Berlin, 30. Nov (Reuters) - Die SPD wird künftig von einer Doppelspitze geführt, die eine Fortsetzung des Regierungsbündnisses mit der Union unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) infrage gestellt hat. Beim Mitgliederentscheid über den Parteivorsitz setzten sich der frühere nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans und die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken mit einer Zustimmung von gut 53 Prozent durch, wie die SPD am Samstag mitteilte. Ihre Konkurrenten, Bundesfinanzminister Olaf Scholz und die Brandenburgerin Klara Geywitz, unterlagen. Der Fortbestand der Koalition ist damit ungewiss.
Gewählt wird die neue Spitze am 6. Dezember auf einem Bundesparteitag in Berlin. Die Delegierten sollen auch über die Fortsetzung der Koalition entscheiden. Während Scholz und Geywitz das Bündnis mit der Union bis zur Bundestagswahl 2021 fortsetzen wollten, haben Walter-Borjans und Esken Nachverhandlungen des Koalitionsvertrages wie auch des Klimapakets gefordert. Sollte die Union dies ablehnen, wollen sie ihrer Partei den Rückzug aus der Koalition empfehlen. In Umfragen steht die SPD im Bund bei 13 bis 15 Prozent und damit deutlich unter ihrem ohnehin schlechten Bundestagswahlergebnis 2017 von 20,5 Prozent.
Fast fünf Monate nach dem Rücktritt von Andrea Nahles ist damit die Entscheidung über ihre Nachfolge gefallen. Sie war nach der schweren Niederlage bei der Europawahl und aufgrund innerparteilicher Kritik zurückgetreten. Erstmals in der Nachkriegsgeschichte wird es nun eine Doppelspitze geben. Elf Tage hatten die knapp 426.000 SPD-Mitglieder Zeit, in einer zweiten Runde ihre Stimme für eines der beiden Teams abzugeben. Es wird erwartet, dass die Delegierten des Parteitages dem Mitgliedervotum folgen.