FRANKFURT (dpa-AFX) - Ägyptens Tourismus liegt nach dem politischen Umsturz und den Unruhen am Boden. Kaum ein Veranstalter bringt noch Gäste in das nordafrikanische Land, das wegen seiner Tauchgebiete im Roten Meer, des Nils und der Pyramiden lange hoch in der Gunst der Urlauber stand. Soll es für den Tourismus im Land wieder aufwärts gehen, müsste sich die politische Lage erst einmal beruhigen. Doch danach sieht es spätestens nach dem jüngsten Anschlag auf den ägyptischen Innenminister derzeit nicht aus.
In der vergangenen Woche sagten die deutschen Branchengrößen Tui, Thomas Cook mit Neckermann Reisen und Alltours alle Ägyptenreisen bis 29. September ab. Die Rewe-Sparte 'Der-Touristik' schließt sich dem einer Sprecherin zufolge an. Als einer der wenigen Anbieter bringt der Münchner Veranstalter FTI auch trotz der jüngsten Anschläge weiterhin Menschen in das Land am Nil. 'Wir gehen davon aus, dass sich die Lage in den nächsten Wochen beruhigt und der Tourismus sich auch schnell wieder erholt', sagte FTI-Chef Dietmar Gunz kürzlich dem Branchenmagazin 'fvw'. In der Tourismus-Branche wirft man dem Unternehmen nun fehlende Loyalität vor.
Rein rechtlich gesehen hat sich FTI jedoch nichts zuschulden kommen lassen. Die Münchner wollen weiterhin auf Reisen nach Ägypten setzen. Viel bleibt dem Unternehmen nicht übrig, brachte es jüngst doch so viele Menschen aus Deutschland in das nordafrikanische Land wie kein anderer Veranstalter. FTI hatte erst zu Jahresbeginn sein Angebot an Ägypten-Reisen verfünffacht. So wird neben der politischen Lage auch die Aufstellung der Konzerne ein Kriterium für das weitere Vorgehen.
Die vorläufige Absagen der Ägypten-Reisen sind für die deutschen Veranstalter und die örtliche Reisebranche ein riskanter Schritt. Zum einen müssten die Reisekonzerne kurzfristig einen großen Mehraufwand und eine finanzielle Belastung schultern, sagt Tourismus-Professor Karl Born. Er war einst Vorstand bei Europas größtem Reisekonzern Tui. Hinzu kommt ein schwerer Imageschaden für das Urlaubsland.
Für die Veranstalter sind die Folgen allerdings nicht so verheerend, wie man annehmen könnte. Bei Tui macht das Ägyptengeschäft lediglich fünf Prozent des Umsatzes aus. Insidern zufolge hatte der Reisekonzern von vornherein weniger Reisen in die Region eingeplant. Dennoch hat Tui ein Interesse daran, dass sich die Lage bald bessert. Die Tui-eigenen Hotelmarken Iberotel, Robinson und Sensimar sind in der Urlaubsregion vertreten - und deren Zimmer stehen im Zweifel leer.
Touristik-Experte Jochen Rothenbacher von der Investmentbank Equinet beziffert den wirtschaftlichen Schaden für die Reiseveranstalter auf überschaubare 10 bis 20 Millionen Euro. Die großen Konzerne könnten mit unvorhersehbaren Geschehnissen umgehen, sagt er. Ihre Kunden könnten sie kurzfristig auf andere Warmwasserziele wie die Kanaren umbuchen. Für Ägypten stünden vier bis acht Alternativziele zur Verfügung, sagt Tourismusforscher Jürgen Schmude, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Winter sieht es allerdings anders aus. 'Die deutschen Veranstalter brauchen Ägypten', sagte der Sprecher von Der-Touristik, Sören Hartmann, dem Magazin 'fvw'. 'Im Winter lässt sich das Volumen gar nicht von anderen Zielgebieten auffangen.'
In einem Punkt sind sich Wissenschaftler und Veranstalter einig. Mit Niedrigpreis-Aktionen lassen sich verunsicherte Touristen nicht für einen Urlaub am Roten Meer gewinnen. Ägyptens Tourismusminister Hisham Zaazou setzt auf Werbekampagnen. Für das Land ist es wichtig, dass der Strom der Reisenden nicht abreißt. Das Bruttosozialprodukt Ägyptens hängt zu zwölf Prozent vom Tourismus ab, die Branche stellt vier Millionen Arbeitsplätze. Um den Tourismus zu stützen, bezuschussen die Ägypter Flüge in ihr Land. Inzwischen gibt es schon Geld, wenn eine Maschine nur zu 40 Prozent ausgelastet ist. Bislang hatte die Mindestauslastung bei 65 Prozent gelegen.
Wie viel solche Maßnahmen helfen, ist fraglich, solange die politische Unsicherheit anhält. Die Nahost-Experten des Politik-Analyseinstituts Stratfor erwarten nicht, dass sich an dem autokratischen Regierungsstil so bald etwas ändert. So bleibt zu hoffen, dass sich die Lage schnellstmöglich beruhigt. Tourismusforscher Schmude erwartet, dass die Ägypten-Fans in diesem Fall schnell wieder zurückkommen dürften: 'Das Gedächtnis der Touristen sehr kurz und die Ereignisse schnell vergessen', ist der Professor überzeugt./hosseg/stw/zb/stb
--- Von Svenja Eggeling, dpa-AFX ---
In der vergangenen Woche sagten die deutschen Branchengrößen Tui
Rein rechtlich gesehen hat sich FTI jedoch nichts zuschulden kommen lassen. Die Münchner wollen weiterhin auf Reisen nach Ägypten setzen. Viel bleibt dem Unternehmen nicht übrig, brachte es jüngst doch so viele Menschen aus Deutschland in das nordafrikanische Land wie kein anderer Veranstalter. FTI hatte erst zu Jahresbeginn sein Angebot an Ägypten-Reisen verfünffacht. So wird neben der politischen Lage auch die Aufstellung der Konzerne ein Kriterium für das weitere Vorgehen.
Die vorläufige Absagen der Ägypten-Reisen sind für die deutschen Veranstalter und die örtliche Reisebranche ein riskanter Schritt. Zum einen müssten die Reisekonzerne kurzfristig einen großen Mehraufwand und eine finanzielle Belastung schultern, sagt Tourismus-Professor Karl Born. Er war einst Vorstand bei Europas größtem Reisekonzern Tui. Hinzu kommt ein schwerer Imageschaden für das Urlaubsland.
Für die Veranstalter sind die Folgen allerdings nicht so verheerend, wie man annehmen könnte. Bei Tui macht das Ägyptengeschäft lediglich fünf Prozent des Umsatzes aus. Insidern zufolge hatte der Reisekonzern von vornherein weniger Reisen in die Region eingeplant. Dennoch hat Tui ein Interesse daran, dass sich die Lage bald bessert. Die Tui-eigenen Hotelmarken Iberotel, Robinson und Sensimar sind in der Urlaubsregion vertreten - und deren Zimmer stehen im Zweifel leer.
Touristik-Experte Jochen Rothenbacher von der Investmentbank Equinet beziffert den wirtschaftlichen Schaden für die Reiseveranstalter auf überschaubare 10 bis 20 Millionen Euro. Die großen Konzerne könnten mit unvorhersehbaren Geschehnissen umgehen, sagt er. Ihre Kunden könnten sie kurzfristig auf andere Warmwasserziele wie die Kanaren umbuchen. Für Ägypten stünden vier bis acht Alternativziele zur Verfügung, sagt Tourismusforscher Jürgen Schmude, Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Im Winter sieht es allerdings anders aus. 'Die deutschen Veranstalter brauchen Ägypten', sagte der Sprecher von Der-Touristik, Sören Hartmann, dem Magazin 'fvw'. 'Im Winter lässt sich das Volumen gar nicht von anderen Zielgebieten auffangen.'
In einem Punkt sind sich Wissenschaftler und Veranstalter einig. Mit Niedrigpreis-Aktionen lassen sich verunsicherte Touristen nicht für einen Urlaub am Roten Meer gewinnen. Ägyptens Tourismusminister Hisham Zaazou setzt auf Werbekampagnen. Für das Land ist es wichtig, dass der Strom der Reisenden nicht abreißt. Das Bruttosozialprodukt Ägyptens hängt zu zwölf Prozent vom Tourismus ab, die Branche stellt vier Millionen Arbeitsplätze. Um den Tourismus zu stützen, bezuschussen die Ägypter Flüge in ihr Land. Inzwischen gibt es schon Geld, wenn eine Maschine nur zu 40 Prozent ausgelastet ist. Bislang hatte die Mindestauslastung bei 65 Prozent gelegen.
Wie viel solche Maßnahmen helfen, ist fraglich, solange die politische Unsicherheit anhält. Die Nahost-Experten des Politik-Analyseinstituts Stratfor erwarten nicht, dass sich an dem autokratischen Regierungsstil so bald etwas ändert. So bleibt zu hoffen, dass sich die Lage schnellstmöglich beruhigt. Tourismusforscher Schmude erwartet, dass die Ägypten-Fans in diesem Fall schnell wieder zurückkommen dürften: 'Das Gedächtnis der Touristen sehr kurz und die Ereignisse schnell vergessen', ist der Professor überzeugt./hosseg/stw/zb/stb
--- Von Svenja Eggeling, dpa-AFX ---