😎 Sommerzeit, Hammer-Deals! Bei InvestingPro winken jetzt bis zu 50% Rabatt auf KI-Aktien-TippsJETZT ZUGREIFEN

POLITIK/ROUNDUP: Anschlagsversuch zeigt Riss durch Argentiniens Gesellschaft

Veröffentlicht am 03.09.2022, 08:31
Aktualisiert 03.09.2022, 08:45
© Reuters.
TWTR
-

BUENOS AIRES (dpa-AFX) - Nach dem gescheiterten Anschlag auf die argentinische Vizepräsidentin Cristina Kirchner macht die Regierung die konservative Opposition und die Medien für den Angriff mitverantwortlich. "Es ist weder ein einsamer Verrückter noch ein Einzelfall: Es sind drei Tonnen von Leitartikeln in Zeitungen, Fernsehen und Radio, die den gewalttätigen Reden den Weg bereiten", schrieb Innenminister Eduardo de Pedro am Freitag (Ortszeit) auf Twitter (NYSE:TWTR). "Sie haben ein Klima des Hasses und der Rache gesät und heute wurde uns das Ergebnis präsentiert - das versuchte Attentat auch Cristina Kirchner."

Der gescheiterte Mordanschlag auf die genauso populäre wie umstrittene Politikerin rückt die tiefe Spaltung Argentiniens schmerzhaft in den Fokus. Die sogenannte "grieta" (Riss) zwischen Rechts und Links zieht sich durch die ganze Gesellschaft. Als starke Frau des linken Lagers wird Kirchner von ihren Anhängern fast religiös verehrt, von ihren Gegnern hingegen leidenschaftlich gehasst.

Tausende Menschen gingen am Freitag in Buenos Aires aus Solidarität mit Kirchner auf die Straße. "Angesichts des Mordversuchs gegen die wichtigste Politikerin des Landes, kann niemand, der die Republik verteidigt, schweigen oder seine ideologischen Differenzen über die einmütige Ablehnung stellen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die die Präsidentin des Schauspielerverbands, Alejandra Darín, auf der Plaza de Mayo vor dem Regierungssitz verlas. "Seit Jahren wiederholt ein kleiner Zirkel von Politikern und Medien einen Diskurs des Hasses, der Verleumdung, der Stigmatisierung und der Kriminalisierung jedes volksnahen Politikers oder Anhängers des Peronismus."

Kirchner war am Vorabend nur knapp einem Attentat entgangen. Als die Ex-Präsidentin (2007-2015) vor ihrer Wohnung im eleganten Stadtteil Recoleta in Buenos Aires ihre Anhänger begrüßte, richtete ein Mann aus kürzester Entfernung eine Waffe auf sie. Zeugenaussagen zufolge drückte er mindestens einmal ab, löste aber keinen Schuss aus. Daraufhin wurde er von Kirchners Anhängern niedergerungen und von der Polizei festgenommen.

Bei dem mutmaßlichen Täter handelte es sich Medienberichten zufolge um einen gebürtigen Brasilianer, der aber schon seit längerem in Argentinien lebte. Im März 2021 wurde bei dem Mann während einer Polizeikontrolle ein Messer sichergestellt. In den sozialen Netzwerken soll er rechtsextremen Gruppen gefolgt sein. Zuletzt wurde der 35-Jährige zweimal im Fernsehsender Crónica interviewt. Dabei sprach er sich gegen die Regierung und staatliche Sozialprogramme aus. Auf dem rechten Ellenbogen trägt er eine Tätowierung der schwarzen Sonne, die während der Nazi-Diktatur von der SS verwendet wurde und heute als Erkennungssymbol in der rechtsradikalen Szene gilt.

"Er war ein Außenseiter und hatte nichts zu verlieren, besonders nach dem Tod seiner Mutter. Man konnte alles von ihm erwarten", sagte ein früherer Freund des mutmaßlichen Täters im Fernsehen. "Ich glaube, er wollte sie töten, aber leider hat er das nicht vorher geübt." Offenbar war das Magazin der Tatwaffe bei dem Angriff geladen, allerdings befand sich keine Patrone im Lauf. Das hat Vizepräsidentin Kirchner offenbar das Leben gerettet.

Die 69-Jährige gilt als Strippenzieherin in der argentinischen Regierung. Zahlreiche Minister gehören zu ihrem Lager innerhalb der Koalition, zuletzt gelang es ihr immer wieder, der Regierung von Präsident Alberto Fernández ihren Willen aufzuzwingen. Für ihre Anhänger aus oft einfachen Verhältnissen gilt die stets elegant gekleidete und aufwendig frisierte Politikerin als Garantin für die für lateinamerikanische Verhältnisse üppigen Sozialprogramme in Argentinien.

Über ein großes Netzwerk von sozialen Bewegungen, Gewerkschaften und Parteigruppen wie die ihr treu ergebene Jugendorganisation La Cámpora dominiert die charismatische Politikerin die Straße. Das wurde zuletzt wieder deutlich, als die Staatsanwaltschaft in einem Korruptionsverfahren gegen Kirchner zwölf Jahre Haft und eine lebenslange Sperre für öffentliche Ämter forderte. Sie soll über zweifelhafte Bauaufträge den Staat um umgerechnet etwa eine Milliarde Euro gebracht haben. Seitdem kampierten ihre Anhänger aus Solidarität mit Kirchner auf der Straße vor ihrer Wohnung im eleganten Stadtteil Recoleta in Buenos Aires. Immer wieder kommt es zu Auseinandersetzungen mit Nachbarn und der Polizei.

Nach dem Anschlagsversuch gegen Kirchner warf auch Präsident Fernández der Opposition und den Medien vor, den Hass gegen seine Regierung zu schüren. Die Vorsitzende der konservativen Partei PRO warf dem Staatschef daraufhin vor, das gescheiterte Attentat politisch auszuschlachten. "Der Präsident spielt mit dem Feuer: Anstatt einen schwerwiegenden Vorfall ernsthaft zu untersuchen, beschuldigt er die Opposition und die Presse", schrieb Patricia Bullrich auf Twitter. "Er macht aus einem Akt individueller Gewalt eine politische Aktion. Bedauerlich.

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.