Investing.com – US-Finanzministerin Janet Yellen reagierte auf die Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit durch Fitch Ratings mit Unverständnis und warf dem Unternehmen vor, willkürlich gehandelt zu haben. Nur wenige Sätze später äußerte sie jedoch, dass das Rating keinerlei Bedeutung habe, denn auf der ganzen Welt wissen die Investoren, dass US-Staatsanleihen die sicherste und liquideste Anlageform überhaupt sind.
Aber warum regt sich die Finanzministerin dann so auf, wenn all dies keine Rolle spielt? Ist es um die US-Wirtschaft schlechter bestellt, als die offiziellen Daten hergeben?
In den vergangenen Tagen wurde berichtet, dass mit Yellow eines der größten und ältesten Speditionsunternehmen der USA vor der Pleite steht. Aber wie kann das sein, in einem Land, in dem die Wirtschaft rund läuft und Transportkapazitäten Mangelware sein sollten?
Offensichtlich handelt es sich vielmehr um einen Hinweis darauf, dass es überhaupt nicht gut läuft. Untermauert wird dieses Indiz durch Michael Maharrey, Chefredakteur bei Schiffgold. Er verwies darauf, dass die Packaging Corp. of America meldete, dass der Verkauf von Kartons im zweiten Quartal um 9,8 Prozent schrumpfte, nachdem es im ersten Quartal bereits zu einem Rückgang um 12,7 Prozent gekommen war.
Derartige Einbrüche sind außergewöhnlich und laut FreightWaves Research handelt es sich um den größten sechsmonatigen Rückgang seit Anfang 2009.
Obwohl die offiziellen Wirtschaftsdaten gut aussehen, scheint es so, als wenn weniger transportiert und verpackt wird.
Ein ähnliches, sogar noch viel besseres Bild gab das US-BIP im dritten Quartal 2007 ab, wie Maharrey feststellt. Zu diesem Zeitpunkt war der US-Immobilienmarkt bereits kollabiert, die Fed senkte die Zinssätze, Soft Landing war in aller Munde und das BIP sah mit 3,9 Prozent verdammt gut aus.
Im Nachhinein betrachtet ein sehr trügerisches Bild, denn 2008 ging es an der Börse steil bergab und der S&P 500 benötigte bis 2013, um die Niveaus von 2007 zu erreichen.
Auch heute möchte von einer drohenden Rezession keiner etwas wissen, schon gar nicht die Aktienmärkte. Sie wetten weiterhin darauf, dass die Fed bald damit beginnt, die Zinsen zu senken und frisches Geld in die Märkte zu pumpen.
Wie falsch sie damit liegen, erläuterte der Investmentbanker James Rickards. Er schrieb, dass der Fed Vorsitzende Powell auf seiner Pressekonferenz im Anschluss an die jüngste Zinserhöhung daran erinnerte, dass der angespannte Arbeitsmarkt die Inflation begünstigt.
Zudem ließ Powell durchblicken, dass selbst im Jahr 2024 nicht mit Zinssenkungen zu rechnen sein dürfte. Auf die Frage eines Reporters sagte Powell:
"Wir rechnen nicht damit, dass wir die Inflation bis zum Jahr 2025 vollständig auf 2 % senken können."
Zudem verwies Powell darauf, dass die Geldpolitik bisher noch nicht lang genug restriktiv war und man mehr unternehmen werde, wenn die Daten dies erfordern.
Rickards gibt auch zu Bedenken, dass Powell nicht wie sein Vorgänger Paul Volcker in die Geschichtsbücher eingehen will.
Volcker wurde 1979 mit der höchsten Inflation seit dem Zweiten Weltkrieg konfrontiert und erhöhte entsprechend die Zinsen. Als sich im Januar 1980 eine Rezession abzeichnete, wurden die Zinsen gesenkt und die Rezession galt im Juli 1980 als besiegt.
Die Inflation ging daraufhin durch die Decke und die Zinsen mussten auf über 20 Prozent angehoben werden, was zu einer noch schlimmeren Rezession führte und den Begriff Volcker-Schock prägte.
Im Jahr 2009 gab Paul Volcker dem Spiegel ein Interview, dessen Aussagen damals wie heute so aktuell sind wie nie. Der Spiegel stellt fest, dass die USA die Finanzkrise mit billigem Geld und nicht mit Strukturreformen bekämpft, woraufhin Volcker sagte:
"Das stimmt. Wir haben leider immer noch keinen selbsttragenden Aufschwung. Sowohl die Wirtschaft als auch die Finanzmärkte hängen am Tropf des Staates."
"SPIEGEL: Die amerikanische Staatsverschuldung wird bald schon auf 12 Billionen Dollar steigen … Wird diese enorme Verschuldung die Wirtschaftssupermacht USA in die Knie zwingen?
Volcker: Natürlich müssen wir dieses Problem der Staatsverschuldung angehen, aber zum richtigen Zeitpunkt."
In den vergangenen 14 Jahren hat sich der richtige Zeitpunkt offenkundig nicht ergeben, denn aus den damals besorgniserregenden knapp 12 Billionen Dollar sind inzwischen mehr als 32 Billionen geworden, was den Untergang der USA bedeuten könnte, wie Volcker in dem Interview schon damals einräumte.
"SPIEGEL: Der Harvard-Historiker Niall Ferguson schrieb jüngst: "Hohe Verschuldung und langsames Wachstum bringen Imperien zu Fall – und die USA könnten als Nächstes dran sein." Übertreibt er?
Volcker: Die Bedrohung, die er beschreibt, ist real. Wir müssen uns mit ihr auseinandersetzen."
Und genau das ist es, was Yellen im Zusammenhang mit der Herabstufung des Kreditratings Albträume beschert.
Denn wenn die Welt das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit der USA verliert und keiner mehr der Regierung Dollars leiht, indem er Staatsanleihen kauft, dann sieht es sehr düster aus.
Die US-Staatsausgaben tragen zu über 35 Prozent zum BIP bei und Kürzungen im Rahme der Bekämpfung des jährlichen Haushaltsdefizits hätten dramatische Folgen. Sollte die Fed gezwungen sein, den Staat direkt finanzieren zu müssen, dann würde das natürlich nur funktionieren, wenn neue Dollar gedruckt werden, was letztlich eine Hyperinflation auslösen würde.