😎 Sommerzeit, Hammer-Deals! Bei InvestingPro winken jetzt bis zu 50% Rabatt auf KI-Aktien-TippsJETZT ZUGREIFEN

ROUNDUP 3: Bürgergeld nimmt letzte Hürde - 'Neues System weg von Hartz IV'

Veröffentlicht am 25.11.2022, 17:20
© Reuters.

(neu: Aktualisiert.)

BERLIN (dpa-AFX) - Mit dem Start des Bürgergelds erhalten Millionen Bedürftige zum 1. Januar deutlich höhere Bezüge. Nach wochenlangem Ringen nahm das zentrale sozialpolitische Projekt der Ampel-Koalition am Freitag die letzten Hürden. Bundestag und Bundesrat versammelten sich mit breiten Mehrheiten hinter dem Regelwerk, das auf Druck der Union verschärft worden war. In der Länderkammer sagte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD): "Wir schaffen ein neues System weg von Hartz IV zum Bürgergeld." Linke und AfD kritisierten die Reform. Arbeitgeber, Gewerkschaften und Sozialverbände reagieren verhalten positiv.

"Es geht um Schutz und Chancen", sagte Heil. "Mit dem Bürgergeld besteht die Chance, dass wir den Grundsatz von Schutz und Chancen in diesen Zeiten erneuern." Statt Massenarbeitslosigkeit wie zu Beginn von Hartz IV gebe es heute Vollbeschäftigung und Fachkräftemangel. Angesichts der hohen Inflation steigen die Bezüge in der Grundsicherung um mehr als 50 Euro. Alleinstehende erhalten 2023 monatlich 502 Euro.

Große Teile der Reform treten erst zum 1. Juli in Kraft. Die Jobcenter sollen sich dann stärker um Arbeitslose kümmern. Die Vermittlung in dauerhafte Arbeit anstatt in Helferjobs soll besser gelingen. Die Betroffenen sollen verstärkt weiterqualifiziert werden. Die Empfängerinnen und Empfänger der Grundsicherung dürfen künftig auch mehr hinzuverdienen, etwa mit Minijobs.

Den Beschlüssen war ein Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat vorausgegangen. Die Union hatte die ursprünglichen Pläne von SPD, Grünen und FDP abgelehnt. Ihr Hauptkritikpunkt war, Arbeitslose würden zu wenig zu eigener Mitwirkung angehalten. Die Balance von Fördern und Fordern sah die Union nicht mehr gewahrt. Im Bundesrat fiel das Bürgergeld deshalb zunächst durch.

In einem Seitenhieb auf die Union wandte sich Heil nun gegen den "Generalverdacht", dass Langzeitarbeitslose zu faul zum Arbeiten seien. In der abschließenden Debatte im Bundestag hatte FDP-Vize Johannes Vogel zuvor betont: "Fördern und Fordern gilt auch beim Bürgergeld." Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann sagte: "Die Methode Populismus hatte im Vermittlungsausschuss überhaupt keinen Raum." Sie habe sich gefragt, ob es daran liege, dass CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder nicht dabei gewesen seien.

Der AfD-Abgeordnete Götz Frömming bewertete das Bürgergeld als "Etikettenschwindel". Gesine Lötzsch von der Linken sagte: "Das Bürgergeld ist eben keine Überwindung von Hartz IV, es ist nur ein Täuschungsmanöver." Im Bundesrat begründete Thüringens Minister für Bundesangelegenheiten, Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), die Zustimmung seines Landes damit, dass es sich unter anderem bei den höheren Regelsätzen um nötige Sofortmaßnahmen handele.

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) versicherte, das Vorgehen der Union habe nichts mit Blockade zu tun gehabt. Ein guter Kompromiss sei gelungen. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) betonte, "dass wir neue Ansätze benötigen". Heute gebe es mehr Unqualifizierte und Menschen mit Migrationshintergrund, die eine Perspektive bräuchten. Seine rheinland-pfälzische Amtskollegin Malu Dreyer (SPD) sagte: "Ein Drittel der arbeitslosen Menschen haben keine abgeschlossene Ausbildung." Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte mit Blick auf die Union, die Debatte sei "vergiftet" geführt worden. Suggeriert worden sei, dass Arbeit sich nicht mehr lohne.

Verschärft wurden auf Druck von CDU und CSU entgegen Heils ursprünglichem Entwurf die möglichen Sanktionen. Bereits ab Januar sind Kürzungen des Bürgergelds gestaffelt und in Höhe von maximal 30 Prozent möglich, wenn sich Arbeitslose entgegen den Absprachen nicht auf eine Stelle bewerben oder eine Maßnahme zur Qualifizierung verweigern. Die Betroffenen dürfen zudem künftig weniger selbst angespartes Geld behalten als zunächst geplant. Dieses sogenannte Schonvermögen beträgt in einer "Karenzzeit" von einem Jahr künftig 40 000 Euro.

Im Bundestag stimmten 557 Abgeordnete für die Änderungen durch den Vermittlungsausschuss. Den Kompromiss ausgehandelt hatte eine informelle Runde von Ampel-Koalition und Union. Die AfD kritisierte das Vorgehen deshalb als nicht verfassungsgemäß. Abschließend bekam das Bürgergeld eine "sehr große Mehrheit" im Bundesrat, wie der Bundesratspräsident, Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), feststellte. Bayern hatte sich enthalten.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sprach von einem "nachgebesserten Hartz-IV-Gesetz". Die Integration in die Betriebe könne gelingen - "mit Fördern und Fordern, Qualifizierung, Coaching und gezielter Unterstützung". Die Jobcenter müssten dafür aber angemessen ausgestattet werden. DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel sagte, die Ampel habe viele wesentliche Verbesserungen des Bürgergelds in den Verhandlungen mit der Union gerettet.

Vanessa Ahuja vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit bewertete das als "wichtige Reform". Sie sagte: "Bei den Fördermöglichkeiten wird unser Instrumentenkasten größer." Die Vorsitzende des Sozialverbandes Deutschland, Michaela Engelmeier, sagte: "Nun ist es wichtig, dass spalterische Rhetorik, die unterschiedliche Gruppen gegeneinander aufhetzt, endlich beendet wird.

Aktuelle Kommentare

Installieren Sie unsere App
Risikohinweis: Beim Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen bestehen erhebliche Risiken, die zum vollständigen oder teilweisen Verlust Ihres investierten Kapitals führen können. Die Kurse von Kryptowährungen unterliegen extremen Schwankungen und können durch externe Einflüsse wie finanzielle, regulatorische oder politische Ereignisse beeinflusst werden. Durch den Einsatz von Margin-Trading wird das finanzielle Risiko erhöht.
Vor Beginn des Handels mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen ist es wichtig, die damit verbundenen Risiken vollständig zu verstehen. Es wird empfohlen, sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten zu lassen.
Fusion Media weist darauf hin, dass die auf dieser Website bereitgestellten Kurse und Daten möglicherweise nicht in Echtzeit oder vollständig genau sind. Diese Informationen werden nicht unbedingt von Börsen, sondern von Market Makern zur Verfügung gestellt, was bedeutet, dass sie indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sein können. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für Handelsverluste, die durch die Verwendung dieser Daten entstehen können.
Die Nutzung, Speicherung, Vervielfältigung, Anzeige, Änderung, Übertragung oder Verbreitung der auf dieser Website enthaltenen Daten ohne vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenproviders ist untersagt. Alle Rechte am geistigen Eigentum liegen bei den Anbietern und/oder der Börse, die die Daten auf dieser Website bereitstellen.
Fusion Media kann von Werbetreibenden auf der Website aufgrund Ihrer Interaktion mit Anzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.
Im Falle von Auslegungsunterschieden zwischen der englischen und der deutschen Version dieser Vereinbarung ist die englische Version maßgeblich.
© 2007-2024 - Fusion Media Limited. Alle Rechte vorbehalten.