😎 Sommerzeit, Hammer-Deals! Bei InvestingPro winken jetzt bis zu 50% Rabatt auf KI-Aktien-TippsJETZT ZUGREIFEN

IG-BCE-Chef: Ohne neue Industriepolitik droht Abwanderung

Veröffentlicht am 25.12.2022, 14:12
© Reuters.
XLB
-
MAL
-
VVSM
-

HANNOVER/BERLIN (dpa-AFX) - Der Chef der Gewerkschaft IG BCE und Co-Vorsitzende der Gaskommission, Michael Vassiliadis, verlangt eine rundum neu entwickelte Industriepolitik für Deutschland und Europa. Nur so ließen sich die nötigen Anreize für ökologisch tragfähige Investitionen sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen schaffen - und weitere Abwanderungen etwa nach China oder in die USA verhindern.

"Zuallererst brauchen wir eine konkrete schlüssige Industriestrategie für Deutschland", sagte Vassiliadis der Deutschen Presse-Agentur auf die Frage, wie er die Multi-Milliarden-Dollar-Subventionen des amerikanischen Inflation Reduction Act (IRA), die europäische Energiekrise und den akuten Mangel an vielen Medikamenten und anderen Pharmaprodukten in Deutschland bewerte. "Nicht nur eine, die ein paar Leuchtturmprojekte ausstellt, sondern eine wirklich umfassende."

Die EU-Kommission müsse ohne Vorfestlegungen mitziehen, forderte er. "Allein mit dem ewigen Mantra, Primus bei der Gewährleistung von Wettbewerb sein zu wollen, kommen wir nicht weiter", kritisierte Vassiliadis, der auch als Vertrauter von Kanzler Olaf Scholz (SPD) gilt. "Wir wollen immer ein Musterschüler sein, nach innen wie nach außen. Aber dafür sind wir überhaupt kein Musterschüler in der industriepolitischen Gestaltung." Bezogen auf Standortnachteile Europas warnte er: "Die Anhäufung immer neuer Regulierungen wird dazu führen, dass die industrielle Basis bei uns weiter schrumpft."

Dabei seien keineswegs wichtige Kernregeln etwa zur Prüfung von Staatshilfen oder zum Außenhandel das Problem, "vielmehr die Tiefe der Regulierung, die wir uns in Europa leisten". Man brauche weniger Klein-klein und stattdessen eine strategische, langfristig angelegte Industriepolitik - "nicht eine, die vom Joystick aus betrieben wird und nur ein paar wenige Technologien herausgreift, die einem gerade gefallen. Wir brauchen einen großen, systematischen Ansatz."

Nötig sei eine koordinierte Förderung von Techniken zur Einsparung von Energie und generell von Innovationen. Er vermisse "noch mehr Mut, auf wirklich breiter Basis in die klimagerechte Transformation zu investieren. Vieles wird einfach nur kurzfristig "chic gemacht"."

Die Programme, mit denen die US-Regierung nun den Umbau der dortigen Industrie unterstützt, erhöhten den Druck. "Wir haben uns in Europa über viele Jahre, in denen es uns gut ging, industriepolitisch durchlaviert", sagte der Gewerkschaftschef, der auch den deutschen Kohleausstieg mitverhandelte. "Spätestens jetzt muss man dringend die Frage stellen: Wie sichern wir die Zukunft unserer eigenen Industrie? Ein bisschen Herumsubventionieren, mal eine Regulierung hier oder dort - das ist insgesamt zu kurz gegriffen", so Vassiliadis. "Wir müssen uns 2023 einen Ruck geben in Sachen Transformation."

Noch stehe die Industrie in einigen Sektoren gut da. "Weltmarkt- oder Technologieführerschaft haben wir in Maschinenbau und Chemie, teilweise in Segmenten von Pharma und Rüstung, dann in Teilen der Dienstleistungswirtschaft und der Autobranche", sagte der IG-BCE-Chef. "Viel mehr haben wir nicht." In der Chipindustrie (ETR:VVSM) hole Europa jetzt zwar etwas auf. "Wir werden aber Taiwan, die USA oder Südkorea nicht den Rang ablaufen können - das wäre vergossene Milch. Die starken Bereiche dagegen mit einer Resilienz-, Wettbewerbs- und Innovationspolitik zu stärken - das wäre wichtig."

Vor allem bei erneuerbaren Energien seien "viele schmerzliche Fehler" gemacht worden. "Unsere ehemals starken Produktionskapazitäten bei Solar sind nach China abgewandert, nun droht uns das gleiche bei der Windkraft", warnte Vassiliadis. "Niemand will Protektionismus. Aber es stellt sich die Frage, wie wir in Deutschland und Europa wieder Kapazitäten in diesen Wachstumssparten aufbauen können."

Würden heimische Investitionen nicht attraktiver, könne sich der "Doppel-Sog" in Richtung China/USA verfestigen, fürchtet Vassiliadis. Nach China sei bereits viel klassische Fertigung gegangen. "Die Produkte kamen dann meist zurück zu uns. Das ändert sich gerade rasant - China ist längst nicht mehr nur die Werkbank der Welt, sondern produziert inzwischen auch sehr viel für den eigenen Markt." Bei Autos werde das Land darüber hinaus zunehmend zur Exportnation.

Daneben seien die Vereinigten Staaten zurück im Spiel. "Wegen ihrer geringen Gas- und Energiepreise - weniger als ein Siebtel unseres Niveaus - und jetzt auch wegen der Rahmenbedingungen durch den IRA wirken sie als Standort fast wie ein Staubsauger." Die beiden größten Volkswirtschaften setzten sich weiter ab: "Es gehen zunehmend große Investitionen und Geldströme dahin, es geht Zukunft dahin."

In der deutschen Chemie wüchsen derweil die Risiken für Unternehmen, die frühe Stadien in der Wertschöpfungskette abdecken - also etwa Grundstoffe (NYSE:XLB) aus Gas und Öl herstellen oder sehr viel Strom benötigen. Weitere Firmen mit energieintensiver Produktion bei Aluminium, Glas, Papier oder Keramik seien "richtig unter Druck", sagte Vassiliadis. "Die Jahre 2023 und 2024 werden zeigen, ob sie das durchstehen.

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.