Börsen-Zeitung: Suchtmaschine, Kommentar zu Google von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Man kann trefflich darüber streiten, ob die
Zugeständnisse reichen, die Google den EU-Wettbewerbshütern angeboten
hat, oder nicht. Egal ob Juristen, Ökonomen oder Internet- Nutzer: Es
wird jede Menge Fürsprecher geben, die behaupten, dass damit ein
fairer Wettbewerb sichergestellt ist. Und es wird eine große Zahl
Kritiker geben, die Googles Korrekturen für völlig untauglich
erklären, um den Konkurrenten eine angemessene Chance zu geben. Ob es
reicht, drei Rivalen von Google auf Seite 1 der Suchergebnisse zu
zeigen, oder ob es nicht ein unlauterer Vorteil ist, wenn zunächst
nur die Google-Treffer auf der Landkarte erscheinen. Das und vieles
andere kann man so oder so sehen.
EU-Kommissar Joaquín Almunia hat drei Dinge klargestellt. Erstens:
Die EU ist nicht da, um Wettbewerber zu schützen, sondern Wettbewerb.
Zweitens: Es geht nicht darum, dass Unternehmen ihre Wettbewerber
identisch wie ihre konzerneigenen Dienste behandeln, vielmehr
gleichwertig. Drittens: Manchmal ist es aus Sicht der EU sinnvoller,
Zugeständnisse zu akzeptieren, die schnell umgesetzt werden können,
statt über 15 Runden zu gehen und damit in Kauf zu nehmen, dass ein
Marktführer seine Position noch über viele Jahre ausnutzen kann.
Diese drei Klarstellungen lassen sich zusammenfassend als ein
grundsätzliches Zugeständnis des obersten EU-Wettbewerbshüters lesen:
Kartellverfahren der EU schaffen keine letzte Gerechtigkeit, sondern
zielen auf pragmatische Lösungen, um eine Störung des Wettbewerbs
möglichst rasch und möglichst wirkungsvoll abzustellen. Mit Betonung
auf möglichst. Der Spanier weist damit zum Ende seiner Amtszeit auf
die Grenzen des EU-Wettbewerbsrechts hin. Brüssel kann zwar
eingreifen, wenn ein Quasimonopolist - etwa indem er Dienste seiner
Rivalen willkürlich aus Suchlisten verbannt - seine Kunden nur noch
von sich und seinen konzerneigenen Diensten abhängig zu machen
versucht. Aber die EU-Kommission kann nicht vorschreiben, dass ein
Marktführer überhaupt nicht mehr auf eigene Services hinweisen darf.
Kurz und gut: Die EU darf Suchmaschinen nur jene Praktiken verbieten,
die sie in Suchtmaschinen verwandeln. Dafür, dass Internet-Nutzer
demnächst, wenn sie eine Reise buchen wollen, problemlos die
Möglichkeit haben, sich von Expedia, Tripadvisor und Co. beraten zu
lassen, muss die EU-Kommission sorgen. Dafür, dass die Kunden es dann
auch tatsächlich tun, sind jedoch nicht Wettbewerbshüter
verantwortlich. Sondern die Wettbewerber.
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