NEW YORK (dpa-AFX) - Die Wall Street dürfte sich nach dem jüngsten Kursrutsch am Dienstag sichtbar stabilisieren. Am Aktienmarkt gebe es die Hoffnung, dass Chinas Reaktion auf die US-Strafzölle maßvoll genug sei, um eine Eskalation des Handelskonflikts beider Länder zu verhindern, schrieb Analyst Neil Wilson vom Broker ETX Capital. Es bleibe allerdings abzuwarten, wie es hier letztlich weitergehe. Unternehmensseitig steht vor allem der Börsengang (IPO) des Musik-Streamingdienstes Spotify (1:SPOT) an der traditionsreichen New York Stock Exchange (NYSE) im Fokus.
Eine Dreiviertelstunde vor dem Handelsstart stand der Dow Jones Industrial (Dow Jones Industrial Average) 0,47 Prozent im Plus bei 23 756 Punkten. Tags zuvor hatten der amerikanische Leitindex sowie der breiter gefasste S&P 500 jeweils rund 2 Prozent eingebüßt, nachdem China amerikanische Stahl- und Aluminium-Strafzölle mit Importzöllen auf etliche US-Produkte gekontert hatte. An der Technologiebörse Nasdaq war es angesichts deutlicher Abschläge bei einigen Schwergewichten noch steiler bergab gegangen.
Entsprechend könnte Spotify für einen Lichtblick in der gebeutelten Tech-Branche sorgen, so Experte Wilson. Allerdings sei der Zeitpunkt des Börsengangs, der kein Börsengang im eigentlichen Sinne sei, denkbar schlecht für Verkäufer der Aktie, wenn man auf die jüngste Kursentwicklung des US-Videostreaming-Dienstes Netflix (2:NFLX) schaue.
Wilson verwies damit auf die für ein Unternehmen in dieser Größenordnung ungewöhnliche Entscheidung, den kostensparenden Weg einer sogenannten Direktplatzierung zu wählen. Spotify lässt sich dabei zwar von Investmentbanken wie Goldman Sachs (NYSE:GS) und Morgan Stanley (NYSE:MS) beraten, beauftragt sie aber nicht wie üblich mit einer Aktienausgabe und dem dazugehörigen Preisbildungsverfahren. Das spart Geld, birgt aber auch das Risiko einer chaotischen und unberechenbaren Handelspremiere.
Analysten trauen Spotify eine Bewertung von rund 20 Milliarden US-Dollar zu, obwohl das Unternehmen seit der Gründung 2006 rote Zahlen schreibt. Um Anleger vor dem Börsendebüt zu überzeugen, vergleicht sich Spotify gerne mit Netflix. Auch der heutige Marktführer im Video-Streaming erwirtschaftete lange keine Gewinne, ist inzwischen aber profitabel und an der Börse über 130 Milliarden Dollar wert.
Die Besitzer von Netflix-Aktien und anderen zuletzt ordentlich gerupften Technologietiteln können am Dienstag wohl zumindest etwas durchatmen. Bei Netflix und beim Elektroauto-Hersteller Tesla (2:TSLA) standen vorbörsliche Kursgewinne von jeweils rund einem Prozent zu Buche. Allein zum Wochenauftakt hatten beide Aktien über 5 Prozent eingebüßt.
Auch bei Facebook (2:FB) deutete sich ein freundlicher Auftakt an, obwohl es laut Gründer und Chef Mark Zuckerberg noch Jahre brauchen wird, um die aktuellen Probleme mit den Schattenseiten des weltgrößten Online-Netzwerks in den Griff zu bekommen.
Die Titel des Chipkonzerns Intel (2:INTC) legten vorbörslich knapp zu. Am Vortag waren sie um gut 6 Prozent abgesackt, nachdem die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet hatte, dass Apple (2:AAPL) ab dem Jahr 2020 eigene Prozessoren in seinen Mac-Computern einsetzen wolle.
Solche Spekulationen gebe es allerdings nicht zum ersten Mal, kommentierte JPMorgan-Analyst Harlan Sur. Zudem dürfte Intel dann angesichts des schrumpfenden Computermarktes und der wachsenden Bedeutung des Geschäfts mit Datenzentren nur noch weniger als 3 Prozent des Umsatzes und operativen Gewinns mit Chips für Mac-Computer erlösen.
Vorbörslich unbewegt zeigten sich Aktien des Medienkonzerns 21st Century Fox (2:FOXA) von Zugeständnissen für die Übernahme des britischen Bezahlsenders Sky (3:SKYB). Man habe der britischen Wettbewerbsaufsicht CMA zwei Vorschläge unterbreitet, teilte Sky mit. Ein Vorschlag sei, den Nachrichtensender Sky News rechtlich abzutrennen. Alternativ könne Sky News auch an den US-Unterhaltungsriesen Disney (112:DIS) verkauft werden - dieser ist wiederum an großen Teilen von Fox interessiert und will auch auf Sky nicht verzichten.
Analyst Ian Whittaker von Liberum Capital teilt die Einschätzung von Sky, wonach diese Vorschläge geeignet sein sollten, die Bedenken der CMA zu zerstreuen. Wichtiger sei aber, ob Fox und Disney mit neuen Offerten das Angebot des US-Kabelnetzbetreibers Comcast (2:CMCSA) von 1250 Pence je Sky-Aktie konterten. Die Papiere von Disney und Comcast legten vorbörslich etwas zu.