FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 17. August 2012. Im Vergleich zur Vorwoche tendiert der Euro-Bund-Future mittlerweile deutlich schwächer. Händler glauben allerdings nicht unbedingt, dass das als Zeichen einer Entspannung in der Eurokrise gewertet werden kann.
Nach vielen turbulenten Monaten scheinen die Sorgen um die Eurozone zuletzt etwas kleiner geworden zu sein: Renditeaufschläge für Krisenländer fallen, Bundesanleihen sinken in der Gunst der Anleger, der DAX klettert heute sogar über die wichtige Marke von 7.000 Punkten. 'Offenbar gilt jetzt: No news are good news', kommentiert die Commerzbank.
Der Euro-Bund-Future notiert nach 143,28 Prozent am vergangenen Freitag heute nur noch bei 141,63 Punkten. 'Im Verlauf des Donnerstaghandels wurden auch schon Kurse unter 141 erreicht', ergänzt Dietmar Blum von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe liegt bei 1,521 Prozent.
'Dies ist nicht besonders positiven Meldungen aus den krisengeschüttelten Eurostaaten zu verdanken', meint Klaus Stopp von der Baader Bank. Viele Investoren seien nicht mehr bereit, sich für ihre Risiken mit solch geringen Renditen abspeisen zu lassen und suchten nach Alternativen. 'Versicherungen machen es vor, nehmen Gewinne mit und engagieren sich verstärkt im Energiesektor.'
Bundesrepublik: Image bekommt Kratzer
Auch Blum ist skeptisch: Langsam setze sich die Erkenntnis durch, dass es für Deutschland keine Möglichkeit gebe, die eigene Bonität der Krise zu entziehen. 'Die Bundesrepublik hat die Wahl zwischen Pest und Cholera: weitere Alimentierung der anderen Eurostaaten mit unabsehbar hohen Kosten oder Zerfall der Eurozone mit mindestens genau so hohen Belastungen.' Investoren sähen Bundesanleihen zwar immer noch als eines der sichersten Anlageprodukte an, allerdings mit deutlich schlechterem Chance-Risikoverhältnis als bei anderen Staatsanleihen. 'Und auf lange Sicht werden insbesondere institutionelle Investoren wie Vermögensverwalter, Versicherungen und Rentenfondsmanager nicht dafür bezahlt, die sicherste, sondern die gewinnträchtigste Alternative zu wählen.'
Dreißigjährige weisen den Weg
Auffällig sei im Übrigen, dass sich dreißigjährige Bundesanleihen im Vergleich zu zehnjährigen seit Anfang Juni deutlich schlechter entwickelt hätten. 'Konnte die zehnjährige Bundesanleihe mit Fälligkeit Juli 2022 (WKN 113547) beispielsweise in der zweiten Julihälfte nochmals mit Kursen um 105,50 das Niveau von Anfang Juni erreichen, notierte die dreißigjährige Bundesanleihe mit Fälligkeit Juli 2044 (WKN 113548) zum gleichen Zeitpunkt mit 110,50 etwa zehn Punkte unter ihrem Junihoch von 120,50. 'Dreißigjährige Bundesanleihen dienen oftmals als Seismograph für die Stimmung des Marktes für Bundesanleihen.'
Neue Querelen im Herbst
Die HSH Nordbank weist darauf hin, dass das Tauziehen um den richtigen Weg aus der Schuldenkrise nach der Sommerpause weitergehen wird. Wichtige Beschlüsse, wie zum Beispiel die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum ESM Mitte September, stünden noch aus. 'Für Bundesanleihen und Treasuries bedeutet dies, dass die Renditen auf Sicht der nächsten Wochen erneut unter Abwärtsdruck geraten könnten.' Längerfristig rechnen die Analysten aber weiterhin mit einem moderaten Renditeanstieg, da die Schuldenkrise sich wohl allmählich beruhigen werde.
Schwere Zeiten für Solar-Anleihen
Einiges an Neuigkeiten gab es in dieser Woche im Bereich der Corporate Bonds. Rasant nach unten geht es am heutigen Freitag etwa für eine Anleihe von SIC Processing (WKN A1H3HQ), wie Rainer Petz von Close Brothers Seydler berichtet. 'Gestern notierte sie bei 70, heute sind es nur noch 51 Prozent.' Auslöser sind ein heftiger Umsatzrückgang im ersten Halbjahr sowie die Insolvenz eines wichtigen Kunden. SIC Processing ist Anbieter von Spezialdienstleistungen für die Photovoltaikbranche.
Viel Umsatz gab es dem Händler zufolge auch in Solarworld-Anleihen (WKN A1CR73). Hier sorgten die nun auch für das Gesamtjahr erwarteten Verluste für zahlreiche Verkaufsorders. 'Die Anleihe fiel bis unter 19 Prozent', meldet Petz. Im vergangenen Sommer wurde das Papier noch zu über 100 Prozent gehandelt.
Singulus erholt, Air Berlin schwach
Nach dem Kursrutsch in Folge einer Gewinnwarnung Anfang August konnten Singulus-Anleihen (WKN A1MASJ) hingegen zuletzt wieder zulegen. Das Geschäft im kleinen Halbleiterbereich läuft offenbar besser als erwartet, der Spezialmaschinenbauer berichtete von unerwartet hohen Bestellungen. 'Nachdem die Anleihe bis unter 70 Prozent gefallen war, sind es jetzt wieder 79 Prozent', erklärt Petz.
Dass sich die Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens nochmals verzögern könnte, wie gestern bekannt wurde, macht nicht nur Hauptstadtbürgermeister Wowereit, sondern auch Air Berlin zu schaffen. Jede Verschiebung ist mit immensen Kosten für die ohnehin kriselnde Airline verbunden. 'Auf die Anleihen kommt Druck', berichtet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft mit Blick auf das bis 2014 laufende Papier (WKN AB100C).
Hohe Nachfrage nach Euro-Alternativen
Weiter stark gesucht sind Fremdwährungsanleihen. Stopp zufolge ziehen hier unverändert Papiere in norwegischen Kronen. 'Aber auch bei Anleihen lautend auf Renminbi sowie auf australische und neuseeländische Dollar konnte ein gesteigertes Anlegerinteresse festgestellt werden.' Blum meldet ebenfalls anhaltende Nachfrage nach Anleihen in australischen Dollar, etwa zwei Commerzbank-Papieren (WKN CZ224Z, CZ31PC).
'Der Trend heraus aus dem Euro und hinein in Fremdwährungen setzt sich fort', beobachtet auch Daniel. Gesucht sei etwa eine bis 2015 laufende Anleihe der Australia & New Zealand Banking Group ANZ in der Down Under-Währung, die zu 6,375 Prozent verzinst wird (WKN A1GND6). 'Verhalten gekauft' werde auch eine in der vergangenen Woche begebene Nordic Investment-Anleihe in norwegischen Kronen (WKN A1G739) mit Kupon von 2,125 Prozent und Laufzeit bis 2017.
Wenig los bei Neuemissionen
Wie Klaus Stopp erklärt, ist dem Primärmarkt für Unternehmensanleihen weiterhin die sommerliche Ruhe anzumerken. Die neueste Emission von Procter & Gamble (WKN A1G8GU) zeige aber, dass der Kapitalanlagebedarf nach wie vor sehr hoch sei: 'Insgesamt wurden für das im August 2022 endfällige Wertpapier Zeichnungsorders im Volumen von mehr als 6 Milliarden Euro abgegeben, emittiert wurde lediglich 1 Milliarde Euro mit einem Kupon von 2 Prozent', erklärt Stopp. Mit einer Mindestanlagesumme von 100.000 Euro ist das Papier für die meisten Privatanleger allerdings ohnehin uninteressant.
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© 17. August 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Nach vielen turbulenten Monaten scheinen die Sorgen um die Eurozone zuletzt etwas kleiner geworden zu sein: Renditeaufschläge für Krisenländer fallen, Bundesanleihen sinken in der Gunst der Anleger, der DAX klettert heute sogar über die wichtige Marke von 7.000 Punkten. 'Offenbar gilt jetzt: No news are good news', kommentiert die Commerzbank.
Der Euro-Bund-Future notiert nach 143,28 Prozent am vergangenen Freitag heute nur noch bei 141,63 Punkten. 'Im Verlauf des Donnerstaghandels wurden auch schon Kurse unter 141 erreicht', ergänzt Dietmar Blum von der Hellwig Wertpapierhandelsbank. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe liegt bei 1,521 Prozent.
'Dies ist nicht besonders positiven Meldungen aus den krisengeschüttelten Eurostaaten zu verdanken', meint Klaus Stopp von der Baader Bank. Viele Investoren seien nicht mehr bereit, sich für ihre Risiken mit solch geringen Renditen abspeisen zu lassen und suchten nach Alternativen. 'Versicherungen machen es vor, nehmen Gewinne mit und engagieren sich verstärkt im Energiesektor.'
Bundesrepublik: Image bekommt Kratzer
Auch Blum ist skeptisch: Langsam setze sich die Erkenntnis durch, dass es für Deutschland keine Möglichkeit gebe, die eigene Bonität der Krise zu entziehen. 'Die Bundesrepublik hat die Wahl zwischen Pest und Cholera: weitere Alimentierung der anderen Eurostaaten mit unabsehbar hohen Kosten oder Zerfall der Eurozone mit mindestens genau so hohen Belastungen.' Investoren sähen Bundesanleihen zwar immer noch als eines der sichersten Anlageprodukte an, allerdings mit deutlich schlechterem Chance-Risikoverhältnis als bei anderen Staatsanleihen. 'Und auf lange Sicht werden insbesondere institutionelle Investoren wie Vermögensverwalter, Versicherungen und Rentenfondsmanager nicht dafür bezahlt, die sicherste, sondern die gewinnträchtigste Alternative zu wählen.'
Dreißigjährige weisen den Weg
Auffällig sei im Übrigen, dass sich dreißigjährige Bundesanleihen im Vergleich zu zehnjährigen seit Anfang Juni deutlich schlechter entwickelt hätten. 'Konnte die zehnjährige Bundesanleihe mit Fälligkeit Juli 2022 (WKN 113547) beispielsweise in der zweiten Julihälfte nochmals mit Kursen um 105,50 das Niveau von Anfang Juni erreichen, notierte die dreißigjährige Bundesanleihe mit Fälligkeit Juli 2044 (WKN 113548) zum gleichen Zeitpunkt mit 110,50 etwa zehn Punkte unter ihrem Junihoch von 120,50. 'Dreißigjährige Bundesanleihen dienen oftmals als Seismograph für die Stimmung des Marktes für Bundesanleihen.'
Neue Querelen im Herbst
Die HSH Nordbank weist darauf hin, dass das Tauziehen um den richtigen Weg aus der Schuldenkrise nach der Sommerpause weitergehen wird. Wichtige Beschlüsse, wie zum Beispiel die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum ESM Mitte September, stünden noch aus. 'Für Bundesanleihen und Treasuries bedeutet dies, dass die Renditen auf Sicht der nächsten Wochen erneut unter Abwärtsdruck geraten könnten.' Längerfristig rechnen die Analysten aber weiterhin mit einem moderaten Renditeanstieg, da die Schuldenkrise sich wohl allmählich beruhigen werde.
Schwere Zeiten für Solar-Anleihen
Einiges an Neuigkeiten gab es in dieser Woche im Bereich der Corporate Bonds. Rasant nach unten geht es am heutigen Freitag etwa für eine Anleihe von SIC Processing (WKN A1H3HQ), wie Rainer Petz von Close Brothers Seydler berichtet. 'Gestern notierte sie bei 70, heute sind es nur noch 51 Prozent.' Auslöser sind ein heftiger Umsatzrückgang im ersten Halbjahr sowie die Insolvenz eines wichtigen Kunden. SIC Processing ist Anbieter von Spezialdienstleistungen für die Photovoltaikbranche.
Viel Umsatz gab es dem Händler zufolge auch in Solarworld-Anleihen (WKN A1CR73). Hier sorgten die nun auch für das Gesamtjahr erwarteten Verluste für zahlreiche Verkaufsorders. 'Die Anleihe fiel bis unter 19 Prozent', meldet Petz. Im vergangenen Sommer wurde das Papier noch zu über 100 Prozent gehandelt.
Singulus erholt, Air Berlin schwach
Nach dem Kursrutsch in Folge einer Gewinnwarnung Anfang August konnten Singulus-Anleihen (WKN A1MASJ) hingegen zuletzt wieder zulegen. Das Geschäft im kleinen Halbleiterbereich läuft offenbar besser als erwartet, der Spezialmaschinenbauer berichtete von unerwartet hohen Bestellungen. 'Nachdem die Anleihe bis unter 70 Prozent gefallen war, sind es jetzt wieder 79 Prozent', erklärt Petz.
Dass sich die Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens nochmals verzögern könnte, wie gestern bekannt wurde, macht nicht nur Hauptstadtbürgermeister Wowereit, sondern auch Air Berlin zu schaffen. Jede Verschiebung ist mit immensen Kosten für die ohnehin kriselnde Airline verbunden. 'Auf die Anleihen kommt Druck', berichtet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft mit Blick auf das bis 2014 laufende Papier (WKN AB100C).
Hohe Nachfrage nach Euro-Alternativen
Weiter stark gesucht sind Fremdwährungsanleihen. Stopp zufolge ziehen hier unverändert Papiere in norwegischen Kronen. 'Aber auch bei Anleihen lautend auf Renminbi sowie auf australische und neuseeländische Dollar konnte ein gesteigertes Anlegerinteresse festgestellt werden.' Blum meldet ebenfalls anhaltende Nachfrage nach Anleihen in australischen Dollar, etwa zwei Commerzbank-Papieren (WKN CZ224Z, CZ31PC).
'Der Trend heraus aus dem Euro und hinein in Fremdwährungen setzt sich fort', beobachtet auch Daniel. Gesucht sei etwa eine bis 2015 laufende Anleihe der Australia & New Zealand Banking Group ANZ in der Down Under-Währung, die zu 6,375 Prozent verzinst wird (WKN A1GND6). 'Verhalten gekauft' werde auch eine in der vergangenen Woche begebene Nordic Investment-Anleihe in norwegischen Kronen (WKN A1G739) mit Kupon von 2,125 Prozent und Laufzeit bis 2017.
Wenig los bei Neuemissionen
Wie Klaus Stopp erklärt, ist dem Primärmarkt für Unternehmensanleihen weiterhin die sommerliche Ruhe anzumerken. Die neueste Emission von Procter & Gamble (WKN A1G8GU) zeige aber, dass der Kapitalanlagebedarf nach wie vor sehr hoch sei: 'Insgesamt wurden für das im August 2022 endfällige Wertpapier Zeichnungsorders im Volumen von mehr als 6 Milliarden Euro abgegeben, emittiert wurde lediglich 1 Milliarde Euro mit einem Kupon von 2 Prozent', erklärt Stopp. Mit einer Mindestanlagesumme von 100.000 Euro ist das Papier für die meisten Privatanleger allerdings ohnehin uninteressant.
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© 17. August 2012 / Anna-Maria Borse
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)