Die Strom- und Gaskosten, die nach der russischen Invasion in der Ukraine stark angestiegen waren, stabilisieren sich nun - nachdem sie in der ersten Hälfte des Jahres 2023 ihren Höchststand erreicht hatten.
Während die Preise vor Steuern sinken, haben einige Länder die Unterstützung für private Haushalte bereits eingefroren worden, was nun zu höheren Verbraucherpreisen führt.
Die EU scheint in diesem Jahr besser auf den Winter vorbereitet zu sein, nachdem sie die Energielieferungen aus Russland weitgehend ersetzt hat. Doch die Preisgestaltung in den Ländern der EU ist recht unterschiedlich.
Welche Länder haben die höchsten und niedrigsten Preise in Europa, und um wie viel sind die Strom- und Erdgaspreise seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine gestiegen?
Strom- und Gaspreise in der EU
In der ersten Jahreshälfte 2023 stiegen die durchschnittlichen Strompreise für private Haushalte einschließlich aller Steuern in der EU im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2022 von 25,3 Euro pro 100 kWh auf 28,9 Euro pro 100 kWh.
Auch die durchschnittlichen Erdgaspreise stiegen im gleichen Zeitraum von 8,6 Euro pro 100 kWh auf 11,9 Euro pro 100 kWh. Dies sind die höchsten bisher von Eurostat erfassten Preise.
Betrachtet man die prozentualen Veränderungen gegenüber dem Vorjahr, so sind die Strompreise in der EU in der ersten Hälfte des Jahres 2023 um 14,5 % und die Gaspreise um 37,9 % gestiegen. Diese Zahlen fallen niedriger aus als in der zweiten Hälfte des Jahres 2022.
Wandel der Strom- und Gaspreise in der EU
Die Zahlen deuten darauf hin, dass sich die Strom- und Gaspreise in der EU stabilisieren, auch wenn die Endverbraucherpreise mit Steuern etwas höher liegen als in der zweiten Jahreshälfte 2022: Die Preise vor Steuern für Strom und Erdgas sinken, doch die Länder ziehen ihre Maßnahmen zur Stützung der Energiepreise teilweise zurück, was wiederum den Anstieg erklärt.
Im ersten Halbjahr 2023 lagen die Strompreise einschließlich Steuern für Haushaltskunden im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zwischen 11,4 Euro pro 100 kWh in Bulgarien und 47,5 Euro pro 100 kWh in den Niederlanden.
Auf die Niederlande folgten Belgien (43,5 Euro), Rumänien (42 Euro) und Deutschland (41,3 Euro).
Strompreise für private Haushalte in der ersten Jahreshälfte 2023
In neun EU-Mitgliedstaaten waren die Strompreise höher als im EU-Durchschnitt.
Da Frankreich den höchsten Anteil an Kernenergie in seinem Strommix (68,9 % im Jahr 2021) in der EU hat, lagen seine Strompreise mit 23,2 Euro pro 100 kWh in der ersten Hälfte des Jahres 2023 deutlich unter dem EU-Durchschnitt.
Dies war in Belgien nicht der Fall, wo der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung 50,6 % betrug. Belgien belegte den zweiten Platz auf der Liste der teuersten Strompreise.
Strompreise für private Haushalte in der EU in der ersten Jahreshälfte 2023
Günstigster Strom in den EU-Kandidatenländern
Bezieht man die EU-Beitrittskandidaten mit ein, so verzeichnete die Türkei mit 8,4 Euro pro 100 kWh die günstigsten Strompreise. Die sechs Länder auf den hinteren Plätzen waren alle EU-Beitrittskandidaten.
Die durchschnittlichen Gaspreise für Haushalte waren in der ersten Hälfte des Jahres 2023 in Ungarn (3,4 Euro pro 100 kWh), Kroatien (4,1 Euro) und der Slowakei (5,7 Euro) am niedrigsten und in den Niederlanden (24,8 Euro), Schweden (21,9 Euro) und Dänemark (16,6 Euro) am höchsten.
Gaspreise für Privathaushalte in der EU, erste Jahreshälfte 2023
Der EU-Durchschnitt lag bei 11,9 Euro. In acht EU-Mitgliedstaaten lagen die Gaspreise über dem EU-Durchschnitt, was darauf hindeutet, dass die Haushalte in diesen Ländern wesentlich mehr bezahlen mussten.
Unter Einbeziehung der EU-Kandidatenländer waren die Gaspreise in der Türkei am niedrigsten (2,5 Euro). Im Gegensatz zu den Strompreisen hatten die Kandidatenländer nicht die günstigsten Gaspreise, wie Nordmazedonien (10,4 Euro) und Bosnien und Herzegowina (5,9 Euro) zeigen.
In der ersten Hälfte des Jahres 2023 verzeichneten die Niederlande die teuersten Strom- und Gaspreise in der EU.
Strom- und Gaspreise stiegen in fast allen EU-Ländern
Den Eurostat-Daten zufolge stiegen die Strompreise für private Haushalte im ersten Halbjahr 2023 in 22 EU-Ländern im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022, und die Gaspreise kletterten in 20 der 24 EU-Mitgliedstaaten.
Warum sind die niederländischen Strompreise um fast 1000 % gestiegen?
Die Niederlande verzeichneten mit 953 % den mit Abstand stärksten Anstieg der Strompreise im Vergleich zum Vorjahr. Nach Angaben von Eurostat ist dieser außergewöhnliche Anstieg auf mehrere Faktoren zurückzuführen: Nicht nur wurden die Steuererleichterungen von 2022 im Jahr 2023 aufgehoben - gleichzeitig verdoppelten sich die Besteuerung von Strom.
Die Regierung will jedoch eine Preisobergrenze einführen, die die Preise auf allen Ebenen im Jahr 2023 deutlich senken wird.
Unterschied des Strompreises in den ersten Jahreshälften 2022 und 2023 im Vergleich
Auf die Niederlande folgten Litauen (88 %), Rumänien (77 %) und Lettland (74 %).
Auf der anderen Seite sanken die Strompreise in fünf EU-Mitgliedstaaten, wobei Spanien einen deutlichen Rückgang von 41 % verzeichnete, gefolgt von Dänemark mit 16 %.
Gaspreise kletterten in einigen Ländern um mehr als 100 Prozent
Die Erdgaspreise sind in mehreren europäischen Ländern erheblich angestiegen: in Lettland, Rumänien und Österreich um mehr als 100 %. Es folgten die Niederlande (100 %), die Türkei (92 %) und Irland (73 %).
Vergleich des Gaspreises in den beiden ersten Jahreshälften 2022 und 2023
Die EU-Länder Italien, Estland und Kroatien verzeichneten Rückgänge von weniger als ein %. Nordmazedonien, ein EU-Beitrittskandidat, verzeichnete mit insgesamt 14 % den stärksten Rückgang.
EU-Energieeinfuhren aus Russland drastisch gesunken
Eurostat hat eine dramatische Veränderung bei den Energieeinfuhren der EU aus Russland seit Kriegsbeginn festgestellt. Ein enormer Zuwachs an erneuerbaren Energien sowie Gas aus Norwegen und den USA hat dazu beigetragen, den dramatischen Rückgang der russischen Energie auszugleichen.
Die Abkehr der EU von russischem Gas
Die auffälligste Veränderung ist beim Erdgas zu beobachten.
Vor dem Krieg machte der Anteil der EU-Erdgaseinfuhren aus Russland fast 50 % aus. Im Jahr 2022 ging dieser Anteil deutlich zurück und lag im Oktober nur noch bei 12 %.
Es bleibt abzuwarten, ob der jüngste Ausbruch des Krieges zwischen Israel und der Hamas eine ähnliche, dauerhafte Auswirkung auf die europäische Energieversorgung und die Preise haben wird.