FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 21. Mai 2014. Trotz Katerstimmung nach der jüngsten DAX-Bestmarke zeichnen Charttechniker auf mittlere Sicht ein verhalten optimistisches Bild. Auch die 10.000 Punkte sind nicht vom Tisch.
Vom Allzeithoch der vergangenen Woche scheint sich der DAX erst einmal zu entfernen. Viele Analysten machen das Ende der Berichtssaison für die derzeitige Lethargie an den Märkten mitverantwortlich. Auch könne sich das deutsche Aktienbarometer den gestrigen Kursverlusten an der Wall Street kaum entziehen. "Der DAX führt Bullen und Bären an der Nase herum. Erst ein Fehlausbruch auf ein frisches Rekordhoch und am Montag ein ähnliches Signal auf der Unterseite", fasst Franz-Georg Wenner von chartanalysen.de die technische Lage zusammen. "Leichter Optimismus ist aber noch angebracht."
Fundamental interessiere das heute zur Veröffentlichung anstehende Protokoll der Federal Reserve. Diese würde auf mögliche Hinweise hinsichtlich des Zeitpunkts der anstehenden Zinserhöhungen abgeklopft. Auch für die Bank of England rücke offenbar die Zeit näher, die Zinsen in Großbritannien wieder anzuheben. Zwar bleibe der Zins mit 0,5 Prozent zunächst unverändert. Aus dem bereits heute veröffentlichten jüngsten Protokoll gehe aber auch hervor, dass es unter den Ratsmitgliedern unterschiedliche Ansichten über den angemessenen Zinspfad gebe. Denn die britische Wirtschaft laufe wie geschmiert.
Lothar Heßler von der HSBC rechnet deshalb mit einer Verschärfung der Geldpolitik in beiden Währungsräumen in der zweiten Hälfte 2015. Die Marktteilnehmer sind der Helaba zufolge zudem gespannt, ob den Beteuerungen vieler EZB-Notenbanker zur Lockerung der Geldpolitik im Juni auch Taten folgen werden. "Die Erwartungshaltung ist bereits extrem hoch."
Schnäppchenjäger sind aktiv
Mittelfristig bleibt aus technischer Perspektive nach Einschätzung Wenners eine Fortsetzung der Seitwärtsbewegung das wahrscheinlichste DAX-Szenario. Die untere Begrenzung des Aufwärtskanals steige kontinuierlich und schneide vermutlich im Sommer den frischen Widerstand um 9.800 Zähler. "Spätestens dann sind die Würfel gefallen - entweder bricht der DAX den Aufwärtstrend oder neue Rekordhochs werden ausgebildet."
Bis dahin bleibe es schwierig, innerhalb der Spanne klare Positionierungen einzugehen. Weder Käufer noch Verkäufer hätten aktuell genügend Kraft, um eine Entscheidung auf der kurz- bis mittelfristigen Ebene herbeiführen zu können. "Die Grenzen der Schiebezone sind nicht scharf definiert", bemerkt Wenner. Auf der Unterseite gebe der Bereich um 8.950 bzw. 9.000 Punkte den Ausschlag, wobei es wie 2013 zu Käufen an der 200-Tage-Linie bei 9.110 kommen könne. Südlich des Aufwärtskanals biete der Bereich um 9.300 Punkte die erste wichtige Unterstützung. "Solange diese nicht unterschritten wird, führen grundsätzlich die Käufer das Zepter."
Für einen Ausbruch auf der Oberseite reiche die Energie der Bullen gegenwärtig voraussichtlich nicht. Erst nach einem Tagesschluss über 9.800 Zähler würde der Deckel gelüftet sein. "Die 10.000er-Marke wäre dann wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit."
Bullen bleiben am Ruder
Auch Sophia Wurm definiert das technische DAX-Kursziel für den weiteren Jahresverlauf unverändert bei 10.500 Punkten. "Der deutsche Aktienindex befindet sich derzeit in einer Seitswärtskonsolidierung unterhalb der Widerstandszone im Bereich von 9.700 bis 9.800 Punkten mit trendbestätigendem Charakter nach oben", bemerkt die technische Analystin der Commerzbank mit Blick auf die mittelfristigen DAX-Aussichten.
Übergeordnet bleibe das hiesige Aktienbarometer - vergleichbar zu anderen wichtigen internationalen Aktienindizes wie dem US-amerikanischen S&P 500 - in einer Hausse-Bewegung. "Der steile Aufwärtstrend aus dem Herbst 2011 liegt aktuell im Bereich von 9.300 Punkten."
Börse Frankfurt Sentiment-Index: Ungleiche Einschätzung
Die Stimmung von professionellen Investoren hat sich im Vergleich zur Vorwoche verschlechtert, während die privaten Anleger zuversichtlich bleiben: Der Sentiment-Index der institutionellen Investoren bewegt sich mit -1 Punkt nun im pessimistischen Bereich, zuvor lag der Wert bei +9 Punkten. An der Nulllinie verläuft die Grenze zwischen Optimismus und Pessimismus im Markt. 6 Prozent der befragten Profis haben das Bullenlager verlassen, 4 Prozent sind short gegangen und 2 Prozent zur Seitenlinie gewechselt.
Mit einem leichten Anstieg von +7 nach +8 Punkten beurteilen die Privatanleger die Aussichten im DAX auf Wochensicht nahezu unverändert, insgesamt 11 Prozent sind aus dem Markt ganz ausgestiegen. Eine Interpretation der Ergebnisse können Sie ab 17 Uhr auf boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.
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von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 21. Mai 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)