Börsen-Zeitung: Chancen für Öl-Investoren, Börsenkommentar
'Marktplatz', von Dieter Kuckelkorn.
Frankfurt (ots) - Wer hätte das gedacht? Der Ölpreis der führenden
Nordseesorte Brent Crude, der mittlerweile als globale Benchmark
gilt, ist am Freitag über 119 Dollar je Barrel (159 Liter) gestiegen.
Er hat damit den höchsten Stand seit neun Monaten erreicht. Viele
Analysten hatten für 2013 einen fallenden oder auf einem niedrigeren
Niveau stagnierenden Ölpreis vorausgesagt.
Für den unerwarteten Anstieg der Ölnotierungen gibt es eine Reihe
von Gründen. So hat sich der konjunkturelle Ausblick deutlich
aufgehellt, weltweit ist mit einem wenn auch in vielen Regionen
verhaltenen Aufschwung zu rechnen. Zudem hat die Krisenangst deutlich
nachgelassen. Kaum ein Marktteilnehmer rechnet noch mit größeren
Katastrophen in der Eurozone, was die Risikobereitschaft der
Finanzinvestoren wieder geweckt hat. Das spielt am Ölmarkt eine große
Rolle, denn das Verhältnis von 'realwirtschaftlichen'
Spotmarktgeschäften zu den Derivatetransaktionen, bei denen sich die
Finanzinvestoren verstärkt tummeln, beträgt inzwischen 1 zu 80.
Dennoch spielt Angst weiter eine Rolle, wenn auch auf einer
anderen Ebene. So haben die Sorgen der Marktteilnehmer hinsichtlich
der geopolitischen Risiken der Ölversorgung wieder spürbar zugenommen
und damit ihren Teil zum Anstieg des Ölpreises beigetragen. Nach wie
vor gilt Syrien als die größte Gefahr, weil sich in den Bürgerkrieg
auch Ölmächte wie der Iran einmischen. Ein Zusammenbruch des schwer
angeschlagenen Assad-Regimes könnte daher ungeahnte Folgen haben,
befürchten Beobachter. Außerdem hat sich der iranische
Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei bemüht, der Entspannung im
Atomstreit entgegenzuwirken, indem er Gespräche zwischen dem Iran und
den USA sabotiert.
Zudem hat Saudi-Arabien als der weltweit größte Ölförderer die
Produktion fast auf ein 19-Monats-Tief zurückgefahren, während China
seine Importe von Rohöl kräftig ausgeweitet hat. Im Januar waren es
immerhin 7,4% mehr als im gleichen Vorjahresmonat und auf Basis des
Tagesdurchschnitts die drittgrößte Einfuhrmenge, die es im Reich der
Mitte jemals gegeben hat.
Damit stellt sich die Frage, wie es mit dem Ölpreis im
Jahresverlauf und darüber hinaus weitergeht. Was die mittel- bis
langfristigen Perspektiven betrifft, so hatte im Herbst der damalige
Goldman-Sachs-Analyst David Greely Aufsehen erregt. Er hatte die
Preisprognosen seines Hauses für 2013 von durchschnittlich 130 Dollar
für Brent auf nur noch 110 Dollar reduziert. Was aber noch wesentlich
schwerer wiegt: Er sagte damals einen grundlegenden Regimewechsel auf
dem Ölmarkt voraus, hin zu einer durch wachsende ungenutzte
Kapazitäten in der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec)
und Russland gekennzeichneten Situation. Diese freien Kapazitäten
habe es in den neunziger Jahren bereits gegeben, als der Ölpreis
deutlich unter 30 Dollar je Barrel verharrte (vgl. Chart). Hinzufügen
könnte man noch, dass sich die Situation auf dem Ölmarkt auch dadurch
verändert, dass die Förderung in den USA stark steigt.
Bei einer genaueren Betrachtung ist es jedoch fraglich, ob das von
Greely beschriebene Szenario realistisch ist. So hat die Opec, die
immerhin noch 40% zur Weltversorgung beisteuert, kein Interesse
daran, dass der Ölpreis in den zweistelligen Bereich zurückfällt. In
diesem Fall würde es vielen Opec-Staaten nämlich nicht mehr gelingen,
in ihren Staatshaushalten die finanzielle Balance zwischen Ausgaben
und Einnahmen zu erhalten. Bei zunehmendem Druck auf den Ölpreis
würde die Opec also notfalls energisch gegensteuern. Langfristig
spricht gegen einen drastischen Preisrückgang auf die Niveaus
früherer Dekaden aber vor allem, dass die Kosten der Erschließung
neuer Ölquellen stetig steigen, weil die leicht zugänglichen Reserven
längst verbraucht sind. Wie das US-Haus Bernstein Research
ausgerechnet hat, betragen die Produktionskosten bei neuen Ölquellen
92 Dollar je Barrel. Ein Ölpreis, der darunter liegt, würde die
Produzenten zur Einstellung von Neuerschließungen zwingen - was den
Preis über kurz oder lang wieder nach oben treiben würde. Seriösere
Schätzungen, etwa vom Internationalen Währungsfonds IWF, gehen daher
davon aus, dass sich der Ölpreis über die nächsten 20 Jahre
verdoppeln bis verdreifachen könnte.
Für das laufende Jahr sieht es nun am ehesten danach aus, dass mit
einem leicht steigenden Preisniveau zu rechnen ist. Für Öl-Investoren
wird das laufende Jahr vielleicht doch keine Enttäuschung.
(Börsen-Zeitung, 9.2.2013)
Originaltext: Börsen-Zeitung
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Frankfurt (ots) - Wer hätte das gedacht? Der Ölpreis der führenden
Nordseesorte Brent Crude, der mittlerweile als globale Benchmark
gilt, ist am Freitag über 119 Dollar je Barrel (159 Liter) gestiegen.
Er hat damit den höchsten Stand seit neun Monaten erreicht. Viele
Analysten hatten für 2013 einen fallenden oder auf einem niedrigeren
Niveau stagnierenden Ölpreis vorausgesagt.
Für den unerwarteten Anstieg der Ölnotierungen gibt es eine Reihe
von Gründen. So hat sich der konjunkturelle Ausblick deutlich
aufgehellt, weltweit ist mit einem wenn auch in vielen Regionen
verhaltenen Aufschwung zu rechnen. Zudem hat die Krisenangst deutlich
nachgelassen. Kaum ein Marktteilnehmer rechnet noch mit größeren
Katastrophen in der Eurozone, was die Risikobereitschaft der
Finanzinvestoren wieder geweckt hat. Das spielt am Ölmarkt eine große
Rolle, denn das Verhältnis von 'realwirtschaftlichen'
Spotmarktgeschäften zu den Derivatetransaktionen, bei denen sich die
Finanzinvestoren verstärkt tummeln, beträgt inzwischen 1 zu 80.
Dennoch spielt Angst weiter eine Rolle, wenn auch auf einer
anderen Ebene. So haben die Sorgen der Marktteilnehmer hinsichtlich
der geopolitischen Risiken der Ölversorgung wieder spürbar zugenommen
und damit ihren Teil zum Anstieg des Ölpreises beigetragen. Nach wie
vor gilt Syrien als die größte Gefahr, weil sich in den Bürgerkrieg
auch Ölmächte wie der Iran einmischen. Ein Zusammenbruch des schwer
angeschlagenen Assad-Regimes könnte daher ungeahnte Folgen haben,
befürchten Beobachter. Außerdem hat sich der iranische
Revolutionsführer Ajatollah Ali Chamenei bemüht, der Entspannung im
Atomstreit entgegenzuwirken, indem er Gespräche zwischen dem Iran und
den USA sabotiert.
Zudem hat Saudi-Arabien als der weltweit größte Ölförderer die
Produktion fast auf ein 19-Monats-Tief zurückgefahren, während China
seine Importe von Rohöl kräftig ausgeweitet hat. Im Januar waren es
immerhin 7,4% mehr als im gleichen Vorjahresmonat und auf Basis des
Tagesdurchschnitts die drittgrößte Einfuhrmenge, die es im Reich der
Mitte jemals gegeben hat.
Damit stellt sich die Frage, wie es mit dem Ölpreis im
Jahresverlauf und darüber hinaus weitergeht. Was die mittel- bis
langfristigen Perspektiven betrifft, so hatte im Herbst der damalige
Goldman-Sachs-Analyst David Greely Aufsehen erregt. Er hatte die
Preisprognosen seines Hauses für 2013 von durchschnittlich 130 Dollar
für Brent auf nur noch 110 Dollar reduziert. Was aber noch wesentlich
schwerer wiegt: Er sagte damals einen grundlegenden Regimewechsel auf
dem Ölmarkt voraus, hin zu einer durch wachsende ungenutzte
Kapazitäten in der Organisation Erdöl exportierender Staaten (Opec)
und Russland gekennzeichneten Situation. Diese freien Kapazitäten
habe es in den neunziger Jahren bereits gegeben, als der Ölpreis
deutlich unter 30 Dollar je Barrel verharrte (vgl. Chart). Hinzufügen
könnte man noch, dass sich die Situation auf dem Ölmarkt auch dadurch
verändert, dass die Förderung in den USA stark steigt.
Bei einer genaueren Betrachtung ist es jedoch fraglich, ob das von
Greely beschriebene Szenario realistisch ist. So hat die Opec, die
immerhin noch 40% zur Weltversorgung beisteuert, kein Interesse
daran, dass der Ölpreis in den zweistelligen Bereich zurückfällt. In
diesem Fall würde es vielen Opec-Staaten nämlich nicht mehr gelingen,
in ihren Staatshaushalten die finanzielle Balance zwischen Ausgaben
und Einnahmen zu erhalten. Bei zunehmendem Druck auf den Ölpreis
würde die Opec also notfalls energisch gegensteuern. Langfristig
spricht gegen einen drastischen Preisrückgang auf die Niveaus
früherer Dekaden aber vor allem, dass die Kosten der Erschließung
neuer Ölquellen stetig steigen, weil die leicht zugänglichen Reserven
längst verbraucht sind. Wie das US-Haus Bernstein Research
ausgerechnet hat, betragen die Produktionskosten bei neuen Ölquellen
92 Dollar je Barrel. Ein Ölpreis, der darunter liegt, würde die
Produzenten zur Einstellung von Neuerschließungen zwingen - was den
Preis über kurz oder lang wieder nach oben treiben würde. Seriösere
Schätzungen, etwa vom Internationalen Währungsfonds IWF, gehen daher
davon aus, dass sich der Ölpreis über die nächsten 20 Jahre
verdoppeln bis verdreifachen könnte.
Für das laufende Jahr sieht es nun am ehesten danach aus, dass mit
einem leicht steigenden Preisniveau zu rechnen ist. Für Öl-Investoren
wird das laufende Jahr vielleicht doch keine Enttäuschung.
(Börsen-Zeitung, 9.2.2013)
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