Investing.com - Die Federal Reserve hat seit Ende Juli das Leitzinsniveau drei Mal gesenkt und im Dezember eine Zinspause signalisiert. Liegt sie richtig, oder befindet sie sich damit auf dem Holzweg? Die Experten der US-Großbank Wells Fargo sind der Meinung: die US-Notenbank könnte mit ihren jüngsten zinspolitischen Maßnahmen goldrichtig liegen.
Die Annahme: sobald die effektive Fed-Funds-Rate über den geschätzten neutralen Zins steigt, signalisiert dies, dass die Geldpolitik angesichts des Inflationsdrucks in der Wirtschaft und der Wahrscheinlichkeit einer Rezession zu straff ist. Dies passiert häufig dann, wenn der Offenmarktausschuss der Federal Reserve Zinserhöhungszyklen ins Visier nimmt, um eine Überhitzung der Wirtschaft zu verhindern. Wie Wells Fargo erklärt, habe das FOMC beispielsweise in den Jahren 2000 und 2006 die Zinssätze weit über den natürlichen Zins hinaus angehoben und damit deren Schätzung des entsprechenden r-optimal um gut 50 Basispunkte auf der Grundlage eines gleitenden Vierteljahresdurchschnitts überschritten. In beiden Fällen geriet die Wirtschaft anschließend in eine schwere Rezession.
Ende 2018 befand sich die Fed in einer ähnlichen Situation wie damals, wie die US-Großbank erklärt. Nach vier Zinserhöhungen im Verlauf des Jahres hatte das FOMC den Leitzins im gleitenden Vierteljahresdurchschnitt um fast 40 Basispunkte über die Schätzung des natürlichen Zins hinaus angehoben. Die zunehmende Unsicherheit im Handel und das sich verschlechternde Auslandswachstum veranlassten das FOMC jedoch letztendlich dazu, einen ähnlichen Pfad wie in der Mitte des Konjunkturzyklus der 1990er Jahre einzuschlagen. „Indem das FOMC eine Änderung der Geldpolitik signalisierte und die Zinssätze in drei Sitzungen um insgesamt 75 Basispunkte senkte, trug das FOMC dazu bei, Rezessionsängste zu zerstreuen und den angeschlagenen Immobiliensektor des Landes wieder zu beleben“, erklärt Jay H. Bryson, Ph.D. bei Wells Fargo.
Diese Zinssenkungen der Fed haben den Leitzins so auf ein Niveau gebracht, der mit den Wells Fargo-Prognosen des optimalen Leitzinses übereinstimmt. "Das bedeutet, dass das FOMC, wenn sich die Konjunktur in den nächsten zwei Jahren allmählich entsprechend unserer Prognose verbessert, bis 2021 keine Zinsanpassung vornehmen muss".
Sollte das reale BIP-Wachstum deutlich stärker als erwartet ausfallen, dann könnte die Fed sogar wieder über Zinserhöhungen diskutieren. Dies werde wahrscheinlich aber erst 2021 passieren, glaubt Wells Fargo.
Der Analyse von Wells Fargo zufolge lag die Federal Reserve mit ihrem Mini-Zinssenkungszyklus seit Ende Juli also goldrichtig.
von Robert Zach