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Börse Frankfurt-News: "Das Ende der Hausse" (Hüfners Wochenkommentar)

Veröffentlicht am 30.07.2014, 15:04
Börse Frankfurt-News: "Das Ende der Hausse" (Hüfners Wochenkommentar)

FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 30. Juli 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach Hüfners Einschätzung ist die Zeit breitflächig steigender Preise vorbei, nun zähle eine gezielte Auswahl.

Ich muss noch einmal auf die Aktien zu sprechen kom­men. So richtig zufriedenstellend war die Entwicklung im bisherigen Verlauf des Jahres nicht. Es gab zwar ein paar Anläufe zu stärkeren Kurssteigerungen. In Deutschland wurde beim DAX die 10.000er Marke überschritten. Aber dauerhaft war das alles nicht. Die Kurse bildeten sich schnell wieder zurück. Insgesamt ist der DAX in den ersten sieben Monaten nur um 2,1 Prozent gestiegen. Nach den Zuwächsen in den letzten beiden Jahren (29 Prozent und 26 Prozent) ist das mager.

Im Weltmaßstab sieht das Bild nicht viel anders aus. Die Grafik zeigt, dass der US-amerikanische Dow kaum schnel­ler gestiegen ist als der DAX. Der Nikkei-Index verlor 5,7 Prozent. In Großbritannien gab es ein minimales Plus von 0,7 Prozent. Der österreichische ATS ging 6,7 Prozent zurück. Le­diglich in Italien und Spanien sowie in ein paar Schwel­len- und Entwicklungsländern gab es stärkere Kursstei­gerungen, unter anderem in Indien und Brasilien.

Was ist davon zu halten? Ist das nur eine vorübergehende Pause? Oder geht der große Aufschwung zu Ende? Müssen wir uns gar auf eine stärkere Abwärtsbewegung einstellen?

Nun sollte man die Entwicklung in einem so kurzen Zeit­raum nicht überbewerten. Auch in den vergangenen Jahren waren die ersten sechs Monate jeweils meist wesentlich schwächer als die zweiten. Es kann also sein, dass wir Glück haben und dass im zweiten Halbjahr noch einige Kurssteigerungen kommen.

Andererseits muss man sehen, dass die Kapitalmärkte fundamental vor einer Zäsur stehen. Die beiden bisher treibenden Kräfte sind brüchig geworden. Zum einen neigt sich die Zeit der ultralockeren Geldpolitik nach gut fünf Jahren dem Ende zu. Im Oktober laufen die Wertpapierkäufe der US-amerikanischen Zentralbank aus. Für nächstes Jahr stehen dort vermutlich erste Zinserhöhun­gen an. In Europa sind wir zwar noch nicht so weit. Aber viel Spielraum für weitere Lockerungen der monetären Bedingungen gibt es hier nicht mehr.

Zum anderen ist das Wirtschaftswachstum nicht mehr so groß. Die noch zu Beginn des Jahres gehegte Hoffnung auf eine generelle konjunkturelle Belebung in der Welt hat getrogen. Die Welt steht zwar nicht vor einer neuen Rezession. Aber die Auftriebskräfte sind doch wesent­lich schwächer als erwartet. Die Unternehmensgewinne steigen zwar, aber nicht so schnell, um die Überbewer­tung der Aktienkurse zu korrigieren und die Indizes für die Anleger wieder attraktiv zu machen.

Daraus folgen drei Punkte: Erstens ist eine Fortsetzung des Aktienaufschwungs im Tempo der verganenen Jahre aus fundamentaler Sicht nicht mehr gerechtfertigt. Es müs­sen kleinere Brötchen gebacken werden. Das ist kein Beinbruch. Jeder vernünftige Mensch musste das erwar­ten. Bei dem niedrigen gesamtwirtschaftlichen Wachs­tum passen nur noch Kurssteigerungen von 5 Prozent bis 6 Prozent pro Jahr in die Landschaft. Zeitweise kann es auch zu Kursrückgängen kommen.

Zweitens: Die Fundamentaldaten sind aber nicht so schlecht, dass man einen Mega-Absturz der Kurse fürchten muss. Es ist auch nicht so, dass Aktienkurse immer fallen müssen, wenn sie nicht mehr steigen. Die zwei Einbrüche nach der Blase der New Economy im Jahr 2000 (minus 70 Prozent) und nach der Pleite der Lehman Bank 2008 (minus 50 Prozent) waren historisch gesehen Aus­nahmen. Die "normalen" Kursrückgänge bewegten sich in den 60 Jahren der Nachkriegszeit eher in der Größenordnung von 10 Prozent bis 20 Prozent. Das ist es, auf was sich die Investoren einstellen müssen und was in der Risikoprämie für Aktien enthalten ist.

Drittens: Wenn die generelle Hausse zu Ende ist, ver­läuft die Entwicklung an den Aktienmärkten differenzier­ter. Die Zeiten von "Läuft Butter, läuft Käse" sind dann vorbei. Der Anleger muss nach Chancen länger suchen. Das gilt für einzelne Unternehmen, die positiv oder ne­gativ aus der allgemeinen Entwicklung herausragen können.

Es gilt aber auch für regionale Märkte. Die Grafik zeigt, dass Italien und Spanien beispielsweise nach wie vor attraktiv für internationale Investoren sind. Die Turn-around-Situation in diesen Ländern ist noch nicht vorbei. Die Kursniveaus sind noch weit von den Höchstständen vor der Krise entfernt.

Interessant ist auch Indien. Durch die Neuwahlen ist Ministerpräsident Nadrema Modi an die Macht gekommen, der sich eine Erneuerung des Landes mit mehr Wachstum auf die Fahnen geschrieben hat. Im bisherigen Verlauf des Jahres ist der Sensex um 23 Prozent gestiegen. Weitere Kursgewinne erscheinen mög­lich, wenn sich erste Erfolge der neuen Politik zeigen.

In abgeschwächtem Maß könnte dies auch in Indonesi­en so kommen. Dort ist mit Joko Widodo ein neuer, wirtschaftsfreundlicherer Präsident an die Macht gekom­men.

Für Anleger

Das Ende der Aktienhausse der vergangenen fünf Jahre muss keine Katastrophe sein. Wenn die Kurse moderater steigen, ist dies eine gesündere und nachhaltigere Entwick­lung. Freilich steigen die Risiken. Anleger sollten daher spekulativere Werte meiden und eher in defensivere Ti­tel umschichten. Sie bringen weniger Ertrag, sind dafür aber auch weniger Schwankungen ausgesetzt. Wichtig ist ferner, der Auswahl der Unternehmen und der Märkte größere Bedeutung zuzumessen. Als Volkswirt schaue ich vor allem auf die volkswirtschaftlichen Bedingungen in einzelnen Märkten. Unter diesen Bedingungen ist In­dien ein "Kauf" (weil sich dort die Verhältnisse verbes­sern). Brasilien, wo die Kurse zuletzt ebenfalls stark gestiegen sind, schaue ich dagegen mit mehr Skepsis an. Dort stehen im Herbst Wahlen an.

Anmerkungen oder Anregungen? Martin Hüfner freut sich auf den Dialog mit Ihnen: redaktion@deutsche-boerse.com.

von Martin Hüfner, Assenagon

© 30. Juli 2014

Dr. Martin W. Hüfner ist Chief Economist bei Assenagon. Viele Jahre war er Chefvolkswirt der Bayerischen Hypo- und Vereinsbank AG und Senior Economist der Deutschen Bank AG. Er leitete fünf Jahre den renommierten Wirtschafts- und Währungsausschuss der Chefvolkswirte der Europäischen Bankenvereinigung in Brüssel. Zudem war er über zehn Jahre stellvertretender Vorsitzender beziehungsweise Vorsitzender des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Bundesverbandes Deutscher Banken und Mitglied des Schattenrates der Europäischen Zentralbank, den das Handelsblatt und das Wallstreet Journal Europe organisieren. Dr. Martin W. Hüfner ist Autor mehrerer Bücher, unter anderem "Europa - Die Macht von Morgen" (2006), "Comeback für Deutschland" (2007), "Achtung: Geld in Gefahr" (2008) und "Rettet den Euro!" (2011).

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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