PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Ein Paukenschlag der Schweizer Notenbank hat am Donnerstag für Turbulenzen an den europäischen Börsen gesorgt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hatte am Morgen den Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro überraschend aufgehoben. Der Franken gewann in der Folge gegenüber dem Euro deutlich an Wert.
Anleger reagierten kurzzeitig irritiert und drückten den EuroStoxx-50-Index (DJ Euro Stoxx 50) mit bis zu 2,24 Prozent ins Minus auf 3020,54 Punkte. Dann setzte allerdings wieder eine Gegenbewegung ein und der Eurozonen-Leitindex kletterte kurzzeitig sogar wieder leicht ins Plus. Aktuell standen minus 0,28 Prozent auf 3081,01 Punkte zu Buche.
In Paris gab der Leitindex CAC 40 (CAC 40) um 0,47 Prozent auf 4269,99 Punkte nach. Der Londoner FTSE-100-Index (ISE:UKX) verlor auch belastet von sehr schwachen Minenwerten 1,32 Prozent auf 6456,03 Zähler. Am Morgen hatten starke Vorgaben aus Asien und eine Gegenbewegung bei einigen zuletzt gefallenen Rohstoffpreisen zunächst für Kursgewinne an Europas Börsen gesorgt.
Mit der Entscheidung der Schweizer Notenbank rückt auch die Börse in Zürich in den Fokus, an der die Notierungen massiv einbrachen: Der Leitindex SMI (SFF:SMI) stürzte in der Spitze um über elf Prozent ab. Zuletzt notierte der SMI mit 10,91 Prozent im Minus bei 8194,55 Punkten. Mit Ausnahme der Swisscom lagen alle 20 Werte in dem Leitindex mit 8 und mehr Prozent im Minus: Tagesverlierer waren zuletzt die Aktien des Pharmakonzerns Actelion (VTX:ATLN), die um 16,71 Prozent einbrachen. Der Uhrenhersteller Swatch (VTX:UHR) und der Luxusgüterkonzern Richemont (VTX:CFR) stürzten ebenfalls rund 16 Prozent ab. Die Unternehmen sind stark auf den Export ausgerichtet, weshalb ihnen ein stärkerer Franken-Kurs Probleme bereiten dürfte.
"Die Märkte waren nach dieser Maßnahme der SNB zunächst geschockt", bestätigte Marktanalyst Robert Halver von der Baader Bank. Mit der gleichzeitigen Senkung der Zinsen ins deutlich negative Terrain - die Schweizer Nationalbank senkte die Einlagenzinsen auf minus 0,75 Prozent - sei die Schweiz aber in den Abwertungswettlauf eingetreten, der bereits zwischen Japan und der Eurozone bestehe. Zwar habe die Währung erst einmal kurzfristig aufgewertet, weil die automatischen Käufe und der entsprechende Schutzschirm aufgegeben wurden, langfristig werde aber der Schweizer Franken wegen der dramatisch negativen Zinsen dennoch geschwächt. "Die gesamte Welt will auf Teufel komm raus exportieren", fasste Halver zusammen. Schwächere Heimatwährungen helfen dabei.
Zu den wenigen Gewinnern zählten Energiewerte nach ihrer jüngsten Talfahrt. US-Öl der Sorte WTI und auch das Brent-Nordseeöl verbilligten sich zuletzt zwar wieder etwas, lagen damit aber weiter komfortabel über den Tiefs vom Vortag. Der Branchenindex Stoxx 600 Oil & Gas (DJX:SXEP) gewann 1,10 Prozent als bester Subindex in Europa. Tagessieger im Eurozonen-Leitindex sind die Anteile am spanischen Ölkonzern Repsol (MADRID:REP) mit plus 1,50 Prozent.