WIEN (dpa-AFX) - Die heftige Kritik eines hochrangigen EU-Vertreters an Österreichs Abhängigkeit von russischem Gas sorgt für diplomatische Spannungen. Martin Selmayr, der Vertreter der Europäischen Kommission in Wien, hatte die österreichischen Gas-Zahlungen an das kriegsführende Russland als "Blutgeld" bezeichnet. Der deutsche EU-Diplomat werde zu einem Gespräch in das Außenministerium in Wien zitiert, gab eine Sprecherin des Ministeriums am Donnerstag bekannt.
Österreich bezog zu Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine 79 Prozent seiner Gasimporte aus Russland. Der Anteil sank bis zum Oktober des Vorjahres auf 17 Prozent. In den vergangenen Monaten lagen die Werte jedoch wieder deutlich höher. Im Juli waren es laut dem Klimaschutzministerium 66 Prozent.
Selmayr hatte am Mittwochabend bei einer Diskussionsveranstaltung in Wien kritisiert, dass Österreich auf diese Weise Russlands Krieg finanziere, und dass es dagegen keine Proteste gebe. "Das verwundert mich, denn Blutgeld wird jeden Tag mit der Gasrechnung nach Russland geschickt", sagte Selmayr. Als reiches Land könne Österreich wie andere Staaten ohne russisches Gas auskommen, meinte er.
Österreichs Europaministerin Karoline Edtstadler von der konservativen ÖVP bezeichnete die Kritik am Donnerstag als "völlig einseitig" und verwies auf Österreichs laufende Bemühungen. Die Regierung plant, bis 2027 aus russischem Gas auszusteigen. Aus dem von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) geführten Ministerium hieß es dazu, dass eine entsprechende Gesetzesnovelle vorliege. Aber auch die Gasversorger hätten eine wichtige Rolle bei der Umstellung auf nicht-russische Importe zu tragen, hieß es.