Börsen-Zeitung: Nur Verlierer, Kommentar zur Commerzbank von Stefanie
Schulte
Frankfurt (ots) - Die Mitarbeiter sind schockiert, und die
Aktionäre jubeln. So läuft es häufig, wenn Unternehmen einen
Kahlschlag ankündigen - doch nicht im Fall der Commerzbank. Nachdem
bekannt geworden ist, dass bis 2016 konzernweit 4000 bis 6000 Stellen
wegfallen sollen, bricht der Aktienkurs um fast 3% ein. Auch wenn die
Notierung später klar im Plus schließt, wird deutlich: Der
Befreiungsschlag ist das nicht. Womöglich hätte die Bank ihre
Investoren kurzfristig mehr überzeugt, wenn sie in rascherem Tempo
mehr Stellen gestrichen hätte. Schon nach der Übernahme der Dresdner
Bank 2008 hat sie rund 9000 Jobs abgebaut. Die jetzige relative
Zurückhaltung mag damit zusammenhängen, dass der Staat ein Viertel
der Anteile hält. Gemäß der Ankündigung dürften pro Jahr rund 3% der
Stellen entfallen; das könnte zum Teil durch normale Fluktuation
realisiert werden. Offenbar hofft man, damit die Mitarbeiter, die
schon durch frühere Kahlschläge und Strategieschwenks schwer
verunsichert worden sind, nicht noch weiter zu traumatisieren.
Fest steht jedoch: Wenn das Geschäftsmodell zu wünschen übrig
lässt, helfen weder vorsichtige noch aggressive Sparmaßnahmen. Aus
einst lukrativen, inzwischen aber verlustreichen Aktivitäten wie der
Schiffsfinanzierung steigt die Commerzbank aus. Im
Mittelstandsgeschäft kämpft sie gegen die dort gut etablierten
Sparkassen und Genossenschaftsbanken, aber auch andere große
Institute, die diesen Kundenkreis mangels Alternativen für sich
entdeckt haben.
Im Privatkundengeschäft schließlich - wo ein Großteil des
Stellenabbaus stattfinden dürfte - leidet die Commerzbank unter dem
Imageverlust der vergangenen Jahre, unter stark geschwächter
Mitarbeitermotivation und dem aktuellen Niedrigzinsniveau. Wenn man
Kundeneinlagen fast nirgends mehr renditebringend anlegen kann, hilft
es wenig, wenn diese auf Girokonten ruhen und mit 0% verzinst werden.
Auch den Trend zum Online- und Direktbanking haben andere
Institute bislang besser genutzt. Bei der Commerzbank profitiert zwar
der Onlinebroker Comdirect, doch mit dem Geschäft der Filialen ist
dieser kaum verzahnt. Bisher hat die Commerzbank wenige überzeugende
Argumente dafür geliefert, wie sie im Privatkundengeschäft nach
solchen Versäumnissen binnen vier Jahren 1 Million neuer Kunden
gewinnen und mit diesen Geld verdienen will.
Solange die Bank nicht beweist, dass sie all diese Probleme lösen
kann, werden die Mitarbeiter verlieren und die Aktionäre kaum
gewinnen - so wie gestern.
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de
Schulte
Frankfurt (ots) - Die Mitarbeiter sind schockiert, und die
Aktionäre jubeln. So läuft es häufig, wenn Unternehmen einen
Kahlschlag ankündigen - doch nicht im Fall der Commerzbank. Nachdem
bekannt geworden ist, dass bis 2016 konzernweit 4000 bis 6000 Stellen
wegfallen sollen, bricht der Aktienkurs um fast 3% ein. Auch wenn die
Notierung später klar im Plus schließt, wird deutlich: Der
Befreiungsschlag ist das nicht. Womöglich hätte die Bank ihre
Investoren kurzfristig mehr überzeugt, wenn sie in rascherem Tempo
mehr Stellen gestrichen hätte. Schon nach der Übernahme der Dresdner
Bank 2008 hat sie rund 9000 Jobs abgebaut. Die jetzige relative
Zurückhaltung mag damit zusammenhängen, dass der Staat ein Viertel
der Anteile hält. Gemäß der Ankündigung dürften pro Jahr rund 3% der
Stellen entfallen; das könnte zum Teil durch normale Fluktuation
realisiert werden. Offenbar hofft man, damit die Mitarbeiter, die
schon durch frühere Kahlschläge und Strategieschwenks schwer
verunsichert worden sind, nicht noch weiter zu traumatisieren.
Fest steht jedoch: Wenn das Geschäftsmodell zu wünschen übrig
lässt, helfen weder vorsichtige noch aggressive Sparmaßnahmen. Aus
einst lukrativen, inzwischen aber verlustreichen Aktivitäten wie der
Schiffsfinanzierung steigt die Commerzbank aus. Im
Mittelstandsgeschäft kämpft sie gegen die dort gut etablierten
Sparkassen und Genossenschaftsbanken, aber auch andere große
Institute, die diesen Kundenkreis mangels Alternativen für sich
entdeckt haben.
Im Privatkundengeschäft schließlich - wo ein Großteil des
Stellenabbaus stattfinden dürfte - leidet die Commerzbank unter dem
Imageverlust der vergangenen Jahre, unter stark geschwächter
Mitarbeitermotivation und dem aktuellen Niedrigzinsniveau. Wenn man
Kundeneinlagen fast nirgends mehr renditebringend anlegen kann, hilft
es wenig, wenn diese auf Girokonten ruhen und mit 0% verzinst werden.
Auch den Trend zum Online- und Direktbanking haben andere
Institute bislang besser genutzt. Bei der Commerzbank profitiert zwar
der Onlinebroker Comdirect, doch mit dem Geschäft der Filialen ist
dieser kaum verzahnt. Bisher hat die Commerzbank wenige überzeugende
Argumente dafür geliefert, wie sie im Privatkundengeschäft nach
solchen Versäumnissen binnen vier Jahren 1 Million neuer Kunden
gewinnen und mit diesen Geld verdienen will.
Solange die Bank nicht beweist, dass sie all diese Probleme lösen
kann, werden die Mitarbeiter verlieren und die Aktionäre kaum
gewinnen - so wie gestern.
Originaltext: Börsen-Zeitung
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/30377
Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_30377.rss2
Pressekontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de