BRÜSSEL (dpa-AFX) - Nach Ansicht von Experten sollten alle Bereiche der europäischen Wirtschaft auf Nachhaltigkeit geprüft und entsprechend eingestuft werden. Die EU-Plattform für nachhaltige Finanzen forderte in einem Bericht am Montag, dass die sogenannte Taxonomie der EU auf die ganze Wirtschaft ausgeweitet werden soll. Demnach sollen nicht nur klimafreundliche Aktivitäten als grün, sondern auch klimaschädliche Wirtschaftszweige als rot gekennzeichnet werden. Dies soll Transparenz schaffen und Geldanlagen für die Klimawende mobilisieren, so die Experten.
Bei der Taxonomie geht es um ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Investitionen. Die Einstufung von bestimmten Geldanlagen als nachhaltig soll Investoren anlocken, um die Energiewende voranzubringen. Bislang sind unter anderem erneuerbare Energien in der Taxonomie als klimafreundlich eingestuft. Die EU-Kommission hatte Ende 2021 trotz breiter Kritik zudem vorgeschlagen, Investitionen in Gas und Atomkraft übergangsweise als nachhaltige Geldanlagen einzustufen.
Die Experten schlagen nun vor, eine rote Kennzeichnung für klimaschädliche Bereiche einzuführen, die entweder dringend verbessert oder ganz gestoppt werden müssten. Darunter fallen dem Bericht zufolge etwa Kohlebergbau oder Torfgewinnung. Zudem schlagen sie eine gelb-orange Übergangskategorie vor, für Bereiche wie die Stahlindustrie, die etwa während der Energiewende wichtig sein könnten aber noch nachhaltiger werden müssten. Eine neutrale Kategorie sollte die Bereiche abdecken, die wenige oder keine Auswirkungen auf Klima und Umwelt haben.
"Die Taxonomie muss verschiedene Kategorien enthalten und alle Schlüsselsektoren abdecken, um klarzustellen, wo wir jetzt sind und um die Wende zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu beschleunigen", sagte Sebastien Godinot vom WWF. Die Organisation ist auch Teil der Plattform für nachhaltige Finanzen, die die EU-Kommission berät. Der Vorschlag der Experten könnte in eine geplante Ausweitung der Taxonomie einfließen. Wie genau die Kennzeichnungen ausgestaltet werden könnten, ist allerdings noch unklar. Zunächst könnten Unternehmen freiwillig mitteilen, wie nachhaltig ihre Aktivitäten sind, schrieben die Experten.