(neu: Morgan Stanley)
Frankfurt, 17. Dez (Reuters) - Anleger am deutschen
Aktienmarkt haben den überraschenden Schwenk der US-Notenbank
hin zu einer Nullzinspolitik am Mittwoch mit Sorge betrachtet.
Nach anfänglicher Euphorie dominiere die Einschätzung "So
schlimm ist die Lage also", kommentierten die Volkswirte der
Helaba. Neue Hiobsbotschaften aus dem Finanzsektor trübten die
Stimmung zusätzlich. Der Dax<.GDAXI> lag am Nachmittag 0,4
Prozent niedriger bei 4712 Zählern.
Die Federal Reserve (Fed) hatte ein Leitzinsziel von null
bis 0,25 Prozent ausgegeben. Außerdem kündigten die
Währungshüter unorthodoxe Maßnahmen an, unter anderem weitere
Ankäufe von Vermögenswerten und eine neue Kreditlinie für
private Haushalte und Kleinunternehmen. "Die Risiken eines
Abgleitens der US-Wirtschaft in eine deflationäre Krise werden
offenbar als so hoch eingeschätzt, dass die Fed jetzt alle
Rücksichten fallen lässt und mit voller Kraft Liquidität in den
Markt pumpt", sagte Analyst Bernd Weidensteiner von der
Commerzbank. Auch die US-Börsen starteten schwächer.
SPEKULATIONEN ÜBER GESCHÄFTSENTWICKLUNG BEI DEUTSCHER BANK
Die größte französische Bank BNP Paribas brachte
mit einer überraschenden Verlustankündigung für die
Investmentbank-Sparte europaweit Finanztitel unter Druck. Auf
dem Börsenparkett ging die Angst um, dass Institute mit einem
starken Kapitalmarktgeschäft wie die Deutsche Bank im
vierten Quartal unter die Räder geraten sein könnten. Viele
Analysten rechnen auch bei den Frankfurtern wegen neuer
Milliardenabschreibungen mit roten Zahlen. Die Bank wollte sich
dazu nicht äußern. Deutsche Bank waren mit einem Minus von
zeitweise mehr als neun Prozent auf 25,45 Euro größter
Dax-Verlierer. BNP-Papiere brachen in Paris um rund 16 Prozent
ein. Auch andere Finanzwerte bekamen die Skepsis der Anleger zu
spüren: Commerzbank-Aktien verloren knapp vier Prozent,
Postbank 3,2 Prozent.
Im US-Bankensektor schockte USA Morgan Stanley mit
einem überraschend hohen Verlust. Die Aktien von Morgan Stanley
verloren vier Prozent.
Die Nachricht einer Produktionsdrosselung im
gewinnträchtigen Geschäft mit Flüssigkristallen erwischte
Merck-Investoren kalt: Die Aktien des Darmstädter
Pharma- und Spezialchemiekonzern rutschten um fünf Prozent ab.
"Man dachte lange Zeit, dass sich der Wert wegen der
Medikamentensparte einigermaßen stabil halten wird, aber
offensichtlich schlägt das Flüssigkristallgeschäft entscheidend
aufs Ergebnis durch", sagte ein Börsianer. Auch Lanxess
will wegen der Wirtschaftskrise die Produktion zurückfahren, die
Aktien lagen aber dennoch vier Prozent im Plus. Der Schritt
zeige, dass die Firma seine Herausforderungen aktiv angehe,
urteilte Oppenheim-Analyst Marcus Konstanti.
Unbeliebt blieben Infineon-Aktien, die bei einem
Minus von 4,4 Prozent noch 65 Cent kosteten. Händlern zufolge
belastet weiter die unklare Zukunft der Sorgentochter
Qimonda.
Zu den Gewinnern im Dax zählten die Aktien der Deutschen
Börse mit einem Plus von 1,7 Prozent. Auch Versorger
wie E.ON und RWE waren als sichere Häfen
gefragt und gewannen jeweils rund ein Prozent.
(Reporter: Anika Lehmann; redigiert von Jörn Poltz)