Börsen-Zeitung: Gefährlicher September, Börsenkommentar 'Marktplatz',
von Christopher Kalbhenn.
Frankfurt (ots) - Das allmählich auf die Nerven gehende Warten
darauf, dass der Dax auch noch die paar fehlenden Punkte schafft, die
bis zu Marke von 7000 fehlen, hat endlich ein Ende. Sieben
Handelstage lang hatte sich Deutschlands Blue-Chip-Index in einer
Seitwärtsbewegung von rund 6900 bis 7000 geziert, ehe er in der
abgelaufenen Woche endlich ein Einsehen hatte. Am Freitag kroch der
Index dann noch bis auf 7041 Punkte; ein dynamischer Durchbruch sieht
anders aus. Das zögerliche, vorsichtige sich Vortasten des
Aktienmarktes ist allerdings verständlicher als die Ungeduld, mit der
so mancher auf den Anstieg über 7000 Zähler wartete.
Das Wissen um die statistisch belegte Tatsache, dass der September
im Durchschnitt der zurückliegenden Jahrzehnte der Monat ist, in dem
der Dax seine schlechteste Performance zeigt, dürfte dabei - wenn
überhaupt - nur eine untergeordnete Rolle spielen. Entscheidend ist
vielmehr die Tatsache, dass im kommenden Monat eine Reihe von
Ereignissen bevorsteht, die erhebliche Rückschlagsrisiken bergen. Die
damit einhergehende Nervosität wiegt die vom Präsidenten der
Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, geschürte Hoffnung auf eine
Lösung oder zumindest deutliche Entspannung in der Schuldenkrise, die
den Dax in drei Wochen um 700 Punkte hat steigen lassen, zum Teil
auf.
Ernst wird es u.a. am 12. September. Das Bundesverfassungsgericht
verkündet an diesem Tag seine Entscheidung über die Zulässigkeit des
Rettungsfonds ESM. Es wird zwar erwartet, dass der Rettungsfonds
durchgewinkt wird. Risiken gehen jedoch von eventuellen
Einschränkungen der Möglichkeiten des ESM aus, die die Zuversicht
bezüglich Stützungsaktionen für die Peripheriestaaten schwinden
lassen könnten. Am selben Tag finden auch noch die Wahlen in den
Niederlanden statt, die dazu führen könnten, dass in einem weiteren
Geberland austeritätsfeindliche Kräfte die Regierungsgeschäfte
übernehmen.
Hinzu kommt die brisante Lage Griechenlands bzw. das Risiko eines
Euro-Austritts bzw. der Insolvenz der Hellenen in den kommenden
Wochen. Sicher ist nur, dass das Land die vereinbarten Auflagen nicht
erfüllen kann und weitere Finanzhilfen bzw. noch einen
Schuldenschnitt benötigt. Die Verschleppung der Insolvenz wird ebenso
wenig wie die finanzielle Unterstützung Griechenlands bis in alle
Ewigkeit fortgesetzt werden können. In den Geberländern formiert sich
dagegen zunehmend Widerstand, und zudem verliert der Internationale
Währungsfonds Medienberichten zufolge allmählich die Geduld. Anfang
September kehrt die Troika, die ihren Bericht am 8.Oktober vorlegen
wird, nach Griechenland zurück. Meldungen und Gerüchte über die
Gespräche mit der griechischen Regierung bzw. Kritik seitens der
Inspektoren könnten ebenfalls für Marktturbulenzen sorgen. Das
Gleiche gilt für den Mittleren Osten. Israel droht unverhohlen mit
einem militärischen Schlag gegen die nuklearen Kapazitäten des Iran.
Folge eines solchen hoffentlich nicht bevorstehenden Schlags wäre
auch ein deutlicher Anstieg des Ölpreises.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft
zusehends verlangsamt. Anders als nach dem Lehman-Kollaps gilt dies
derzeit auch für die Schwellenländer und insbesondere China mit der
Folge, dass die mit lahmender Konjunktur bzw. zum Teil auch mit
Rezessionen kämpfenden Industrieländer immer weniger auf diesen
Hoffnungsträger bauen können. Gleichzeitig hat das Wachstum der
Unternehmen den Zenith erreicht bzw. in Teilbereichen überschritten.
'Nicht nur die Frühindikatoren, sondern auch die harten
Konjunkturdaten haben sich zuletzt weiter eingetrübt', so die
Landesbank Baden-Württemberg. Unter diesen Rahmenbedingungen habe
auch die in Europa fast abgeschlossene Berichtssaison Bremsspuren
gezeigt. In der Summe hätten die Quartalsergebnisse der
Euro-Stoxx-50-Konzerne unter dem Konsens gelegen. Dabei hätten eine
nachlassende Gewinndynamik bzw. teilweise sogar fallende Gewinne das
Gesamtbild geprägt. Die Sommer-Rally am Aktienmarkt vollzog damit vor
dem Hintergrund einer zunehmend Zeichen der Stagnation aufweisenden
Unternehmensgewinnentwicklung. Im Ergebnis ist die Bewertung des Dax
gestiegen. Auf Basis der Konsensprognosen für das laufende Jahr liegt
das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei 11. Das ist angesichts der Risiken nun
nicht mehr ein ausgesprochen günstiges Niveau, und ob die vom Konsens
erwartete Steigerung der Dax-Unternehmensgewinne im Jahr 2013 von
knapp 10% realistisch ist, ist vor dem Hintergrund der aktuellen
konjunkturellen Entwicklung fraglich.
(Börsen-Zeitung, 18.8.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
von Christopher Kalbhenn.
Frankfurt (ots) - Das allmählich auf die Nerven gehende Warten
darauf, dass der Dax auch noch die paar fehlenden Punkte schafft, die
bis zu Marke von 7000 fehlen, hat endlich ein Ende. Sieben
Handelstage lang hatte sich Deutschlands Blue-Chip-Index in einer
Seitwärtsbewegung von rund 6900 bis 7000 geziert, ehe er in der
abgelaufenen Woche endlich ein Einsehen hatte. Am Freitag kroch der
Index dann noch bis auf 7041 Punkte; ein dynamischer Durchbruch sieht
anders aus. Das zögerliche, vorsichtige sich Vortasten des
Aktienmarktes ist allerdings verständlicher als die Ungeduld, mit der
so mancher auf den Anstieg über 7000 Zähler wartete.
Das Wissen um die statistisch belegte Tatsache, dass der September
im Durchschnitt der zurückliegenden Jahrzehnte der Monat ist, in dem
der Dax seine schlechteste Performance zeigt, dürfte dabei - wenn
überhaupt - nur eine untergeordnete Rolle spielen. Entscheidend ist
vielmehr die Tatsache, dass im kommenden Monat eine Reihe von
Ereignissen bevorsteht, die erhebliche Rückschlagsrisiken bergen. Die
damit einhergehende Nervosität wiegt die vom Präsidenten der
Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, geschürte Hoffnung auf eine
Lösung oder zumindest deutliche Entspannung in der Schuldenkrise, die
den Dax in drei Wochen um 700 Punkte hat steigen lassen, zum Teil
auf.
Ernst wird es u.a. am 12. September. Das Bundesverfassungsgericht
verkündet an diesem Tag seine Entscheidung über die Zulässigkeit des
Rettungsfonds ESM. Es wird zwar erwartet, dass der Rettungsfonds
durchgewinkt wird. Risiken gehen jedoch von eventuellen
Einschränkungen der Möglichkeiten des ESM aus, die die Zuversicht
bezüglich Stützungsaktionen für die Peripheriestaaten schwinden
lassen könnten. Am selben Tag finden auch noch die Wahlen in den
Niederlanden statt, die dazu führen könnten, dass in einem weiteren
Geberland austeritätsfeindliche Kräfte die Regierungsgeschäfte
übernehmen.
Hinzu kommt die brisante Lage Griechenlands bzw. das Risiko eines
Euro-Austritts bzw. der Insolvenz der Hellenen in den kommenden
Wochen. Sicher ist nur, dass das Land die vereinbarten Auflagen nicht
erfüllen kann und weitere Finanzhilfen bzw. noch einen
Schuldenschnitt benötigt. Die Verschleppung der Insolvenz wird ebenso
wenig wie die finanzielle Unterstützung Griechenlands bis in alle
Ewigkeit fortgesetzt werden können. In den Geberländern formiert sich
dagegen zunehmend Widerstand, und zudem verliert der Internationale
Währungsfonds Medienberichten zufolge allmählich die Geduld. Anfang
September kehrt die Troika, die ihren Bericht am 8.Oktober vorlegen
wird, nach Griechenland zurück. Meldungen und Gerüchte über die
Gespräche mit der griechischen Regierung bzw. Kritik seitens der
Inspektoren könnten ebenfalls für Marktturbulenzen sorgen. Das
Gleiche gilt für den Mittleren Osten. Israel droht unverhohlen mit
einem militärischen Schlag gegen die nuklearen Kapazitäten des Iran.
Folge eines solchen hoffentlich nicht bevorstehenden Schlags wäre
auch ein deutlicher Anstieg des Ölpreises.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich das Wachstum der Weltwirtschaft
zusehends verlangsamt. Anders als nach dem Lehman-Kollaps gilt dies
derzeit auch für die Schwellenländer und insbesondere China mit der
Folge, dass die mit lahmender Konjunktur bzw. zum Teil auch mit
Rezessionen kämpfenden Industrieländer immer weniger auf diesen
Hoffnungsträger bauen können. Gleichzeitig hat das Wachstum der
Unternehmen den Zenith erreicht bzw. in Teilbereichen überschritten.
'Nicht nur die Frühindikatoren, sondern auch die harten
Konjunkturdaten haben sich zuletzt weiter eingetrübt', so die
Landesbank Baden-Württemberg. Unter diesen Rahmenbedingungen habe
auch die in Europa fast abgeschlossene Berichtssaison Bremsspuren
gezeigt. In der Summe hätten die Quartalsergebnisse der
Euro-Stoxx-50-Konzerne unter dem Konsens gelegen. Dabei hätten eine
nachlassende Gewinndynamik bzw. teilweise sogar fallende Gewinne das
Gesamtbild geprägt. Die Sommer-Rally am Aktienmarkt vollzog damit vor
dem Hintergrund einer zunehmend Zeichen der Stagnation aufweisenden
Unternehmensgewinnentwicklung. Im Ergebnis ist die Bewertung des Dax
gestiegen. Auf Basis der Konsensprognosen für das laufende Jahr liegt
das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei 11. Das ist angesichts der Risiken nun
nicht mehr ein ausgesprochen günstiges Niveau, und ob die vom Konsens
erwartete Steigerung der Dax-Unternehmensgewinne im Jahr 2013 von
knapp 10% realistisch ist, ist vor dem Hintergrund der aktuellen
konjunkturellen Entwicklung fraglich.
(Börsen-Zeitung, 18.8.2012)
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de