HANNOVER (dpa-AFX) - In der Debatte über die Energiesicherheit Europas nach dem Ukraine-Krieg fordern die deutschen Gas- und Ölförderer eine stärkere Beachtung auch der heimischen Rohstoffproduktion. Diese war zwar länger rückläufig. Sie könne bei der Suche nach Alternativen zu russischen Quellen aber ihren Beitrag leisten, sagte der Chef des Bundesverbands Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG), Ludwig Möhring, am Mittwoch: "Unser Ziel ist es, die Produktion auf dem aktuellen Niveau zu halten und bestenfalls sogar leicht auszubauen. Dieser Wert an Versorgungssicherheit muss erkannt und gehoben werden."
Der Zusammenschluss von 78 Unternehmen mit Sitz in Hannover schlug einen "Schulterschluss mit der Bundesregierung, den relevanten Bundesländern und den zuständigen Fachbehörden" vor. Deutschland ist bisher hochgradig abhängig von Energielieferungen aus Russland. Seit dem Angriff auf die Ukraine müsse man die Situation nun völlig neu überdenken, erklärte Möhring: "Die Versorgungsstrukturen sind erschüttert." Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war schon unterwegs in Norwegen und Katar, um Verträge für zusätzliches oder verflüssigtes Erdgas in den kommenden Jahren auszuloten.
"Wir müssen uns auf eine Energieversorgung ohne oder mit sehr viel geringeren russischen Importmengen einstellen", betonte Möhring. Die deutsche Inlandsförderung könne dies zu gewissen Teilen abfedern. Über mehrere Jahre war die Eigenproduktion jedoch rückläufig. 2021 wurden rund 5,2 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert, das allermeiste davon in Niedersachsen. Es war in etwa der Wert des Vorjahres, 2019 hatte das Volumen noch 6,1 Milliarden Kubikmeter betragen. Ungefähr fünf Prozent des deutschen Verbrauchs lassen sich damit decken.
Gleichzeitig bezog die Bundesrepublik nach Daten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) über die Hälfte ihres Erdgasbedarfs aus Russland. Weitere wichtige Lieferanten sind Norwegen (gut 20 Prozent) und die Niederlande (etwa 11 Prozent). An den deutschen Öleinfuhren hatte Russland 2021 einen Anteil von rund 34 Prozent. Die deutsche Eigenförderung von Erdöl sank laut dem Branchenverband im vergangenen Jahr von 1,9 auf 1,8 Millionen Tonnen.