(Neu: Reaktion Insolvenzrichter im zweiten Absatz)
BLAUBEUREN (dpa-AFX) - Mit dem Unternehmen Centrotherm steht nun auch der erste auf die Solarindustrie spezialisierte Maschinenbauer vor der Pleite. Doch das in akute Finanznot geratene Unternehmen will das Ruder selbst in der Hand behalten. Centrotherm habe beim Amtsgericht Ulm einen Antrag auf die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt, teilte die Gesellschaft aus Bleubeuren am späten Dienstagabend mit. Zudem will Centrotherm die erst seit März geltende Möglichkeit zur einfacheren Sanierung von Unternehmen nutzen. Mit dem sogenannten Schutzschirmverfahren will sich Centrotherm für drei Monate vor den Forderungen seiner Gläubiger schützen und sich unter eigener Führung sanieren. Nicht nur die Aktien des bis vor kurzem noch erfolgsverwöhnten Maschinenbauers rutschten am Mittwoch in die Tiefe, auch andere Titel aus dem Solarsektor verloren an Wert.
Nun liegt der Ball beim Amtsgericht. 'Wir prüfen jetzt den Antrag', sagte Insolvenzrichter Benjamin Webel am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Voraussetzung für den 'Schutzschirm' sei eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung. Zudem dürfe eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos sein, sagte Webel. Wenn das Gericht die Anträge nicht genehmigt, könnte das bedeuten, dass ein Insolvenzverwalter eingesetzt wird und die bisherige Firmenspitze an Einfluss verliert. Dann würde das Unternehmen möglicherweise abgewickelt. Centrotherm hat einen massiven Markteinbruch zu verkraften, laut Insidern brachen vor allem Aufträge aus Asien weg. Schon vor einem Monat war das Unternehmen in massive Finanzierungsprobleme geraten, weil Kreditversicherer Warenlieferungen an die Firma nicht mehr weiter versichern wollten. Zum Jahresauftakt war Centrotherm in die roten Zahlen gerutscht.
CENTROTHERM: 'WEITER HANDLUNGSFÄHIG'
Centrotherm hat den Rechts- und Fachanwalt für Insolvenzrecht, Tobias Hoefer, in den Vorstand berufen. Dieser soll bei der Rettung des Unternehmens helfen. Centrotherm betont zudem, im Tagesgeschäft weiter handlungsfähig zu sein. 'Da wir weiterhin zahlungsfähig sind, können wir sowohl Kundenaufträge planmäßig abarbeiten, wie auch unsere Lieferanten bezahlen', wird Vorstandschef Robert M. Hartung in der Mitteilung des Unternehmens zitiert.
Verbindlichkeiten aus der Zeit vor dem Antrag würden während des Schutzschirmverfahrens aber nicht beglichen. Zur Höhe dieser Verbindlichkeiten und den konkreten Gläubigern wollte Centrotherm nichts sagen. Aus dem Bericht zum Ende März abgelaufenen ersten Quartal ist zu entnehmen, dass das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt kurzfristige Schulden in Höhe von 271,3 Millionen Euro hatte. Dem standen frei verfügbare Zahlungsmittel in Höhe von knapp 90 Millionen Euro gegenüber. Das Unternehmen kündigte an, die Schulden im Rahmen des Sanierungskonzepts 'bestmöglich' befriedigen zu wollen. Diese Konzept soll mit den Gläubigern abgestimmt werden.
BISHER KEINE AUSSAGEN ZUM MÖGLICHEN SANIERUNGSKONZEPT
Offen blieb, wie ein Sanierungskonzept und somit eine Lösung für die Gläubiger aussehen soll. Nach Ansicht von Insidern könnte etwa - wie schon in anderen Fällen in der Solarbranche - einer Umwandlung von Gläubigeransprüchen in Aktien eine Möglichkeit sein. Centrotherm wolle sich nicht an Spekulationen über mögliche Lösungen beteiligen. Möglicherweise könne es bei der für den 9. August geplanten Vorlage der Halbjahreszahlen mehr Informationen geben, sagte eine Sprecherin.
Centrotherm leidet wie andere unter dem hohen Preisdruck in der Photovoltaikbranche. Viele Kunden können sich derzeit keine Investitionen in neue Maschinen leisten, so dass die Krise auch die Maschinenbauer in Mitleidenschaft zieht. In den vergangenen Monaten mussten mehrere Solarhersteller hierzulande Insolvenz anmelden, darunter der frühere Marktführer Q-Cells. Als ein Auslöser für die Pleitewelle gilt der extreme Preisdruck durch Billig-Konkurrenz aus China und allgemein sinkende Subventionen für die Branche.
'WEITERE KAPAZITÄTS- UND KOSTENSENKUNGEN'
Dies mache auch für Centrotherm weitere Kapazitäts- und Kostensenkungen nötig, teilte das Unternehmen mit. Inwieweit weitere Arbeitsplätze betroffen sind, konnte die Sprecherin am Mittwoch noch nicht sagen. Zur Jahresmitte ist die Zahl der Mitarbeiter bereits auf 1.400 zurückgegangen, Ende 2011 hatte Centrotherm noch 1.900 Beschäftigte.
Obwohl die Schieflage bei Centrotherm zum Teil schon im vergangenen Monat an die Öffentlichkeit gelangte, verloren die Aktien am Mittwoch zeitweise mehr als 75 Prozent und waren damit kaum noch 50 Cent wert. Vor einem Jahr hatten die Titel noch mehr als 26 Euro gekostet. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) betonte indes, dass der Insolvenzantrag dem Unternehmen Zeit für eine Sanierung verschaffe. Die drohende Zahlungsunfähigkeit sei ein wichtiges Argument in möglichen Nachverhandlungen mit Kunden aus dem arabischen Raum. 'Algerien und Katar haben mit diesem Schritt ein klares Zeichen bekommen, dass deren Prestigeprojekte scheitern könnten, wenn man keine Zugeständnisse macht', hieß es in einem Kommentar der LBBW./nmu/rum/zb/stb
BLAUBEUREN (dpa-AFX) - Mit dem Unternehmen Centrotherm
Nun liegt der Ball beim Amtsgericht. 'Wir prüfen jetzt den Antrag', sagte Insolvenzrichter Benjamin Webel am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Voraussetzung für den 'Schutzschirm' sei eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung. Zudem dürfe eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos sein, sagte Webel. Wenn das Gericht die Anträge nicht genehmigt, könnte das bedeuten, dass ein Insolvenzverwalter eingesetzt wird und die bisherige Firmenspitze an Einfluss verliert. Dann würde das Unternehmen möglicherweise abgewickelt. Centrotherm hat einen massiven Markteinbruch zu verkraften, laut Insidern brachen vor allem Aufträge aus Asien weg. Schon vor einem Monat war das Unternehmen in massive Finanzierungsprobleme geraten, weil Kreditversicherer Warenlieferungen an die Firma nicht mehr weiter versichern wollten. Zum Jahresauftakt war Centrotherm in die roten Zahlen gerutscht.
CENTROTHERM: 'WEITER HANDLUNGSFÄHIG'
Centrotherm hat den Rechts- und Fachanwalt für Insolvenzrecht, Tobias Hoefer, in den Vorstand berufen. Dieser soll bei der Rettung des Unternehmens helfen. Centrotherm betont zudem, im Tagesgeschäft weiter handlungsfähig zu sein. 'Da wir weiterhin zahlungsfähig sind, können wir sowohl Kundenaufträge planmäßig abarbeiten, wie auch unsere Lieferanten bezahlen', wird Vorstandschef Robert M. Hartung in der Mitteilung des Unternehmens zitiert.
Verbindlichkeiten aus der Zeit vor dem Antrag würden während des Schutzschirmverfahrens aber nicht beglichen. Zur Höhe dieser Verbindlichkeiten und den konkreten Gläubigern wollte Centrotherm nichts sagen. Aus dem Bericht zum Ende März abgelaufenen ersten Quartal ist zu entnehmen, dass das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt kurzfristige Schulden in Höhe von 271,3 Millionen Euro hatte. Dem standen frei verfügbare Zahlungsmittel in Höhe von knapp 90 Millionen Euro gegenüber. Das Unternehmen kündigte an, die Schulden im Rahmen des Sanierungskonzepts 'bestmöglich' befriedigen zu wollen. Diese Konzept soll mit den Gläubigern abgestimmt werden.
BISHER KEINE AUSSAGEN ZUM MÖGLICHEN SANIERUNGSKONZEPT
Offen blieb, wie ein Sanierungskonzept und somit eine Lösung für die Gläubiger aussehen soll. Nach Ansicht von Insidern könnte etwa - wie schon in anderen Fällen in der Solarbranche - einer Umwandlung von Gläubigeransprüchen in Aktien eine Möglichkeit sein. Centrotherm wolle sich nicht an Spekulationen über mögliche Lösungen beteiligen. Möglicherweise könne es bei der für den 9. August geplanten Vorlage der Halbjahreszahlen mehr Informationen geben, sagte eine Sprecherin.
Centrotherm leidet wie andere unter dem hohen Preisdruck in der Photovoltaikbranche. Viele Kunden können sich derzeit keine Investitionen in neue Maschinen leisten, so dass die Krise auch die Maschinenbauer in Mitleidenschaft zieht. In den vergangenen Monaten mussten mehrere Solarhersteller hierzulande Insolvenz anmelden, darunter der frühere Marktführer Q-Cells
'WEITERE KAPAZITÄTS- UND KOSTENSENKUNGEN'
Dies mache auch für Centrotherm weitere Kapazitäts- und Kostensenkungen nötig, teilte das Unternehmen mit. Inwieweit weitere Arbeitsplätze betroffen sind, konnte die Sprecherin am Mittwoch noch nicht sagen. Zur Jahresmitte ist die Zahl der Mitarbeiter bereits auf 1.400 zurückgegangen, Ende 2011 hatte Centrotherm noch 1.900 Beschäftigte.
Obwohl die Schieflage bei Centrotherm zum Teil schon im vergangenen Monat an die Öffentlichkeit gelangte, verloren die Aktien am Mittwoch zeitweise mehr als 75 Prozent und waren damit kaum noch 50 Cent wert. Vor einem Jahr hatten die Titel noch mehr als 26 Euro gekostet. Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) betonte indes, dass der Insolvenzantrag dem Unternehmen Zeit für eine Sanierung verschaffe. Die drohende Zahlungsunfähigkeit sei ein wichtiges Argument in möglichen Nachverhandlungen mit Kunden aus dem arabischen Raum. 'Algerien und Katar haben mit diesem Schritt ein klares Zeichen bekommen, dass deren Prestigeprojekte scheitern könnten, wenn man keine Zugeständnisse macht', hieß es in einem Kommentar der LBBW./nmu/rum/zb/stb