konjunktur, dann öffne die Bank of Japan vermutlich ihre Geldschleusen noch weiter. "Wir halten die jüngste Yen-Stärke nicht für nachhaltig."
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von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 16. April 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)