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Veröffentlicht am 03.05.2012, 20:57
Aktualisiert 03.05.2012, 21:00
Börsen-Zeitung: Die Briten gegen den Rest, Kommentar zu den

Verhandlungen der EU-Finanzminister über die europäische

Banken-Kaptalrichtlinie, von Detlef Fechtner.

Frankfurt (ots) - Abends um neun, nach immerhin fast elf Stunden

anstrengender Wortgefechte über systemische Puffer und volle

Verlustteilnahme waren 27 EU-Finanzminister noch guten Willens - und

wollten über die Umsetzung von Basel III weiterverhandeln.

Viereinhalb Stunden und zwei Tischvorlagen später mussten dann aber

selbst hartnäckige Minister aufgeben - und die Sache vertagen. Denn

der britische Schatzkanzler George Osborne, dem man bis dahin bereits

allerhand Wünsche erfüllt hatte, tischte immer neue Forderungen auf.

Es sei 'diffus' gewesen, wohin Großbritannien zu diesem Zeitpunkt

steuerte, berichten Diplomaten - und stellten sich die Frage, ob

London überhaupt abschlusswillig war.

Daran sind Zweifel angebracht. Denn ganz gleich, ob man eher für

großzügige Spielräume zur nationalen Verschärfung der Vorgaben

gegenüber Banken ist oder nationalen 'Extrawürsten' skeptisch

gegenübersteht: Die EU-Finanzminister hatten um Mitternacht so

weitreichende Spielräume eröffnet, dass die Kapitalpflichten bei

Bedarf auf mehr als 20% ausgedehnt werden könnten. Dass sich Osborne

trotzdem querstellte und öffentlich über die Vorarbeiten der

EU-Kommission lästerte ('Ich bin nicht bereit, rauszugehen und etwas

zu sagen, was mich fünf Minuten später wie einen Idioten aussehen

lässt'), nährt den Verdacht, dass es die Briten sowieso auf ein

Scheitern des Sondertreffens angelegt hatten. Osborne hat zwar in der

Diskussion einige sehr gute Argumente. Aber vieles, was er davon in

Brüssel vortrug, klang wie eine neue Folge der Saga: 'Großbritannien

gegen den Rest Europas' - und war wohl für die Galerie gesprochen.

Dieses Mal konnte sich Osborne sicher sein, dass er nicht von den

anderen überstimmt werden würde. Die EU ginge ein hohes Risiko ein,

würde sie nach dem Fiskalpakt auch bei den Bankenvorgaben auf die

Zustimmung Londons verzichten. Allerdings erwarten Europas Diplomaten

nun, dass sich das Vereinigte Königreich in zwei Wochen - im Gegenzug

für weitere kleinere Nachbesserungen - dem europäischen Kompromiss

anschließt. Sonst würde sich die Frage aufdrängen, ob es Osborne

tatsächlich um die Stabilisierung der Banken und den Schutz der

Steuerzahler geht oder, wie seine Kritiker behaupten, doch nur um

Vorteile für heimische Banken im europäischen Wettbewerb. Was bis zum

15. Mai zu tun bleibt, sind deshalb keine 'technischen Klärungen',

sondern eine Antwort auf eine überaus politische Frage:

Großbritannien, wie hältst Du's mit dem Binnenmarkt?

(Börsen-Zeitung, 4.5.2012)

Originaltext: Börsen-Zeitung

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