FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 7. Mai 2012.Der Deutsche Börse IPO-Indikator deutet eine Trendwende im Primärmarkt an. Zwar ist das wahrgenommene Underpricing weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau, jedoch hat sich das IPO-Klima erneut verbessert. Vor allem Investoren bewerten Aktien als günstig.
Seit August 2011 ist die IPO-Aktivität zum Erliegen gekommen. Im zurückliegenden vierten Quartal gab es lediglich einen Börsengang an der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Euro-Staatsverschuldungskrise strahlt also weiterhin auf die Primärmärkte aus. Gleichzeitig mehren sich aber die Signale, dass es im zweiten Quartal 2012 zu einer Wiederaufnahme der IPO-Aktivität kommen sollte. So bleibt die Volatilität an den Aktienmärkten trotz aller Unsicherheiten auf einem eher niedrigen Niveau. Entsprechend beobachten wir einen Aufwärtstrend im IPO-Klima. Der Deutsche Börse IPO-Indikator ist im Berichtszeitraum zum zweiten Mal in Folge gestiegen auf nunmehr 29,78 Punkte, wenn auch nur sehr leicht um einen halben Punkt. Die Befragung der Marktteilnehmer zeigt zudem, dass sie in den kommenden Monaten erheblich mehr Emissionstätigkeit erwarten.
Rückläufige Volatilität lässt Trendwende erwarten ...
Historische Erfahrungen zeigen, dass die Aktivitäten am IPO-Markt zyklischen Bewegungen unterliegen. Welche Faktoren solche Zyklen auslösen, ist zwar umstritten, dennoch lassen sich gewisse Muster erkennen. Eines dieser Muster besteht darin, dass ein Rückgang der Preisvolatilität positiven Einfluss auf den Primärmarkt hat.
Dieses Muster lässt sich auf vielen Märkten erkennen, so auch in Deutschland, wie Abbildung 2 zeigt.
Das erneute Aufbrechen der Euro-Schuldenkrise im Juli 2011 hatte die seit Beginn 2009 zurückgehende Volatilität des deutschen Aktienmarktes unterbrochen. Zwischen Ende Juni und Oktober 2011 hat sich der Stand des VDAX-New von etwa 18 auf rund 34 Prozent beinahe verdoppelt. Zwischenzeitlich lag das Niveau sogar deutlich über 40 Punkten. Seither lässt sich allerdings ein deutlicher Rückgang der Volatilität beobachten. Aktuell liegt der VDAX-New bei 22,5 Punkten. Aufgrund der genannten historischen Erfahrungen kann man davon ausgehen, dass sich diese rückläufige Volatilität positiv auf die Primärmarktaktivität auswirken wird.
... trotz Seitwärtsbewegung im DAX
Ein zweites Muster besteht im Zusammenhang zwischen Kursentwicklung und Börsengängen. Auch hier zeigen Analysen, dass einem Aufschwung am Primärmarkt in der Regel ein Kursaufschwung an der jeweiligen Börse vorausging und umgekehrt. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 3 bestätigt. Die in der oben beschriebenen niedrigeren Volatilität zum Ausdruck kommende Beruhigung der Märkte spiegelt sich auch im Bewertungsniveau wider.
Zwischen Anfang Oktober 2011 und Ende Januar 2012 ist der DAX um knapp 20 Prozent gestiegen. Seither lässt sich im DAX per Saldo eine Seitwärtsbewegung beobachten. Insgesamt könnte diese Entwicklung zu einer Belebung der Primärmärkte beitragen.
Wahrgenommenes Underpricing historisch niedrig ...
Wir berechnen für diese Prognose das so genannte Underpricing-Sentiment, das als ein Durchschnitt des Underpricings aller IPOs der vergangenen 18 Monate interpretiert werden kann, mit einer zeitabhängigen Gewichtung. Aufgrund der eher geringen Zahl von IPOs sollte diese Größe allerdings nicht überinterpretiert werden.
Ende 2009 lag dieses Underpricing-Sentiment bei rund 5 Prozent, per Ende 2010 bei 0. Im dritten Quartal ist es um weitere 5 Prozent gesunken und verharrt seitdem auf dem Tiefststand von -5 Prozent. Zuletzt wurde dieser Wert im dritten Quartal 2004 unterboten. Dieses Signal spricht aufgrund der historischen Erfahrungen tendenziell gegen eine Belebung der IPO-Aktivität in den kommenden Monaten.
... bei Aufwärtstrend des IPO-Klimas
Die Stimmung am Primärmarkt wird mit Hilfe einer Befragung von Entscheidungsträgern bei Banken, Emittenten und Investoren von der Deutschen Börse erhoben. Die Ergebnisse dieser Befragung werden in einem Indexwert, dem so genannten IPO-Klima, zusammengefasst. Der historische Verlauf dieses IPO-Klimas wird in Abbildung 5 wiedergegeben. Wie man sehen kann, spiegelte diese subjektive Einschätzung der Entscheidungsträger die tatsächliche Entwicklung am Primärmarkt gut wieder.
Zwischen März 2009 und Dezember 2010 hat sich das IPO-Klima kontinuierlich verbessert, in den ersten neun Monaten 2011 war dieser Trend jedoch wieder rückläufig.
Nun ist das IPO-Klima zum dritten Mal in Folge angestiegen und befindet sich auf einem Stand von 31,35 Punkten. Somit zeichnet sich auch in der Stimmung der Marktteilnehmer eine Trendwende ab.
Niedriges Bewertungsniveau könnte für Kaufanreize sorgen
Für die Aufnahmefähigkeit des Primärmarktes spielt naturgemäß die Bewertung der Unternehmen eine wichtige Rolle. Betrachtet man diesen Zusammenhang allerdings historisch, so lässt sich im Unterschied zu den beiden weiter oben beschriebenen Effekten kein klarer Zusammenhang finden. Dies könnte damit zusammenhängen, dass Emittenten sich eine hohe, Investoren eine niedrige Bewertung im Emissionszeitpunkt wünschen.
Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass das durchschnittliche Kurs/Gewinn-Verhältnis im CDAX mit einem Wert von rund 12,44 Prozent Ende April 2012 deutlich unter dem historischen Durchschnitt von rund 17 Prozent liegt.
Zumindest aus Sicht der Investoren könnten IPOs daher im Moment durchaus attraktiv sein. Tatsächlich hat sich in der Befragung der Marktteilnehmer auch gezeigt, dass vor allem Investoren das Bewertungsniveau an den Märkten nach wie vor als attraktiv einschätzen.
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© 7. Mai 2012/Christoph Kaserer, TU München
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
Seit August 2011 ist die IPO-Aktivität zum Erliegen gekommen. Im zurückliegenden vierten Quartal gab es lediglich einen Börsengang an der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Euro-Staatsverschuldungskrise strahlt also weiterhin auf die Primärmärkte aus. Gleichzeitig mehren sich aber die Signale, dass es im zweiten Quartal 2012 zu einer Wiederaufnahme der IPO-Aktivität kommen sollte. So bleibt die Volatilität an den Aktienmärkten trotz aller Unsicherheiten auf einem eher niedrigen Niveau. Entsprechend beobachten wir einen Aufwärtstrend im IPO-Klima. Der Deutsche Börse IPO-Indikator ist im Berichtszeitraum zum zweiten Mal in Folge gestiegen auf nunmehr 29,78 Punkte, wenn auch nur sehr leicht um einen halben Punkt. Die Befragung der Marktteilnehmer zeigt zudem, dass sie in den kommenden Monaten erheblich mehr Emissionstätigkeit erwarten.
Rückläufige Volatilität lässt Trendwende erwarten ...
Historische Erfahrungen zeigen, dass die Aktivitäten am IPO-Markt zyklischen Bewegungen unterliegen. Welche Faktoren solche Zyklen auslösen, ist zwar umstritten, dennoch lassen sich gewisse Muster erkennen. Eines dieser Muster besteht darin, dass ein Rückgang der Preisvolatilität positiven Einfluss auf den Primärmarkt hat.
Dieses Muster lässt sich auf vielen Märkten erkennen, so auch in Deutschland, wie Abbildung 2 zeigt.
Das erneute Aufbrechen der Euro-Schuldenkrise im Juli 2011 hatte die seit Beginn 2009 zurückgehende Volatilität des deutschen Aktienmarktes unterbrochen. Zwischen Ende Juni und Oktober 2011 hat sich der Stand des VDAX-New von etwa 18 auf rund 34 Prozent beinahe verdoppelt. Zwischenzeitlich lag das Niveau sogar deutlich über 40 Punkten. Seither lässt sich allerdings ein deutlicher Rückgang der Volatilität beobachten. Aktuell liegt der VDAX-New bei 22,5 Punkten. Aufgrund der genannten historischen Erfahrungen kann man davon ausgehen, dass sich diese rückläufige Volatilität positiv auf die Primärmarktaktivität auswirken wird.
... trotz Seitwärtsbewegung im DAX
Ein zweites Muster besteht im Zusammenhang zwischen Kursentwicklung und Börsengängen. Auch hier zeigen Analysen, dass einem Aufschwung am Primärmarkt in der Regel ein Kursaufschwung an der jeweiligen Börse vorausging und umgekehrt. Dieser Zusammenhang wird in Abbildung 3 bestätigt. Die in der oben beschriebenen niedrigeren Volatilität zum Ausdruck kommende Beruhigung der Märkte spiegelt sich auch im Bewertungsniveau wider.
Zwischen Anfang Oktober 2011 und Ende Januar 2012 ist der DAX um knapp 20 Prozent gestiegen. Seither lässt sich im DAX per Saldo eine Seitwärtsbewegung beobachten. Insgesamt könnte diese Entwicklung zu einer Belebung der Primärmärkte beitragen.
Wahrgenommenes Underpricing historisch niedrig ...
Wir berechnen für diese Prognose das so genannte Underpricing-Sentiment, das als ein Durchschnitt des Underpricings aller IPOs der vergangenen 18 Monate interpretiert werden kann, mit einer zeitabhängigen Gewichtung. Aufgrund der eher geringen Zahl von IPOs sollte diese Größe allerdings nicht überinterpretiert werden.
Ende 2009 lag dieses Underpricing-Sentiment bei rund 5 Prozent, per Ende 2010 bei 0. Im dritten Quartal ist es um weitere 5 Prozent gesunken und verharrt seitdem auf dem Tiefststand von -5 Prozent. Zuletzt wurde dieser Wert im dritten Quartal 2004 unterboten. Dieses Signal spricht aufgrund der historischen Erfahrungen tendenziell gegen eine Belebung der IPO-Aktivität in den kommenden Monaten.
... bei Aufwärtstrend des IPO-Klimas
Die Stimmung am Primärmarkt wird mit Hilfe einer Befragung von Entscheidungsträgern bei Banken, Emittenten und Investoren von der Deutschen Börse erhoben. Die Ergebnisse dieser Befragung werden in einem Indexwert, dem so genannten IPO-Klima, zusammengefasst. Der historische Verlauf dieses IPO-Klimas wird in Abbildung 5 wiedergegeben. Wie man sehen kann, spiegelte diese subjektive Einschätzung der Entscheidungsträger die tatsächliche Entwicklung am Primärmarkt gut wieder.
Zwischen März 2009 und Dezember 2010 hat sich das IPO-Klima kontinuierlich verbessert, in den ersten neun Monaten 2011 war dieser Trend jedoch wieder rückläufig.
Nun ist das IPO-Klima zum dritten Mal in Folge angestiegen und befindet sich auf einem Stand von 31,35 Punkten. Somit zeichnet sich auch in der Stimmung der Marktteilnehmer eine Trendwende ab.
Niedriges Bewertungsniveau könnte für Kaufanreize sorgen
Für die Aufnahmefähigkeit des Primärmarktes spielt naturgemäß die Bewertung der Unternehmen eine wichtige Rolle. Betrachtet man diesen Zusammenhang allerdings historisch, so lässt sich im Unterschied zu den beiden weiter oben beschriebenen Effekten kein klarer Zusammenhang finden. Dies könnte damit zusammenhängen, dass Emittenten sich eine hohe, Investoren eine niedrige Bewertung im Emissionszeitpunkt wünschen.
Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass das durchschnittliche Kurs/Gewinn-Verhältnis im CDAX mit einem Wert von rund 12,44 Prozent Ende April 2012 deutlich unter dem historischen Durchschnitt von rund 17 Prozent liegt.
Zumindest aus Sicht der Investoren könnten IPOs daher im Moment durchaus attraktiv sein. Tatsächlich hat sich in der Befragung der Marktteilnehmer auch gezeigt, dass vor allem Investoren das Bewertungsniveau an den Märkten nach wie vor als attraktiv einschätzen.
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© 7. Mai 2012/Christoph Kaserer, TU München
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