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HINTERGRUND: EZB und US-Notenbank schicken Euro auf Höhenflug

Veröffentlicht am 15.09.2012, 14:05
FRANKFURT (dpa-AFX) - Trotz der weiter schwelenden Schuldenkrise hat der Euro seit Ende Juli zu einem Höhenflug angesetzt. Am Freitag stieg die Gemeinschaftswährung erstmals seit Mitte Mai über die Marke von 1,30 US-Dollar. Dafür sind nach Einschätzung von Ökonomen vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank (Fed) verantwortlich, die beide unbeschränkte Anleihekäufe angekündigt haben.



Begonnen hatte der Höhenflug des Euro Ende Juli. Die Gemeinschaftswährung war damals zunächst bis auf 1,20 Dollar gefallen, nachdem sich die Krise an den Anleihemärkten der Euro-Krisenländer Italien und Spanien deutlich verschärft hatte. Die Wende brachte dann am 26. Juli der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi. 'Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten', hatte er seinerzeit in London gesagt und hinzugefügt: 'Und glauben Sie mir - es wird ausreichen.'

Das auf der Sitzung Anfang September angekündigte Programm der EZB (OMT) zum Aufkauf von Anleihen der Krisenländer beschleunigte den Anstieg. Vor allem der Verzicht auf eine Beschränkung des Volumens der Anleihekäufe beruhigte die Märkte. 'Die EZB kann in beliebigem Volumen helfen', sagt Devisenexperte Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank. 'Die Krise ist somit weniger akut.' Das neue Programm sei geeignet, Sorgen um die Größe der existierenden Rettungsmechanismen zu beseitigen.

Tatsächlich hatte die Ankündigung des OMT eine durchgreifende Wirkung auf die Anleihemärkten der Krisenländer, ohne dass bislang auch nur eine Anleihe gekauft wurde. So fiel die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen von 6,5 Prozent Ende Juli auf 4,9 Prozent an diesem Freitag. Ähnlich war die Entwicklung in Spanien. Hier sank die Rendite im gleichen Zeitraum von 7,5 auf 5,5 Prozent. Noch deutlicher war der Rückgang im zweijährigen Bereich. Schließlich will die EZB nur Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren kaufen. Spanien und Italien gelten als mögliche Kandidaten für das neue Kaufprogramm.

Während das EZB-Programm eine durchschlagende Wirkung hat, dürfte dies laut Leuchtmann für das am Donnerstag vorgestellte Programm zum Kauf von Hypothekenanleihen (QE3) durch die Fed nicht gelten. 'Kaum jemand rechnet damit, dass die Arbeitslosenquote in den USA aufgrund von QE3 signifikant schneller fällt.' Eintreten werden laut Leuchtmann vor allem 'Nebenwirkungen' wie höhere Volatilitäten an den Finanzmärkten und die Gefahr spekulativer Blasen an den Rohstoffmärkten. QE3 wirke wie eine ungerechtfertigte Zinssenkung in 'normalen Zeiten'.

Aber auch ein anderer Faktor wirkt sich positiv auf den Euro aus: Wenn eine Notenbank zusätzliche Liquidität in die Märkte gibt, schwächt dies normalerweise die eigene Währung. Die US-Notenbank hat klar gemacht, dass sie jeden Monat für 40 Milliarden Dollar Wertpapiere aufkaufen wird. Zudem ist eine Ausweitung laut Notenbankchef Ben Bernanke möglich. Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ist hingegen noch vollkommen offen, ob sie überhaupt Anleihen kaufen wird und wenn, wie viele. Bisher hat noch kein Euroland einen entsprechenden Antrag gestellt. Allerdings gilt Spanien als möglicher Kandidat.



Bereits die Ankündigung der EZB-Käufe hat zu einer Entspannung an den Anleihemärkten gesorgt. 'Keiner wird gegen die unbegrenzte Feuerkraft der EZB wetten', sagte Panicos Demetriades, Chef der Notenbank Zyperns und EZB-Ratsmitglied. Möglicherweise müsse man also gar keine Anleihekäufe durchführen. Auch der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, erwartet nicht, dass die EZB viele Anleihen erwerben muss. Schließlich seien Spanien und Italien eigentlich solvente Staaten, die nur durch die Verunsicherung der Märkte unter Druck geraten seien. Zudem dürfte die Ablehnung der Käufe durch Bundesbankpräsident Jens Weidmann und die deutsche Öffentlichkeit die EZB zur Zurückhaltung zwingen.

Es drohen jedoch auch Gefahren, falls es den Staaten nicht gelingt, die Finanzmärkte von ihrer Spar- und Reformpolitik zu überzeugen. Dann müsste die EZB tatsächlich in großem Umfang Anleihen kaufen, um die Anleihemärkte der Krisenländer zu stabilisieren. Oder sie stellt die Käufe ein und bringt die Staaten damit in Bedrängnis. Beide Szenarien wären eine starke Belastung für den Euro.

Die jüngste Erholung des Euro zeigt jedenfalls, dass die EZB das Vertrauen in die Eurozone gestärkt hat und Kapital in die Eurozone zurückfließt. Das Auseinanderfallen der Eurozone gilt jetzt offenbar als weniger wahrscheinlich als noch im Juli. Zudem stellt der US-Dollar angesichts der aggressiven Politik der US-Notenbank und der wirtschaftlichen Probleme der USA eine wenig überzeugende Alternative dar.

Der Anstieg des Euro hat für die Wirtschaft der Eurozone aber auch Nachteile: Exporte werden erschwert, da sie für Nicht-Euroländer teurer werden. Dies trifft besonders die unter Wettbewerbsproblemen leidenden Krisenländer. Zudem werden die Ausfuhren bereits durch die sich abschwächende Weltkonjunktur belastet./jsl/bgf/fbr

--- Von Jürgen Sabel, dpa-AFX ---

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