Frankfurt, 27. Aug (Reuters) - Die mit neun Milliarden Euro Staatsgeldern gestützte Lufthansa LHAG.DE will ihrem Vorstandsmitglied Harry Hohmeister zufolge die Corona-Krise ohne neue staatliche Hilfen bewältigen. "Wir wollen nicht durchgefüttert werden, sondern unternehmerisch tätig sein", sagte er in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit dem "Spiegel". "Wir wollen nicht noch einmal in eine Finanzierungsrunde mit der Bundesregierung gehen, um Strukturen zu erhalten, die unter den gegebenen Umständen nicht mehr zukunftsfähig sind." Deshalb müssten Kosten und Investitionen sinken, womöglich weniger neue Flugzeuge von Airbus AIR.PA und Boeing BA.N abgenommen werden. Zudem ist Personalabbau nach Worten Hohmeisters unvermeidlich, denn die Airline-Gruppe sieht die Lage wegen der mit steigenden Corona-Infektionszahlen ausgeweiteten und verlängerten Reisewarnungen mittlerweile kritischer als vor zwei Monaten.
Die von den Gesundheitsministern der Länder vorgeschlagene Quarantänepflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten würden zu weiteren Buchungsrückgängen führen, sagte Hohmeister. Die Branche warnte davor, die Tests an Flughäfen wieder abzuschaffen. "Die Testmöglichkeit hat den Menschen erstmals eine gewisse Sicherheit beim Reisen gegeben, die droht nun wieder wegzufallen", sagte der Lufthansa-Vorstand. "Deshalb sind wir auch für den September und Oktober nicht mehr so optimistisch, wie wir das noch vor Kurzem waren." Aufgrund der bis 14. September verlängerten Reisewarnung der Bundesregierung für alle Länder außerhalb Europas habe die Lufthansa Flüge in die USA, nach Kanada und Asien wieder aus dem Programm genommen. Wegen der Warnungen zu Frankreich und Spanien müssten ebenfalls Flüge gestrichen oder kleinere Maschinen eingesetzt werden.
Hohmeister forderte, die Testkapazitäten auszubauen, weil im Herbst verstärkt Infektionen durch andere Krankheitserreger auftreten. "Sollen die dann alle in Quarantäne?" Es sei außerdem nicht nachvollziehbar, dass nur Flugreisende als potenzielle Gefährder eingestuft und kontrolliert würden, und Reisende per Bahn oder Auto nicht.
(Reporterin: Ilona Wissenbach, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter der Telefonnummer 030 2201 33702)