von Robert Zach
Investing.com - Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat zum sechsten Mal in diesem Jahr den Leitzins erhöht. Der Zinssatz wurde um 0,75 Prozentpunkte heraufgesetzt. Damit liegt der Leitzins nun in der Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent. Das teilte die Federal Reserve in Washington mit.
Die Notenbank hatte die Märkte auf die jüngste Anhebung vorbereitet. Die Fed signalisierte im Begleittext zwar weitere Zinserhöhungen, gab auch auch erste Hinweise auf eine mögliche Drosselung des Zinstempos, wie Fed-Flüsterer Nick Timiraos im Anschluss an den Zinsentscheid auf Twitter meinte.
Die Währungshüter "gehen davon aus, dass weitere Erhöhungen der Zielspanne angemessen sind, um einen ausreichend restriktiven geldpolitischen Kurs zu erreichen, der die Inflation mit der Zeit auf 2 % zurückbringt. Bei der Festlegung des Tempos künftiger Erhöhungen des Zielbandes wird der Ausschuss die kumulative Straffung der Geldpolitik, die Wirkungsverzögerungen, mit denen sich die Geldpolitik auf die Wirtschaftstätigkeit und die Inflation auswirkt, sowie die wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklungen berücksichtigen", hieß es in dem Begleittext nun.
"Sehr dovish", kommentiert zerohedge.
Auch die Experten von Capital Economics interpretierten die Ergänzung im Begleittext als dovish. In einer Notiz nach der Zinsentscheidung schrieb Paul Ashworth: "Sofern die VPI-Berichte für Oktober und November nicht erneut nach oben überraschen, was wir nicht völlig ausschließen können, legt die Fed offenbar das Fundament für eine Zinserhöhung um 50 Basispunkte im Dezember und - wenn wir Recht behalten, dass die Kerninflation bald Anzeichen einer Verlangsamung zeigt - für eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte auf der Januar-Sitzung im nächsten Jahr."
Ian Shepherdson von Pantheon Economics ergänzte: "Das Statement hat sich erheblich geändert, mit dem Zusatz, dass die Fed nun auf die möglichen Auswirkungen ihrer vorangegangenen Maßnahmen achtet". Dem Chefökonom zufolge sei dies ein klares Signal, dass die Phase der 75-Basispunkte-Zinserhöhungen vorbei sei, es sei denn, die Daten bis zur Dezember-Sitzung - einschließlich zweier Inflations- und Arbeitsmarktberichte - würden "unerwartet schlecht ausfallen". Das erwarte er aber nicht, so dass die Märkte im Dezember wohl eher zu einer Anhebung um 50 Basispunkte tendieren werden. "Falls die Daten stimmen, schließen wir selbst eine Anhebung um lediglich 25 Basispunkte nicht aus, aber unabhängig davon, was im Dezember passiert, bezweifeln wir, dass die Fed im nächsten Jahr erneut die Zinsen erhöhen wird. Sie hat genug getan, um ihre Geldpolitik unmissverständlich restriktiv zu gestalten, und in der Pipeline baut sich nun ein starker Abwärtsdruck auf die Inflation auf.
Mitte September hatte die Zentralbank zuletzt den Zins um 0,75 Prozentpunkte heraufgesetzt. Im Juli hatte die Fed das erste Mal seit 2018 die Zinsen erhöht.
Im geldpolitischen Ausschuss FOMC befürworteten alle Mitglieder die Entscheidung. Die Aktienmärkte reagierten mit kräftigen Auschlägen: der Dow Jones kletterte 0,90 Prozent, der S&P 500 stieg um 0,60 Prozent und der technologielastige Nasdaq 100 legte um 0,51 Prozent zu. Für den Dollar-Index ging es um satte 0,70 Prozent abwärts, der EUR/USD gewann 0,72 Prozent und der Goldpreis rückte über 1 Prozent vor. Am Anleihemarkt legten die Kurse der zehnjährigen Treasuries zu, im Gegenzug sank die Rendite um knapp 6 Basispunkte auf 3,99 Prozent.
Die Fed hatte die straffere Geldpolitik vor dem Hintergrund der von der Inflation ausgehenden Gefahren für die Konjunktur eingeleitet. Die Inflationsrate in den USA erreichte in diesem Jahr den höchsten Stand seit mehr als 40 Jahren. Zuletzt war die Teuerung zwar wieder etwas zurückgegangen, die Kerninflation, die volatile Komponenten wie Energie und Nahrungsmittel ausklammert, stieg jedoch weiter an.
Analysten hatten mit der 75-Basispunkte-Zinserhöhung gerechnet. Sie hoffen nun auf weitere Hinweise auf den künftigen Zinspfad auf der Pressekonferenz von Powell, die um 19.30 Uhr beginnt.