FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 30. Juli 2014. Während sich die privaten Anleger auf die Bullenseite schlagen, zieht ein Drittel der institutionellen Investoren das neutrale Lager an der Seitenlinie vor.
Gemessen an den geopolitischen Entwicklungen der vergangenen Tage hat sich der DAX ziemlich ruhig verhalten. So verlor er im Wochenvergleich seit der vergangenen Stimmungserhebung der Börse Frankfurt gerade einmal 1,2 Prozent an Wert. Natürlich kann man behaupten, politische Börsen hätten ohnehin kurze Beine, aber etwa die Auswirkungen der bislang immer noch überschaubaren Sanktionen gegen Russland samt der Diskussion über härtere Maßnahmen dürften vor allem für die deutschen Exporte nach Russland längerfristig nicht ohne negative Folgen bleiben.
Aber nicht nur beim DAX selbst lässt sich immer noch eine gewisse Gelassenheit gegenüber negativen Nachrichten beobachten. Auch die Stimmung der mittelfristig orientierten institutionellen Anleger erweckt zumindest vordergründig den Eindruck von Gelassenheit, denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index steht hier auf einem Wert von +4 und hat sich damit sogar leicht positiv entwickelt.
Das eigentliche Highlight der heutigen Erhebung findet sich jedoch nicht bei den Bullen und Bären. Vielmehr hat der Anteil der neutral gestimmten Investoren mit einem Wert von 34 Prozent der Befragten den höchsten Stand seit Beginn unserer Aufzeichnungen im Jahre 2002 erreicht. Nicht viel hätte gefehlt, und diese Gruppe hätte zum ersten Mal überhaupt die stärkste Fraktion unseres Panels gestellt. Natürlich könnte man jetzt argumentieren, dass diese jüngste Stimmungserhebung ja auch kurz vor Bekanntgabe wichtiger Ereignisse in den Finanzmärkten stattgefunden habe. Schließlich geht heute die Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank zu Ende, deren Ergebnis weltweit mit großer Spannung erwartet wird. Außerdem sollen heute die Schätzung der Wachstumszahlen zum zweiten Quartal 2014 und erste Arbeitsmarkdaten der privaten Arbeitsmarktagentur ADP in den USA veröffentlicht werden. Dennoch: Der Anteil derjenigen Akteure, die sich derzeit nicht im Aktienmarkt positionieren möchten, lag bereits in der Vorwoche weit über seinem langfristigen Mittelwert, so dass man nicht von einer ausgeprägten Angst vor so genannten Ereignisrisiken ("event risks") sprechen kann.
aber nicht bei Privatanlegern
Bei den Privatanlegern sind indes eine vergleichsweise hektische Betriebsamkeit und eine gewisse Unsicherheit unter den Akteuren festzustellen. Denn dort scheint der Optimismus der Vorwoche schon wieder verschwunden zu sein. So haben sich 8 Prozent der Befragten fast vollständig aus dem Bulllager zu den Pessimisten verzogen. Deswegen bleibt vom Optimismus des Börse Frankfurt Sentiment-Index der Vorwoche, von +17 Punkten, nicht mehr viel übrig: Er liegt gerade noch bei +2, während der Anteil der neutral Gestimmten in diesem Panel mit 20 Prozent aller Befragten vergleichsweise unauffällig ist.
Der auffallend hohe Anteil neutral gestimmter institutioneller Anleger muss jedoch nicht als ein Kennzeichen allgemeiner Interesselosigkeit am Aktienmarkt gedeutet werden. Vielmehr zeigt sich darin, trotz vergleichsweise vieler skeptischer Marktkommentare, eine gewisse Zurückhaltung gegenüber größeren Engagements à la Baisse. Möglicherweise, weil sich entsprechende Positionierungen gegen den DAX in den vergangenen Wochen vielfach nicht ausgezahlt haben.
Dieser fehlende Positionierungswille mag als Indiz dafür gelten, dass sich hierzulande wahrscheinlich keine allzu hohen Schieflagen im Markt befinden, die Auslöser größerer Kursbewegungen sein könnten. Vielmehr dürften diese Bewegungen derzeit vor allem durch langfristige Kapitalströme ausgelöst werden, wobei festzuhalten bleibt, dass die Nachfrage aus diesen Quellen während der vergangenen Wochen vermutlich langsam zum Erliegen gekommen ist.
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von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 30. Juli 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)