Peking/Shanghai (Reuters) - Die Verbreitung des Coronavirus sorgt an seinem Ursprung in China und darüber hinaus für Beunruhigung.
Aus Deutschland und Österreich wurde je ein erster Verdachtsfall gemeldet. In beiden Ländern gab es jedoch später Entwarnung. Das Testergebnis war negativ, teilte die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit am Sonntag mit. Eine Klinik in Wien erklärte, dass sich die chinesische Flugbegleiterin nicht infiziert habe. Chinas Nationale Gesundheitskommission warnte unterdessen vor einer steigenden Fallzahl. Die Übertragungsfähigkeit des Erregers nehme etwas zu, die Erkenntnisse der Behörden über das neuartige Virus seien aber noch begrenzt. Mittlerweile sind weltweit mehr als 2000 Menschen mit dem Erreger infiziert, davon allein in der Volksrepublik 1975 Personen. Die Zahl der Todesfälle - alle in China - hat sich am Wochenende auf 56 mehr als verdoppelt.
Das Virus ähnelt dem Sars-Erreger mit Ursprung in China, der 2002/2003 eine Pandemie ausgelöst und weltweit fast 800 Menschen das Leben gekostet hat. Trotz noch unzureichender Erkenntnisse über das neuartige Virus ist laut der chinesischen Gesundheitskommission klar, dass der Erreger - anders als Sars - auch während der Inkubationszeit übertragen werden kann. Diese Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit bei einer Person liege zwischen einem und 14 Tagen, sagte Kommissionschef Ma Xiaowei. Er kündigte an, dass noch intensiver gegen die Verbreitung des Virus vorgegangen werden soll.
SCHULEN IN PEKING UND VERGNÜGUNGSPARKS IN HONGKONG ZU
Bisher wurden Großveranstaltungen abgesagt, Fieberkontrollen eingeführt und die Reisefreiheit eingeschränkt. Die Millionenstadt Wuhan in der Provinz Hubei, wo das Virus erstmals aufgetreten war, wurde von den chinesischen Behörden abgeriegelt. In anderen Städten wird ähnlich verfahren. In Peking bleiben Universitäten, Schulen und Kindergärten auch über das Ende der derzeitigen Neujahrsferien hinaus vorerst geschlossen. Im Kampf gegen das Coronavirus verlängert China einem Bericht des Staatsfernsehens zufolge die Ferien zum Neujahresfest bis zum 2. Februar. Die beiden größten Vergnügungsparks in Hongkong, Disneyland und Ocean Park, schließen wegen des Virus ab Sonntag ihre Pforten. Zum chinesischen Neujahrsfest hatten die Parks eigentlich mit einem Besucheransturm gerechnet.
CHINA VERBIETET HANDEL MIT WILD - SCHLANGEN GIBT ES ONLINE
Am Sonntag wurde in der gesamten Volksrepublik der Handel mit Wildtieren untersagt. Das Verbot gelte für Märkte und Online-Plattformen, teilten die Behörden mit. Auch dürften in Restaurants keine Wildgerichte mehr angeboten werden. Es wird davon ausgegangen, dass das Coronavirus seinen Ursprung auf einem Tiermarkt in Wuhan hat, wo illegal Wild verkauft wurde. Wildtiere, die auf Märkten auf engstem Raum angeboten werden und oft von Wilderern gejagt wurden, gelten als Brutstätte für Viren, die sich verändern und auch auf Menschen übertragen werden können. Auf chinesischen Internetseiten werden unter anderem Schlangen und Krokodile angeboten.
Die Behörden in Peking schickten am Sonntag Textnachrichten an Handy-Nutzer in der chinesischen Hauptstadt, mit denen zum Verzicht auf das Händeschütteln zur Begrüßung aufgefordert wurde. Studien zufolge steckt jeder mit dem Virus Infizierte zwei bis drei weitere Personen an. Ob die Ansteckungsrate so bleiben werde, hänge von der Wirksamkeit der Gegenmaßnahmen ab, sagten Wissenschaftler vom Imperial College in London und der Universität Lancaster. Um die Krankheit einzudämmen, müssten mindestens 60 Prozent der Neuansteckungen verhindert werden.
USA, JAPAN UND FRANKREICH FLIEGEN STAATSBÜRGER AUS WUHAN AUS
Die Regierung in Tokio bietet Japanern in Wuhan an, sie aus der abgeschotteten Stadt auszufliegen. Der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe teilt mit, die Behörden bemühten sich derzeit in China um einen Charterflug für alle japanischen Staatsbürger, die Wuhan verlassen wollten. Die Mitarbeiter des US-Konsulats in der zentralchinesischen Stadt sollen nach San Francisco geflogen werden. Es gebe begrenzt Plätze für andere US-Bürger, teilte das Außenministerium in Washington mit. In Japan selbst wurde einem Medienbericht zufolge am Sonntag ein vierter Fall bestätigt. In den USA wurde ein vierter Patient mit dem Virus gemeldet. Nach Frankreich und Australien hat das Virus inzwischen auch Kanada erreicht. Auch französische Staatsbürger sollen aus Wuhan direkt in ihre Heimat mit einem Flugzeug gebracht werden.
Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, befindet sich auf dem Weg nach Peking. Dort wolle er mit chinesischen Vertretern und Gesundheitsexperten über das Virus konferieren, teilte Tedros in einem Tweet mit.