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Energiekrise: Droht Deutschland jetzt die große Deindustrialisierung?

Veröffentlicht am 12.12.2022, 11:02
Aktualisiert 12.12.2022, 11:08
© Reuters
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Investing.com - Die andauernde europäische Energiekrise stellt nicht nur ein großes Risiko für das Wirtschaftswachstum dar. Sie bringt auch erhebliche strukturelle Herausforderungen für den Industriestandort Europa mit sich. Besonders betroffen ist Deutschland als europäisches Industriezentrum, wie die Deutsche Bank in einer Notiz vom Montag schreibt. In energieintensiven Industrien sieht sie "Investitionsverlagerungen".

Der prozentuale Beitrag des verarbeitenden Gewerbes zur gesamten Bruttowertschöpfung sei in Deutschland (2021: 20,8 Prozent) wesentlich größer als in vielen anderen großen europäischen Volkswirtschaften (Großbritannien: 9,8 Prozent; Frankreich: 10 Prozent; Niederlande: 12,2 Prozent; Spanien: 12,8 Prozent; Italien: 16,6 Prozent), wie das Institut feststellt. An der gesamten Bruttowertschöpfung des verarbeitenden Gewerbes in der EU mache Deutschland 31,7 Prozent aus.

"Die gegenwärtige Gaskrise und die Erwartung, dass die Preise für Gas (und andere Energieträger) auch mittelfristig hoch bleiben werden, könnten sich als "Gamechanger" für den Industriestandort Deutschland und das deutsche exportorientierte Geschäftsmodell erweisen", so Eric Heymann, Senior Ökonom bei der Deutschen Bank (ETR:DBKGn).

Die Gaspreise waren im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf neue Höchststände geklettert. So erreichte der niederländische TTF-Kontrakt im März mit 345 Euro pro Megawattstunde ein neues Rekordhoch, bevor er zurückfiel, um dann im August aufgrund der Versorgungsunsicherheit wieder in Richtung der Bestmarke zu laufen. In den letzten Monaten ging der europäische Gaspreis dann stetig zurück, unter anderem weil sich die europäischen Gasspeicher füllten. Zum 10. Dezember lag der Gasspeicherfüllstand in den EU-Mitgliedstaaten bei mehr als 88,5 Prozent. Das vereinbarte EU-Mindestziel für Ende 2022 beträgt 85 Prozent. Zuletzt kostete die Benchmark für die Lieferung im Januar 131,44 Euro pro Megawattstunde.

Weiter schreibt er: "In den energieintensiven Industrien ist der reale Kapitalstock in Deutschland (gemessen am realen Nettoanlagevermögen) in den letzten Jahren bereits recht stetig zurückgegangen. Dieser Trend könnte sich in den kommenden Jahren noch beschleunigen."

Zwar erwartet Heymann kurzfristig keine Schließung großer energieintensiver Industrieanlagen in Deutschland, doch dürften Neuinvestitionen eher in Ländern mit niedrigeren Energiekosten getätigt werden. "Eine Schwächung einzelner Glieder der industriellen Wertschöpfungskette mindert auch die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Industriestandortes", erklärte er.

Dieser Trend könne auch negative Auswirkungen auf energieintensive Industrien in anderen westeuropäischen Ländern haben, hieß es in dem Bericht. In der chemischen Industrie etwa bestünden zwischen Deutschland und Frankreich, den Niederlanden oder Belgien enge länderübergreifende Produktionsverflechtungen.

Eine umfassende Deindustrialisierung in Deutschland und der EU über alle Branchen hinweg sei laut Heymann aus heutiger Sicht aber unwahrscheinlich. Dagegen spreche die Anpassungsfähigkeit der deutschen Industrie und ihrer europäischen Partner. "Branchen wie die Elektrotechnik und der Maschinenbau dürften vom Trend zur Dekarbonisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung profitieren. Dank der Innovationskraft der deutschen Industrie und der weiteren Internationalisierung wird sie sich auch weiterhin im globalen Wettbewerb behaupten können", schlussfolgerte er.

Grundsätzlich erwartet Heymann, dass sich der Beitrag des Verarbeitenden Gewerbes zur gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland in den kommenden Jahren weiter verringern wird. Noch 2016 lag der Anteil bei 22,9 Prozent. Im Jahr 2022 werde er voraussichtlich auf knapp über 20 Prozent sinken.

"Perspektivisch gilt es stärker zu unterscheiden zwischen deutschen Industrieunternehmen einerseits und dem Industriestandort Deutschland andererseits. Dabei sind wir für den Industriestandort Deutschland vorsichtiger als für große deutsche Industrieunternehmen, die ihre Aktivitäten besser internationalisieren und Produktionsstandorte entsprechend ihrer individuellen Kosten- und Kundenstruktur wählen können", resümierte er.

von Robert Zach

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