Börsen-Zeitung: Frühlingsrollen, Kommentar zu EU-Strafzöllen von
Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Ein ziemliches Hin und Her: Erst tritt die
EU-Kommission laut auf und droht mit entschlossenem Vorgehen -
angeheizt von Vertretern der hiesigen Solarbranche. Lange schaut die
Bundesregierung zu - und es scheint sie nicht zu stören. Dann jedoch
äußert Deutschland auf einmal lautstark Unmut über Strafzölle auf
Solarimporte aus China - und versichert sich eilig Verbündeter in
anderen Hauptstädten. Was wiederum EU-Kommissar Karel De Gucht dazu
treibt, die Sanktionen abzuschwächen. Das ist zwar nicht die ganz
große Rolle rückwärts, zu der ihn zuletzt Bundeswirtschaftsminister
Philipp Rösler drängte. Aber immerhin ein Röllchen zurück, um nicht
als halsstarrig zu gelten.
Die Botschaft, die in Peking ankommen dürfte, lautet: Die da in
Europa sind sich in der Außenhandelspolitik nicht einig. Nicht mal
dann, wenn die Fakten - sofern man der EU-Kommission nicht völlig
misstraut - eindeutig sind. Denn wenn chinesische Firmen tatsächlich
Solarmodule in einer Menge produzieren, die 50% über der
Weltnachfrage (!) liegt und ihre Importe 80% am EU-Markt erobert und
40 europäische Wettbewerber in die Pleite getrieben haben, erscheint
es nicht abwegig, dass Produkte unter Herstellungskosten in Europa
verschachert wurden und werden.
Das politische Tauziehen um die Solar-Strafzölle offenbart denn
auch wieder einmal die großen Schwächen des Verfahrens. So soll ja
eigentlich die EU-Kommission als neutraler Prüfer über die vorläufige
Verhängung von Strafzöllen entscheiden. Trotzdem keilt die
Bundesregierung, die dieser Arbeitsteilung zugestimmt hat, dagegen.
Im Grunde veranschaulicht der aktuelle Zank nur zu deutlich, dass die
Hoffnung, man könne Handelskonflikte entpolitisieren, indem man sie
einem Prüfverfahren von EU-Beamten unterstellt, letztlich eine
Illusion ist. Nicht nur für Solarmodule gilt: Es gibt nicht ein
europäisches Interesse, sondern mehrere. Das Interesse der
Hersteller, die um ihre Existenz fürchten. Das der Weiterverarbeiter,
die um günstige Einkaufspreise bangen. Das der Unternehmen aus
anderen Branchen, die vor einem Handelskrieg warnen.
Statt gegen die vermeintlich unbelehrbare EU-Kommission zu
wettern, sollte die Bundesregierung politische Gespräche darüber
anregen, inwieweit Entscheidungsregeln geändert werden müssen. Und
wenn man partout dem Risiko von Handelskriegen vorbeugen will, muss
die EU auch wieder an die Frage ran, ob Strafzölle ein geeignetes
Instrument der Handelspolitik sind.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
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EU-Kommission laut auf und droht mit entschlossenem Vorgehen -
angeheizt von Vertretern der hiesigen Solarbranche. Lange schaut die
Bundesregierung zu - und es scheint sie nicht zu stören. Dann jedoch
äußert Deutschland auf einmal lautstark Unmut über Strafzölle auf
Solarimporte aus China - und versichert sich eilig Verbündeter in
anderen Hauptstädten. Was wiederum EU-Kommissar Karel De Gucht dazu
treibt, die Sanktionen abzuschwächen. Das ist zwar nicht die ganz
große Rolle rückwärts, zu der ihn zuletzt Bundeswirtschaftsminister
Philipp Rösler drängte. Aber immerhin ein Röllchen zurück, um nicht
als halsstarrig zu gelten.
Die Botschaft, die in Peking ankommen dürfte, lautet: Die da in
Europa sind sich in der Außenhandelspolitik nicht einig. Nicht mal
dann, wenn die Fakten - sofern man der EU-Kommission nicht völlig
misstraut - eindeutig sind. Denn wenn chinesische Firmen tatsächlich
Solarmodule in einer Menge produzieren, die 50% über der
Weltnachfrage (!) liegt und ihre Importe 80% am EU-Markt erobert und
40 europäische Wettbewerber in die Pleite getrieben haben, erscheint
es nicht abwegig, dass Produkte unter Herstellungskosten in Europa
verschachert wurden und werden.
Das politische Tauziehen um die Solar-Strafzölle offenbart denn
auch wieder einmal die großen Schwächen des Verfahrens. So soll ja
eigentlich die EU-Kommission als neutraler Prüfer über die vorläufige
Verhängung von Strafzöllen entscheiden. Trotzdem keilt die
Bundesregierung, die dieser Arbeitsteilung zugestimmt hat, dagegen.
Im Grunde veranschaulicht der aktuelle Zank nur zu deutlich, dass die
Hoffnung, man könne Handelskonflikte entpolitisieren, indem man sie
einem Prüfverfahren von EU-Beamten unterstellt, letztlich eine
Illusion ist. Nicht nur für Solarmodule gilt: Es gibt nicht ein
europäisches Interesse, sondern mehrere. Das Interesse der
Hersteller, die um ihre Existenz fürchten. Das der Weiterverarbeiter,
die um günstige Einkaufspreise bangen. Das der Unternehmen aus
anderen Branchen, die vor einem Handelskrieg warnen.
Statt gegen die vermeintlich unbelehrbare EU-Kommission zu
wettern, sollte die Bundesregierung politische Gespräche darüber
anregen, inwieweit Entscheidungsregeln geändert werden müssen. Und
wenn man partout dem Risiko von Handelskriegen vorbeugen will, muss
die EU auch wieder an die Frage ran, ob Strafzölle ein geeignetes
Instrument der Handelspolitik sind.
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