FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 16. April 2014. Vom Optimismus der vergangenen Wochen und Monate ist nicht mehr viel übrig. Technische Analysten sehen mehrheitlich deutliche Risiken für den DAX auf der Abwärtsseite.
Skepsis macht sich breit. Nach den Kursverlusten des DAX in der vergangenen Woche und dem erneuten Rücksetzer am gestrigen Dienstag schätzen technische Analysten die Verfassung des deutschen Leitindexes zunehmend als labil ein. Wieland Staud von Staud Research betont, dass mit dem gestrigen Kursrutsch bereits der erste wesentliche Aufwärtstrend des Börsenbarometers gebrochen worden sei. Ob das knapp darunter liegende Auffangnetz halte, erscheine aktuell mehr als fraglich. "Der DAX wird weiter zurückkommen. Wahrscheinlich befindet er sich in einer "Elliott C"-Welle, die ihn möglicherweise sogar noch signifikant unter die Märztiefs bei rund 8.930 Punkten zurückführen wird", warnt der technische Analyst und versieht eine Fortsetzung des übergeordneten Aufwärtstrends mittlerweile mit Fragezeichen.
Kursgewinne zum Abbau nutzen
Auch Christian Schmidt von der Helaba zeigt sich mit Blick auf das Chartbild des DAX alles andere als optimistisch. Der gestrige Tag habe deutliche Spuren hinterlassen, erklärt der Techniker und ergänzt, dass der Bruch der Unterstützungsmarken im Bereich von 9.312/9.327 Zählern angesichts der gestern ausgebildeten langen Abwärtskerze einen relativ nachhaltigen Charakter bekomme. "Heute ist zwar ein Rücklauf in die genannte Zone durchaus möglich. Aber spätestens dann wird sich zeigen müssen, ob die Kraft des DAX für mehr als nur einen short squeeze' ausreichen wird." Angesichts der mittlerweile sehr ausgeprägten, negativen Verfassung des mittelfristigen Trends stellt sich nach Ansicht von Schmidt aktuell vielmehr die Frage, ob der Rücklauf nicht eine gute Chance zum Abbau von Positionen darstellt.
Am Mittwochmittag notiert das deutsche Börsenbarometer 0,7 Prozent im Plus bei 9.240 Punkten und damit rund 250 Stellen tiefer als vor einer Woche.
Richtungswechsel wenig wahrscheinlich
Nach Einschätzung von Jörg Scherer, technischer Analyst der HSBC, spricht nicht zuletzt die aktuelle Indikatorenlage gegen kurzfristig steigende Notierungen. "Auf Tagesbasis bietet das bestehende Ausstiegssignal des MACD wenig Nährboden für einen Richtungswechsel, aber auch auf der höheren Zeitebene bietet sich kein besseres Bild. Damit sollte der Blick der Anleger abwärts gerichtet bleiben, wo ein Test der für die weiteren Perspektiven entscheidenden Haltemarken wahrscheinlicher wird", fasst der Charttechniker zusammen.
Explizit entscheide die Kombination aus den letzten Verlaufstiefs bei 8.984 Punkten und der 200-Tages-Linie bei aktuell 8.974 Punkten über die mittelfristige Weichenstellung beim DAX. Um das Abwärtsszenario abzuwenden, ist laut Scherer der Sprung über den alten Aufwärtstrend seit Herbst 2011 bei aktuell 9.371 Punkten oberste Voraussetzung. "Dies ist dann allerdings erst der Auftakt zu einer ganzen Hindernisreihe", merkt der Techniker an.
Ziel: 9.000 Punkte
Mit fallenden Notierungen am deutschen Aktienmarkt rechnet auch Steffen Schneider von der WGZ Bank. "Erst ab einem Niveau von etwa 9.050 bis 9.100 Zählern wird der DAX vermutlich über ein paar Tage zulegen können, wenngleich anschließend weitere Verluste bis in die Woche nach Ostern anstehen werden", erklärt der Analyst und sieht die nächsten Unterstützungen für den Index bei gut 8.900 und etwa 8.770 Punkten. Darunter lasse sich durch Anwendung der Fibonacci-Projektionen ein rechnerisches Ziel bei 8.820 Zählern finden. An dieser Marke muss aus Sicht von Schneider dann eine Neueinschätzung erfolgen, denn dann könnten die Indikatoren erste positive Divergenzen anzeigen. "Diese werden besonders wichtig sein, denn ansonsten droht eine uneinheitliche oder negative Bewegung, die bis zum Herbst andauern kann", warnt der Charttechniker und hält eine Abwendung dieses Negativszenarios nur dann für möglich, wenn der DAX noch in dieser Woche den Widerstandsbereich bei rund 9.450 zurückerobern kann.
Profilaune steigt
Wesentlich optimistischer als technische Analysten zeigen sich indes die von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Anleger. Laut der heutigen Sentiment-Erhebung bei 900 aktiven Investoren haben 7 Prozent der Profis ihre bearishe Haltung aufgegeben, immerhin 6 Prozent sind direkt long gegangen. Damit steigt der Börse Frankfurt Sentiment-Index im Vergleich zur Vorwoche von 5 auf 18 Punkte und bewegt sich damit wieder deutlich entfernt von der Nulllinie zwischen Optimismus und Pessimismus.
Unter den Privatanlegern hat sich die Stimmung hingegen weiter eingetrübt. Hier hat das Bärenlager 8 Prozent Anhänger hinzu gewonnen, was den Sentiment-Index auf nur noch 7 Punkte drückt.
Was diese Stimmungsgemengelage für den Markt bedeuten könnte, interpretiert Joachim Goldberg ab 17 Uhr auf boerse-frankfurt.de/sentiment.
Sowohl Name als auch die Skala unseres Stimmungsindikators haben sich geändert. Seit drei Wochen werden die Ergebnisse des Börse Frankfurt Sentiment-Index von - 100 bis + 100 Punkten angezeigt, wobei die Nulllinie einen bullishen von einem bearishen Markt trennt. Damit können Sie auf einen Blick erkennen, in welcher Verfassung der Markt ist. Ansonsten bleibt alles gleich, sowohl die Methode hinter der Analyse auch die Art der Erhebung. Wir arbeiten weiterhin mit dem renommierten Behavioral-Finance-Analysten Joachim Goldberg zusammen.
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von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG
© 16. April 2014
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)