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Inflationsmonster schlägt zu – es wird viel schlimmer als befürchtet

Veröffentlicht am 08.09.2023, 14:52
© Investing.com

Investing.com – Nichts beschäftigt die Menschen so sehr wie die Inflation, denn wenn der Lebensunterhalt teurer wird, müssen immer mehr Abstriche in Kauf genommen werden.

Die Entwicklungen am Aktienmarkt signalisieren zwar, dass der Spuk schon bald vorbei ist, doch die Zahl derer, die das Gegenteil behaupten, nimmt zu. Der Rabobank-Analyst Philip Marey verweist darauf, dass sich die Inflation in der Eurozone mit 5,3 Prozent hartnäckig hält. Für Deutschland zeigten die heute veröffentlichten Daten sogar einen Wert von 6,1 Prozent.

Sein Rabobank-Kollege Bas van Geffen spricht davon, dass man in Europa schlichtweg die Realität verleugnet, weil keiner wahrhaben will, dass sich die geopolitischen Spielregeln drastisch geändert haben. Lediglich dem deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck ist die Dramatik der Lage bewusst.

Er sagte, dass sich die außenpolitischen Rahmenbedingungen im Vergleich zu den vergangenen Jahrzehnten stark veränderten. Handelsbeziehungen und Investitionsentscheidungen werden nur noch auf Basis von geopolitischem Kalkül getroffen. Im schlimmsten Falle, so Habeck, wird sich Europa zwischen China oder den USA entscheiden müssen.

Diese verzwickte Lage ist es, die eine effektive Bekämpfung der Inflation unmöglich macht und der Wirtschaft schadet, weil die Zinsen hoch bleiben und sich die Lieferkettenprobleme verschärfen.

Der Rabobank-Energieanalyst Joe DeLaura verweist auf ein weiteres Phänomen, das die Inflation befeuert. Obwohl sich die wirtschaftlichen Aussichten in den USA, Europa und China abschwächen, steigen die Preise für Öl und Gas. Normalerweise würden diese während einer wirtschaftlichen Schwäche fallen. Da das nicht passiert, ist von einem Angebotsproblem auszugehen.

Die OPEC hält an ihren Förderkürzungen fest, während die Bohrungen und Explorationen nach neuen Öl- und Gasfeldern rückläufig sind. Anstatt das Angebot zu erhöhen, konzentriert man sich darauf die Nachfrage zu reduzieren und erneuerbare Energien aus Solar- und Windkraft zu forcieren. Aber das könnte sich ganz schnell zu einem Flop entwickeln, wie Mike Shedlock erklärte.

In den USA stellt die Regierung Biden über den sogenannten Inflation Reduction Act (IRA) zwar Hunderte Milliarden Dollar für grüne Energie zur Verfügung, doch das führt keinesfalls zu einem schnelleren Ausbau. Es fehlt schlichtweg an Material und Fachkräften.

Anstatt des beschleunigten Ausbaus steigen lediglich die Preise für den Bau von Wind- und Solarparks, was sich letztlich auf die Strompreise und die Inflation der gesamten Wirtschaft auswirkt.

Einem Bericht der New York State Energy Research and Development Authority (Nyserda) ist zu entnehmen, dass Entwickler von großen Offshore Windkraftanlagen schon jetzt durchschnittlich 48 Prozent höhere Preise verlangen, als ursprünglich kalkuliert. Die Alliance for Clean Energy (NASDAQ:ICLN) NY sieht sich sogar mit 64 Prozent höheren Kosten für ihre 86 Solar- und Windprojekte konfrontiert, wie Shedlock schreibt.

Diese Preisanpassungen lassen den Traum von einer CO₂-neutralen Zukunft mit angeblich billigem grünem Strom platzen. In New York wird der Preis für diesen Strom um den Faktor 2–5 mal teurer sein als Strom aus Erdgas.

Dieses Dilemma wird auch auf Europa zukommen. Und dabei ist noch gar nicht eingepreist, dass China die Daumenschrauben für die Versorgung des Westens mit den für erneuerbare Energien wichtigen Seltenen Erden anzieht. Im Juli wurde bereits ein Gesetz verabschiedet, welches Exporte ohne eine staatliche Genehmigung verbietet.

Die Zeit der billigen Energie ist vorbei und mit ihr die Ära niedriger Inflationsraten. Die optimistische Prognose von Robert Habeck besagt, dass der Strompreis im Jahr 2042 bei durchschnittlich 40,27 Cent kWh liegt, während die Gaspreise 2040 durchschnittlich 16,53 Cent pro kWh betragen.

Jürgen Karl von der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen sieht einen realistischen Strompreis eher bei 60 bis 80 Cent.

Joe DeLaura kommt zu dem Fazit:

Unser derzeitiges politisches und wirtschaftliches System scheint sich damit zufriedenzugeben, auf einen Zauberer zu warten, der alles löst, während man an den unwirksamen Zinshebeln zieht. "Irgendwer wird das Problem schon lösen, wir selbst können nichts machen", so lauten die Aussagen, die in letzter Zeit von jeder westlichen Regierung kommen.

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