Investing.com - Die Wall Street steht vor einem nervösen Handelsauftakt: Angespannt blicken Investoren auf die bevorstehenden US-Inflationsdaten, während die Berichtssaison ihre Schatten vorauswirft. Zeitgleich trotzt die britische Wirtschaft weiterhin den globalen Unsicherheiten und zeigt auch im Mai Wachstum.
1. Inflationsdaten für Juni
Der heutige Tag könnte für viele Anleger wegweisend sein: Alle Augen sind auf die neuesten Verbraucherpreisdaten der USA gerichtet. Diese Daten werden nicht nur einen Einblick in den aktuellen Inflationsdruck geben, sondern könnten auch entscheidende Hinweise auf die zukünftige Zinspolitik der Federal Reserve (Fed) liefern.
Die Prognosen der Experten sind optimistisch. Auf Jahresbasis wird erwartet, dass sich die Gesamtinflation im Juni auf 3,1 % verlangsamt. Besonders im Fokus steht die sogenannte Kerninflation, die im Monatsvergleich stabil bei 0,2 % bleiben soll. Die Kerninflation, welche die volatilen Preise für Nahrungsmittel und Energie ausschließt, gilt als besserer Indikator für den zugrunde liegenden Inflationstrend.
Erst gestern äußerte sich Fed-Präsident Jerome Powell vor dem US-Repräsentantenhaus zur aktuellen Wirtschaftslage und betonte die Wichtigkeit "weiterer gutartiger Daten" für eine mögliche Zinssenkung. Die Halbjahresanhörung vor dem US-Repräsentantenhaus folgt auf Powells Auftritt vor dem Bankenausschuss des Senats am Vortag, wo er ähnliche Signale sendete.
Der Blick der Marktteilnehmer richtet sich nun auf die Sitzung der Fed im September. Laut dem CME FedWatch Tool liegt die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung aktuell bei 73 %. Doch wie stabil ist diese Erwartung? Ein überraschend deutlicher Anstieg der Verbraucherpreise könnte die Lage drastisch verändern.
2. US-Märkte vor Preisdaten kaum bewegt
Die US-Aktienmärkte starten heute vorbörslich mit leichten Verlusten, nachdem sie sich zuvor auf Rekordniveau etabliert hatten. Die Anleger blicken gespannt auf die bevorstehenden US-Inflationsdaten, die potenziell neue Impulse bringen könnten.
Aktuell notiert der Dow Future 0,1 % im Minus, ebenso der S&P 500 und der Nasdaq 100, die ebenfalls jeweils 0,1 % verlieren.
Gestern schlossen der breit gefasste S&P 500 und der technologielastige Nasdaq Composite erneut auf neuen Rekordhochs. Diese Entwicklung folgte auf die Bemerkungen von Fed-Präsident Jerome Powell, wonach die US-Notenbank nicht zwingend warten müsse, bis die Inflation unter 2 % sinkt, um mit Zinssenkungen zu beginnen. Diese Aussagen weckten unter den Anlegern die Hoffnung, dass bei der geldpolitischen Sitzung der Federal Reserve im September ein Zinssenkungszyklus eingeleitet werden könnte.
Der Verbraucherpreisindex (Consumer Price Index, CPI) für Juni, dessen Veröffentlichung im weiteren Tagesverlauf erwartet wird, rückt damit in den Mittelpunkt des Anlegerinteresses. Der CPI ist ein wichtiger Indikator für die Inflationsentwicklung und könnte die Richtung der Märkte maßgeblich beeinflussen. Sollte der CPI niedriger als erwartet ausfallen, könnte dies die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung erhöhen und die Märkte beflügeln.
Auf Unternehmensseite stechen heute vor Börsenöffnung insbesondere die Aktien von Costco Wholesale (NASDAQ:COST) mit einem Plus von 2 % hervor. Das Management des Einzelhandelsriesen hatte zuvor eine erste Erhöhung der Mitgliedsbeiträge seit 2017 angekündigt, was die Anleger positiv aufnahmen.
Noch größere Kursgewinne verzeichnete die WD-40 Company (NASDAQ:WDFC), deren Aktien um 12 % gen Norden schossen, nachdem das Unternehmen solide Zahlen für das dritte Quartal vorgelegt hatte. WD-40, bekannt für sein gleichnamiges Schmiermittel, konnte die Erwartungen der Analysten übertreffen und überzeugte mit robustem Wachstum.
3. Berichtssaison startet
Morgen beginnt die neue Berichtssaison in den USA mit der Veröffentlichung der Quartalsergebnisse einer Reihe großer Bankinstitute.
Heute werden der Softdrinkriese PepsiCo (NASDAQ:PEP) und die Fluggesellschaft Delta Air Lines (NYSE:DAL) ihre Zahlen vor Handelsbeginn vorlegen.
Die starken Ergebnisse des letzten Quartals haben die Konsenserwartungen deutlich nach oben getrieben. Die Prognosen für das 2. Quartal deuten auf einen Gewinnanstieg von 8,6 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum hin, wobei auch der Umsatz um 4,7 % zulegen soll.
„Wir gehen davon aus, dass die S&P 500-Unternehmen die Konsensprognosen erneut übertreffen werden“, so die Fachmänner von Goldman Sachs (NYSE:GS) in einer Kundenmitteilung vom 28. Juni. „Das Ausmaß [...] wird jedoch wahrscheinlich geringer ausfallen, insbesondere da die Konsensprognosen höher angesetzt wurden als in den Vorquartalen.“
Der S&P 500 ist in diesem Jahr bisher um 16 % gestiegen, angetrieben von einer Handvoll großer Aktien, die von der aufkommenden KI-Technologie profitieren.
Laut den Strategen von BofA Global Research haben im ersten Halbjahr nur 24 % der Aktien im S&P 500 den Index outperformt - so wenig wie in keinem anderen Zeitraum seit 1986.
Gleichzeitig ist der gleichgewichtete S&P 500, der jede Aktie im US-Leitindex gleich gewichtet, in diesem Jahr nur um rund 4 % gestiegen.
4. Britische Wirtschaft zeigt gesundes Wachstum
Die britische Wirtschaft ist im Mai auf den Wachstumspfad zurückgekehrt. Das Bruttoinlandsprodukt stieg im Monatsvergleich um 0,4 %. Erwartet wurde ein Plus von 0,2 %.
In den drei Monaten bis Mai wuchs die britische Wirtschaft um 0,9 % und damit so stark wie seit Januar 2022 nicht mehr.
Diese Nachricht dürfte der neuen Regierung unter Premierminister Keir Starmer in die Karten spielen, erholt sich die Wirtschaft doch allmählich von der kurzen und leichten Rezession Ende letzten Jahres.
Das Pfund Sterling notiert auf dem höchsten Stand seit Anfang März, unterstützt durch die Wachstumszahlen, aber auch durch die Worte der BoE-Politiker, dass die Inflation hartnäckig sei.
Der Zeitpunkt einer Zinssenkung sei eine „offene Frage“, sagte Chefvolkswirt Huw Pill und wies damit Wetten auf einen im August beginnenden Lockerungszyklus zurück.
5. US-Rohöllagerbestände rückläufig - Ölpreis zieht an
Die Rohölpreise tendieren im bisherigen Handelsverlauf nach oben und können damit ihre jüngsten Gewinne weiter ausbauen. Für Auftrieb sorgt ein Rückgang der US-Rohöllagerbestände, der die Erwartung einer weltweiten Angebotsverknappung verstärkt.
Aktuell verteuert sich US-Rohöl (WTI) um 0,4 % auf 82,41 Dollar pro Barrel, während die Nordseesorte Brent ebenfalls um 0,4 % auf 85,39 Dollar pro Barrel zulegt.
Die US-Rohöllagerbestände sind in der vergangenen Woche um 3,4 Millionen Barrel gesunken, wie die EIA gestern mitteilte. Auch die Benzinreserven gingen um 2 Millionen Barrel zurück und übertrafen damit den erwarteten Lagerabbau von 600.000 Barrel während der US-Ferienwoche am 4. Juli deutlich.
Die OPEC hat in ihrem Monatsbericht auch an ihrer Prognose eines relativ starken Wachstums der weltweiten Ölnachfrage im Jahr 2024 und im kommenden Jahr festgehalten.