Seoul (Reuters) - Die USA und Südkorea rücken trotz zunehmender Rufe nach Entspannung im Konflikt mit Nordkorea nicht von ihrem geplanten Großmanöver ab.
Die Militärübung stehe derzeit nicht zur Disposition, sagte US-Generalstabschef Joseph Dunford am Donnerstag bei einem Besuch in Peking. Sie sei sehr wichtig zum Erhalt der Verteidigungsfähigkeit der Allianz (DE:ALVG). "Solange die Bedrohung in Nordkorea existiert, müssen wir ein hohes Bereitschaftsniveau aufrechterhalten, um auf diese Bedrohung zu reagieren." Das jährliche gemeinsame Manöver Zehntausender amerikanischer und südkoreanischer Soldaten soll am Montag beginnen. Die Führung in Pjöngjang stuft solche Übungen als Vorbereitungen für eine Invasion Nordkoreas ein. Das russische Außenministerium rief alle Seiten zur Zurückhaltung auf. Es müsse vermieden werden, dass man an einen Punkt gelange, von dem man nicht zurückkönne.
Der Vizevorsitzende der mächtigen Zentralen Militärkommission Chinas, Fan Changlong, sagte nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Peking bei einem Treffen mit Dunford, eine Lösung des Konflikts auf der koreanischen Halbinsel lasse sich nur durch Dialog und Beratungen erzielen. "Militärische Mittel dürfen keine Option werden." Damit "dieser Teufelskreis" gestoppt werden könne, müsse der Streit darüber, wer den ersten Schritt mache, beiseitegelegt werden, sagte eine Sprecherin des chinesischen Außenministeriums.
China ist der wichtigste Unterstützer Nordkoreas. Die Volksrepublik hat angesichts der wachsenden Spannungen wiederholt zur Zurückhaltung gemahnt. Nordkoreas Führung und US-Präsident Donald Trump hatten sich vergangene Woche mehrfach mit gegenseitigen Drohungen überzogen. Nordkorea kündigte an, einen Angriff mit Mittelstreckenraketen in Richtung der US-Pazifikinsel Guam vorzubereiten. Trump warnte vor "Feuer und Zorn". Zuletzt gab es zwar Entspannungssignale, nachdem Nordkoreas Machthaber Kim Jon Un sagte, er wolle mit seiner Entscheidung über einen Start der Raketen abwarten, und Trump ihn daraufhin für seine "sehr kluge" Entscheidung lobte. Doch der Konflikt ist längst nicht beigelegt.
SÜDKOREA WARNT PJÖNGJANG VOR ÜBERSCHREITEN VON "ROTER LINIE"
Südkoreas Präsident Moon Jae In warnte denn auch am Donnerstag den Nachbarn vor dem Überschreiten einer "roten Linie" gewarnt. Dies wäre der Fall, sollte Pjöngjang "erneut eine Interkontinentalrakete abschießen und diese mit einem Atomsprengkopf bewaffnen". Moon konkretisierte damit erstmals frühere Warnungen an Nordkorea. Zugleich betonte der Präsident in seiner Pressekonferenz anlässlich seiner ersten 100 Tage im Amt, die USA hätten ihm versichert, zunächst Südkoreas Genehmigung einzuholen, bevor sie militärisch gegen das kommunistische Land vorgingen. Moon rief Nordkorea auf, weitere Provokationen zu unterlassen.
Die USA habe wiederholt erklärt, eine diplomatische Lösung der Krise zu bevorzugen. Gleichzeitig behalten sie sich vor, militärische Gewalt anzuwenden, sollte dies nötig sein. Trumps Chefstratege Steve Bannon sagte allerdings in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem Politikmagazin "The American Prospect", es gebe keine militärische Lösung, so lange Südkoreas Hauptstadt Seoul im Fadenkreuz nordkoreanischer Artillerie stehe. "Sie haben uns." Schließlich wolle niemand, dass zehn Millionen Menschen in Seoul innerhalb von 30 Minuten durch konventionelle Waffen umkämen.
Südkorea und Nordkorea befinden sich formal seit Jahrzehnten im Kriegszustand. Der Korea-Krieg von 1950 bis 1953 endete mit einem Waffenstillstand. Einen Friedensvertrag gibt es nicht.