FRANKFURT (dpa-AFX) - Deutschlands Exportindustrie brummt: Die Ausfuhren haben ein neues Rekordhoch erreicht - während die Wirtschaft in europäischen Krisenländern einbricht. Die Kluft wird größer, und damit auch der Spagat für Europas Währungshüter. Für die Europäische Zentralbank (EZB) wird es immer schwieriger, einen passenden geldpolitischen Mix zu finden.
Im März kletterten die deutschen Ausfuhren auf den höchsten jemals gemessenen Monatswert - dank boomender Nachfrage aus Ländern außerhalb Europas. Parallel zum deutschen Exportwunder wird die konjunkturelle Lage in den großen Euro-Krisenländern Italien und Spanien immer kritischer: Die jüngsten Umfragen unter Investoren und Einkaufsmanagern zeigen eine deutliche Eintrübung der Aussichten, Spanien und Italien sind bereits in die Rezession gerutscht.
Das ultimative Sinnbild der Gegensätze ist der Anleihemarkt. Dort gelten deutsche Titel als sicherer Hafen, während spanische und italienische Papiere von nervösen Investoren zum Abschuss freigegeben werden. Mit dem Regierungschaos in Griechenland spitzt sich die Lage weiter zu. Damit steigen auch die Spannungen in der Währungsunion weiter.
Eigentlich strebt die Euro-Gemeinschaft an, die wirtschaftlichen Eckdaten ihrer Mitgliedsländer in Einklang zu bringen. Davon ist man derzeit aber weiter entfernt als jemals. 'Die wirtschaftliche Krise in der Währungsunion hat bisher keine Bereinigungsprozesse hervorgerufen, die zu einem nachhaltigen Abbau der Ungleichgewichte geführt haben', sagt Rainer Sartoris, Experte beim Bankhaus HSBC Trinkaus. Den jüngsten Daten zufolge ist der deutsche Leistungsbilanzüberschuss im März abermals von 11,7 Milliarden Euro auf 19,8 Milliarden Euro geklettert. Ein Land mit einem Leistungsbilanzüberschuss exportiert mehr als es importiert.
Allerdings gab es auch in einigen Krisenländern durchaus Fortschritte: So ist das Leistungsbilanzdefizit Portugals, Irlands, Spaniens und Griechenlands inzwischen nicht mal mehr halb so hoch wie noch vor drei Jahren. Es ist jedoch umstritten, inwieweit das als Zeichen verbesserter Wettbewerbsfähigkeit interpretiert werden kann. Die Ursache könnte vor allem in krisenbedingten Rückgängen liegen.
Als wichtiger Indikator für die Produktivität gelten die Lohnstückkosten: Einer Analyse von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer zufolge sind diese in Spanien, Griechenland, Portugal und vor allem Irland seit Anfang 2009 stark gesunken. Das ist ein gutes Zeichen - denn die Länder gewinnen auf diesem Weg Wettbewerbsfähigkeit zurück. Doch Krämer relativiert: 'Aus eigener Kraft holen die Krisenstaaten nur langsam auf.' Steigende deutsche Lohnstückkosten seien ebenfalls ein entscheidender Faktor.
Außerdem treiben zwei Euro-Schwergewichte Experten die Sorgenfalten auf die Stirn. 'In Italien und in Frankreich ist keinerlei Besserung zu erkennen', sagt HSBC-Analyst Sartoris. In keinem dieser Länder sei zuletzt eine deutliche Reduzierung der Lohnstückkosten gelungen, was eine Voraussetzung für die Belebung des Exportsektors wäre.
'Eine schnellere Anpassung wird zudem durch die sehr expansive Geldpolitik der EZB verhindert', erklärt Sartoris. So haben einige Länder in der Währungsunion mittlerweile große Probleme, ihr Leistungsbilanzdefizit über private Kapitalzuflüsse auszugleichen. Die Lücke wird mit - derzeit extrem billigem - Zentralbankgeld geschlossen.
Die EZB befindet sich geldpolitisch in der Zwickmühle: Angemessen auf die Entwicklungen in einzelnen Euroländern zu reagieren, ist nahezu unmöglich. Während sich die krisengeschüttelten und rezessionsgeplagten Staaten Südeuropas noch niedrigere Zinsen wünschen, ist die aktuelle Zinspolitik für deutsche Verhältnisse nach Ansicht von Experten bereits viel zu locker. Die riesigen Summen an billigem Geld könnten zu einer Immobilienblase in Deutschland führen, warnte unlängst auch EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen./hbr/DP/hbr
--- Von Hannes Breustedt, dpa-AFX ---
Im März kletterten die deutschen Ausfuhren auf den höchsten jemals gemessenen Monatswert - dank boomender Nachfrage aus Ländern außerhalb Europas. Parallel zum deutschen Exportwunder wird die konjunkturelle Lage in den großen Euro-Krisenländern Italien und Spanien immer kritischer: Die jüngsten Umfragen unter Investoren und Einkaufsmanagern zeigen eine deutliche Eintrübung der Aussichten, Spanien und Italien sind bereits in die Rezession gerutscht.
Das ultimative Sinnbild der Gegensätze ist der Anleihemarkt. Dort gelten deutsche Titel als sicherer Hafen, während spanische und italienische Papiere von nervösen Investoren zum Abschuss freigegeben werden. Mit dem Regierungschaos in Griechenland spitzt sich die Lage weiter zu. Damit steigen auch die Spannungen in der Währungsunion weiter.
Eigentlich strebt die Euro-Gemeinschaft an, die wirtschaftlichen Eckdaten ihrer Mitgliedsländer in Einklang zu bringen. Davon ist man derzeit aber weiter entfernt als jemals. 'Die wirtschaftliche Krise in der Währungsunion hat bisher keine Bereinigungsprozesse hervorgerufen, die zu einem nachhaltigen Abbau der Ungleichgewichte geführt haben', sagt Rainer Sartoris, Experte beim Bankhaus HSBC
Allerdings gab es auch in einigen Krisenländern durchaus Fortschritte: So ist das Leistungsbilanzdefizit Portugals, Irlands, Spaniens und Griechenlands inzwischen nicht mal mehr halb so hoch wie noch vor drei Jahren. Es ist jedoch umstritten, inwieweit das als Zeichen verbesserter Wettbewerbsfähigkeit interpretiert werden kann. Die Ursache könnte vor allem in krisenbedingten Rückgängen liegen.
Als wichtiger Indikator für die Produktivität gelten die Lohnstückkosten: Einer Analyse von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer zufolge sind diese in Spanien, Griechenland, Portugal und vor allem Irland seit Anfang 2009 stark gesunken. Das ist ein gutes Zeichen - denn die Länder gewinnen auf diesem Weg Wettbewerbsfähigkeit zurück. Doch Krämer relativiert: 'Aus eigener Kraft holen die Krisenstaaten nur langsam auf.' Steigende deutsche Lohnstückkosten seien ebenfalls ein entscheidender Faktor.
Außerdem treiben zwei Euro-Schwergewichte Experten die Sorgenfalten auf die Stirn. 'In Italien und in Frankreich ist keinerlei Besserung zu erkennen', sagt HSBC-Analyst Sartoris. In keinem dieser Länder sei zuletzt eine deutliche Reduzierung der Lohnstückkosten gelungen, was eine Voraussetzung für die Belebung des Exportsektors wäre.
'Eine schnellere Anpassung wird zudem durch die sehr expansive Geldpolitik der EZB verhindert', erklärt Sartoris. So haben einige Länder in der Währungsunion mittlerweile große Probleme, ihr Leistungsbilanzdefizit über private Kapitalzuflüsse auszugleichen. Die Lücke wird mit - derzeit extrem billigem - Zentralbankgeld geschlossen.
Die EZB befindet sich geldpolitisch in der Zwickmühle: Angemessen auf die Entwicklungen in einzelnen Euroländern zu reagieren, ist nahezu unmöglich. Während sich die krisengeschüttelten und rezessionsgeplagten Staaten Südeuropas noch niedrigere Zinsen wünschen, ist die aktuelle Zinspolitik für deutsche Verhältnisse nach Ansicht von Experten bereits viel zu locker. Die riesigen Summen an billigem Geld könnten zu einer Immobilienblase in Deutschland führen, warnte unlängst auch EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen./hbr/DP/hbr
--- Von Hannes Breustedt, dpa-AFX ---