n DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Die Kommunen fordern Mitsprache bei der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen ein. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD sei eine Kommission zur Reform der Finanzbeziehungen mit Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände angekündigt worden. Die sei aber immer noch nicht eingerichtet, kritisierte der Präsident des Deutschen Städtetags, Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly, am Donnerstag in Düsseldorf. Die Kommunen müssten bei den Verhandlungen mit am Tisch sitzen, weil alle Beschlüsse Auswirkungen auf sie hätten.
Die Spitzengremien des Deutschen Städtetags beschäftigten sich seit Mittwoch auf einer zweitägigen Konferenz in Düsseldorf unter anderem mit den Finanzbeziehungen. In Potsdam berieten die Ministerpräsidenten auf einer Sonderkonferenz über das Thema.
"Es ist ein Tanz um das Lagerfeuer bei den Ministerpräsidenten ausgebrochen", sagte Maly. "Es gibt 16 verschiedene Modelle und wenig erkennbare Allianzen." Für den Städtetag sei es "nicht kriegsentscheidend", ob der Solidarzuschlag nach 2019 als Ergänzungsabgabe beibehalten oder in die Gemeinschaftssteuern überführt werde.
Wichtig sei, dass der Bedarf der Kommunen in drei Bereichen gedeckt werde: Entlastung bei den stark wachsenden Sozialausgaben, Hilfe bei den Altschulden und bei notwendigen Investitionen. Die Höhe des Mehrbedarfs bezifferte der Städtetag allerdings nicht.
Nach Zahlen der KfW-Bank liege der über Jahre aufgewachsene Investitionsrückstand in den deutschen Kommunen bei 118 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr könnten voraussichtlich nur 22 Milliarden Euro für kommunale Investitionen aufgebracht werden.
Alle Ausgleichssysteme zwischen Bund und Ländern laufen 2019 aus. Vorrangig müsse eine Anschlussregelung zur Finanzierung des Bus- und Bahnverkehrs in den Kommunen gefunden werden, unterstrich Maly. "Planungen werden schon geschoben, weil nicht klar ist, ob ab 2019 noch Zuschüsse fließen." Ohne Zuschüsse könne aber keine Stadt in Deutschland U-Bahn- oder Straßenbahnnetze bauen.
Hohe finanzielle Belastungen haben die Kommunen auch durch die wachsende Zahl an Asylbewerbern. Viele blieben dabei auf einem großen Teil der Kosten sitzen, berichtete die Vizepräsidentin des Städtetags, Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Eva Lohse.
Die Erstattung für die Grundversorgung in den ersten Monaten nach Ankunft der Flüchtlinge liege je nach Bundesland zwischen 20 und 90 Prozent. Von diesen Kosten seien die Kommunen überall vollständig zu entlasten, fordert der Verband.
Darüber hinaus müssten sich Bund und Länder viel stärker an den Kosten nach der Grundversorgung beteiligen. "Danach beginnt erst die eigentliche Integration", stellte Maly fest. Dann hätten die Kommunen langfristig für Wohnraum, Kindertagesstätten und Deutschkurse zu sorgen. Allein in den ersten zehn Monaten dieses Jahres haben nach Angaben des Städtetags fast 160 000 Ausländer Asyl in Deutschland beantragt - etwa 56 Prozent mehr als im Vorjahr.
Der Städtetag befasste sich darüber hinaus mit dem geplanten Freihandelsabkommen. Es müsse ausgeschlossen werden, dass damit ein Zwang zur Privatisierung öffentlicher Leistungen komme, unterstrich Maly. Öffentliche Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung, der Personennahverkehr sowie städtische Angebote im Kultur- und Sozialbereich müssten geschützt werden. Außerdem dürften europäische Sozial- und Umweltstandards nicht untergraben werden.gf
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