BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die strengen EU-Schuldenregeln könnten auch im nächsten Jahr ausgesetzt bleiben. Das geht aus Leitlinien für die Haushalts- und Schuldenpolitik der EU-Länder hervor, die die EU-Kommission am Mittwoch für 2023 vorlegte. Die Schulden- und Defizitregeln wurden wegen der Corona-Krise ausgesetzt und sollten eigentlich wegen der guten wirtschaftlichen Prognosen im kommenden Jahr wieder in Kraft treten. Das werde nun "angesichts der hohen Unsicherheit" wegen des Krieges in der Ukraine neu bewertet, teilte die Kommission mit. Eine Entscheidung solle im Frühling fallen.
Seit Monaten wird in Brüssel über eine Reform der strengen Regeln für staatliche Defizite und Schulden diskutiert - auch darüber, wann sie vollständig wieder in Kraft treten sollen. Der sogenannte Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht vor, dass EU-Länder nicht mehr als 60 Prozent der Wirtschaftsleistung an Schulden aufnehmen. Haushaltsdefizite sollen bei 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedeckelt werden.
Deutschland hat sich dafür ausgesprochen, zu den strengen Vorgaben 2023 zurückzukehren. Weil die Bundeswehr angesichts des Krieges drastisch aufgerüstet werden soll, muss der deutsche Staat aber voraussichtlich noch in diesem Jahr hohe zusätzliche Schulden aufnehmen. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Sonntag ein "Sondervermögen" von 100 Milliarden Euro zur Stärkung der deutschen Verteidigungsfähigkeit angekündigt - "für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben".