AMSTERDAM/RÜSSELSHEIM (dpa-AFX) - Der Autobauer Stellantis (NYSE:STLA) hat auch im dritten Jahr seines Bestehens mehr Fahrzeuge verkauft und deutlich mehr verdient. Die wochenlangen Streiks in Nordamerika aber hinterließen ihre Spuren, im Tagesgeschäft arbeitete der weltweit viertgrößte Fahrzeughersteller weniger profitabel. Analysten hatten damit aber in etwa gerechnet. Der Vorstand sieht unterdessen auf die Branche in diesem Jahr erhebliche Schwierigkeiten zukommen. Auch Konkurrent Renault (EPA:RENA) hatte sich bereits vorsichtig zu den weiteren Aussichten geäußert.
Stellantis richtet sich darauf ein, dass das weltweit steigende Fahrzeugangebot und das schwache Wirtschaftsumfeld auf den Preisen an den Automärkten lasten wird. "Das Preisumfeld hat sich erheblich normalisiert im Vergleich zu dem, was wir in der Vergangenheit gesehen haben", sagte Finanzchefin Natalie Knight am Donnerstag in einer Gesprächsrunde mit Journalisten.
Der Vielmarkenkonzern Stellantis will auf diese Herausforderungen unter anderem mit neuen Modellen reagieren, wie Knight sagte. Auf der Positivseite dürften sich laut dem Management in diesem Jahr niedrigere Rohstoff- und Logistikkosten bemerkbar machen.
An der Börse kamen unterdessen die 2023er-Zahlen von Stellantis gut an, ebenso wie die von Renault. Die Experten von Jefferies hoben insbesondere die überraschend hohe Dividende bei Renault hervor und sprachen von einem soliden Ausblick. Renault-Papiere verteuerten sich zuletzt um sechs Prozent und kosteten damit so viel wie seit Juli 2023 nicht mehr. Die Stellantis-Aktie erreichte unterdessen ein neues Hoch bei 23,68 Euro und lag zuletzt noch mit rund 4 Prozent Kursplus weit vorn im EuroStoxx 50 .
Im vergangenen Jahr verkaufte Stellantis mit Marken wie Peugeot (EPA:PEUP), Fiat und Opel 6,2 Millionen Fahrzeuge, sieben Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Hierzu trug auch das kräftige Wachstum bei den E-Autos bei. Damit konnte sich der Hersteller noch vergleichsweise gut gegen die mächtige Konkurrenz von Tesla (NASDAQ:TSLA) durchsetzen, aber auch gegen den zunehmenden Preisdruck von E-Fahrzeug-Herstellern aus China. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Wachstumsraten im E-Autogeschäft aber auch bei Stellantis deutlich zurückgekommen. Konzernchef Carlos Tavares will den Kampf nun aufnehmen und hatte dazu bereits kürzlich auch weitere Übernahmen angekündigt.
Probleme hatte Stellantis wegen der Streiks im vergangenen Jahr auf dem nordamerikanischen Markt, der größten Absatzregion des Konzerns mit Marken wie Chrysler, Ram und Dodge. In der zweiten Jahreshälfte gingen die Auslieferungen dort im Vergleich zum Vorjahr zurück.
Dank des stärkeren ersten Halbjahrs verzeichnete der Konzern in den USA, Kanada und Mexiko auf Jahressicht aber noch ein Plus von zwei Prozent. Wochenlang waren Beschäftige in Fabriken des Konzerns, aber auch bei Ford (NYSE:F) und General Motors (NYSE:GM) in den Ausstand getreten. Am Ende einigten sich alle drei Hersteller mit den Gewerkschaften auf kräftige Gehaltssteigerungen.
In Europa lieferte Stellantis in den zwölf Berichtsmonaten sieben Prozent mehr Autos an Kunden aus, auch dank eines Anstiegs bei der deutschen Tochter Opel, für die der Konzern allerdings keine detaillierten Finanzzahlen nannte. Das stärkste Wachstum mit fast 60 Prozent verzeichnete der Konzern im Mittleren Osten und in Afrika, während durch das schwache Wirtschaftsumfeld insbesondere in China die Verkäufe in der zugehörigen Region um fast ein Viertel einbrachen.
Der Umsatz lag konzernweit mit knapp 190 Milliarden Euro um sechs Prozent auf über dem Vorjahreswert. Unter dem Strich stieg der auf die Aktionäre entfallende Gewinn im Vergleich um knapp elf Prozent auf fast 18,6 Milliarden Euro. Die bereinigte Marge im Tagesgeschäft sank allerdings wegen der Streiks um 0,6 Prozentpunkte auf 12,8 Prozent. Analysten hatten damit aber bereits in etwa gerechnet. Für das laufende Jahr hält Konzernchef Carlos Tavares an seinen Minimalambitionen fest und verspricht mindestens prozentual zweistellige Margen. Der Manager trimmt den erst Anfang 2021 entstandenen Konzern auch durch Einsparungen auf mehr Rendite.
Zudem kündigte der Vorstand für 2024 ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von drei Milliarden Euro an. Die Aktionäre sollen für das vergangene Jahr eine Dividende von 1,55 Euro je Aktie erhalten, rund 16 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Den Renault-Aktionären winkt eine noch deutlich stärkere Dividendenanhebung, die Ausschüttung soll von den im Vorjahr gezahlten 0,25 Euro je Aktie auf 1,85 Euro steigen. Der Konzern kann sich das dank eines Gewinns von 2,2 Milliarden Euro wieder leisten, nachdem 2022 die Aufgabe des Russland-Geschäfts für einen Verlust von 354 Millionen Euro gesorgt hatte. 2023 profitierte Renault zudem von Preiserhöhungen und einem Anstieg der Verkaufszahlen, der Umsatz kletterte um 13 Prozent auf 52,4 Milliarden Euro.
Mit Blick auf 2024 schlug das Management jedoch ähnliche Töne an wie Stellantis. Man bleibe hinsichtlich der Absatzvolumina eher vorsichtig, sagte Finanzchef Thierry Pieton. In Europa und Lateinamerika rechne der Konzern lediglich mit stabilen Verkaufszahlen.
Vor allem im Kampf auf dem E-Automarkt hatte der Konzern zuletzt erhebliche Schwierigkeiten. Nachdem die Pläne für einen Börsengang der E-Autosparte Ampere inzwischen auf Eis gelegt sind, will sich das Management um Chef Luca de Meo nun auf Partnerschaften in dem Bereich konzentrieren, um Kosten zu senken. Zudem soll das Produktangebot überarbeitet werden, zehn neue Autos kommen in diesem Jahr auf den Markt, darunter das wichtige E-Modell R5. "Wir werden Autos mit einem bestimmten Margenniveau durch deutlich profitablere Modelle ersetzen", kündigte Pieton vor Journalisten an.