BERLIN (dpa-AFX) - Führende Sozialverbände haben wegen steigender Preise und coronabedingter Mehrkosten zusätzliche Unterstützung für Menschen gefordert, die von der Grundsicherung leben. "Es ist allerhöchste Zeit, armutspolitisch gegenzusteuern", heißt es in einem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und mehrere Minister, den der Paritätische Wohlfahrtsverband am Dienstag verbreitete. Das Schreiben ruft die Regierung auf, zügig den im Koalitionsvertrag vereinbarten Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder sowie "Corona-Hilfen für alle Grundsicherungsbeziehenden" zu beschließen.
Als weitere Unterzeichner werden unter anderem der Sozialverband VdK, die Tafel Deutschland, der Sozialverband Deutschland (SoVD), der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Deutsche Kinderschutzbund und das Deutsche Kinderhilfswerk genannt. Die Nachwuchsorganisationen der Ampel-Koalitionsparteien SPD und Grüne, Jusos und Grüne Jugend, sowie der Linken-Jugendverband Solid sind ebenfalls beteiligt.
Die Verfasser kritisieren, die anhaltend hohen Preissteigerungen insbesondere auch bei den Stromkosten würden "nicht annähernd" von den zum 1. Januar angepassten Hartz-IV-Regelsätzen aufgefangen. "Gleichzeitig verschärfen Mehrkosten für Masken und andere pandemiebedingte Ausgaben die Not von Menschen, die auf existenzsichernde Leistungen wie Hartz IV angewiesen sind." Das wiege umso schwerer, da das Niveau der Grundsicherung ohnehin zu niedrig sei.
"Mit großer Sorge" nähmen die Verfasser wahr, dass der Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder auf sich warten lasse "und bisher keine Schritte unternommen wurden, um alle Beziehenden von Grundsicherungsleistungen zu unterstützen". "Es kann nicht sein, dass ausgerechnet die Ärmsten wieder einmal auf der Strecke bleiben."
Der von SPD, Grünen und FDP vereinbarte Sofortzuschlag soll Empfängern von Hartz IV, Sozialhilfe oder Kinderzuschlag zugute kommen, bis die Koalition ihr umfassenderes Projekt einer Kindergrundsicherung umsetzt. Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) hatte den Sofortzuschlag Ende Januar für die "nächsten Monate" in Aussicht gestellt.
Die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Sarah-Lee Heinrich, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Wir sehen, wie die gefährliche Mischung aus Pandemie, hohen Energiekosten und Preisexplosionen bei Lebensmitteln für viele Menschen zu einer extremen Belastung wird." So eine Krise könne man nicht im Koalitionsvertrag vorplanen, deswegen müsse die Ampel jetzt handeln und "alle Menschen, die sich die hohen Preise nicht leisten können, unterstützen".