Tallinn (Reuters) - Mehrere EU-Regierungen haben mangelnde Fortschritte in den Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien beklagt.
"Die Fortschritte reichen nicht aus, um in die nächste Stufe der Gespräche einzusteigen", sagte etwa der irische Ministerpräsident Leo Varadkar am Freitag am Rande des EU-Digitalgipfels in Tallinn. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite forderte sogar, man sollte sich eingestehen, dass die Austrittsverhandlungen im Zeitrahmen bis April 2019 nicht mehr zu schaffen seien. Nur die britische Ministerpräsidentin Theresa May, die an dem informellen Gipfel in Tallinn teilnahm, sah "gute Fortschritte" etwa bei der Sicherung der Rechte von EU-Bürgern in Großbritannien. Sie wolle die EU-Bürger ermuntern, auch nach dem Brexit in Großbritannien zu bleiben, sagte die Regierungschefin. May hatte am Donnerstagabend betont, dass Großbritannien auch nach einem Austritt sicherheitspolitisch eng mit den EU-Partnern zusammenarbeiten wolle. Am Freitagvormittag trafen sich May und Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einem bilateralen Gespräch.
Es gebe keine ausreichenden Fortschritte in den drei Bereichen, die die EU und Großbritannien als Voraussetzung für die Verhandlungen über eine Nach-Austrittslösung vereinbart hatten, sagten auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der Präsident des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani. Dies betrifft die britischen Finanzverpflichtungen, die Rechte der EU-Bürger auf der Insel und der britischen Bürger in der EU sowie eine Lösung für die Landgrenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland.
Zum Abschluss der jüngsten Brexit-Verhandlungsrunde in Brüssel hatten EU und Großbritannien am Donnerstag ihre unterschiedlichen Bewertungen zu Protokoll gegeben. Während der britische Brexit-Minister David Davis von beträchtlichen Fortschritten sprach, sagte EU-Chefunterhändler Michel Barnier lediglich von konstruktiven Gesprächen, nach denen man in einigen Punkten klarer sehe. Das reiche aber nicht aus, um entscheidend weiter zu sein. "In den kommende Wochen und Monaten ist mehr Arbeit zu leisten", sagte Barnier.
Die britische Regierung will möglichst bald über eine Übergangsphase nach dem Brexit und ein Freihandelsabkommen mit der EU reden, um Nachteile für die heimische Wirtschaft abzufedern.