Berlin (Reuters) - Die Polizei hat die mutmaßlich rechtsterroristische Gruppe "Revolution Chemnitz" zerschlagen.
Sechs Mitglieder der Gruppierung seien am Montag in koordinierten Einsätzen von über hundert Beamten in Sachsen und Bayern verhaftet worden, teilte der Generalbundesanwalt (GBA) mit. Den zwischen 20 und 30 Jahre alten Männern werde unter anderem vorgeworfen, Anschläge auf Ausländer und politisch Andersdenkende geplant zu haben. Ziel der Gruppe sei die Beseitigung des demokratischen Rechtsstaats. Bundesinnenminister Horst Seehofer sprach von einer ernsthaften Gefahr.
Die Männer hätten versucht, sich Schusswaffen zu besorgen, teilte der GBA mit. Für den 3. Oktober, den Tag der deutschen Einheit, habe die Gruppe ein "in seinen Einzelheiten noch nicht näher aufgeklärtes Geschehen" geplant, hieß es weiter. Bereits am 14. September sollen vier der Beschuldigten zusammen mit anderen Anhängern der rechtsextremen Szene in Chemnitz mehrere Ausländer angegriffen und verletzt haben. Dies soll nach den Erkenntnissen des GBA eine Art Probelauf für die am kommenden Mittwoch geplante Aktion gewesen sein. Die Polizei durchsuchte am Montag auch mehrere Wohnungen. Waffen seien nicht gefunden worden, sagte eine GBA-Sprecherin. Mehrere Datenträger seien beschlagnahmt worden, die jetzt ausgewertet werden würden.
Rädelsführer der mutmaßlich rechtsextremistischen Vereinigung sei ein 31-Jähriger, der bereits am 14. September wegen besonders schweren Landfriedensbruchs festgenommen worden sei, erklärte die oberste Strafverfolgungsbehörde in Deutschland. "Nach den bisherigen Erkenntnissen gehören die Beschuldigten der Hooligan-, Skinhead- und Neonazi-Szene im Raum Chemnitz an und sollen sich als führende Personen in der rechtsextremistischen Szene Sachsens verstanden haben." In Chemnitz war es während Kundgebungen Ende August zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen gekommen.
SZ: ATTACKEN AUF POLITIKER UND JOURNALISTEN GEPLANT
Die "Süddeutsche Zeitung" berichtete vorab unter Berufung auf Ermittlerkreise, aus abgehörten Telefonaten und aus Chats solle hervorgehen, dass die insgesamt sieben Verdächtigen nicht nur Angst und Schrecken verbreiten, sondern die Gesellschaft ganz umwälzen wollten. Geplant gewesen seien Angriffe auf Politiker, Journalisten und andere Menschen, die in der Öffentlichkeit für den freiheitlichen Rechtsstaat stehen.
Seehofer wertete den Zugriff als Beleg dafür, dass Gefahren aus der rechten Szene nicht bagatellisiert würden. "Wir sind in der Bundesregierung auf keinem Auge blind und verfolgen jede Form von Extremismus", sagte er Reuters-TV. Mit Blick auf die in ostdeutschen Ländern vergleichsweise starke rechte Szene sagte er: "Diese terroristischen Bewegungen gibt es in jedem Bundesland." Er warnte vor Vorurteilen: "Ich wehre mich immer sehr dagegen, dass man das geografisch bestimmten Regionen zuordnet." Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von einem "entscheidenden Schlag gegen den Rechtsterrorismus".
Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka lobte gegenüber den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland das Vorgehen des Generalbundesanwaltes, das sich "deutlich von Relativierungen" wie vom noch amtierenden Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen absetze. Maaßen hatte bezweifelt, dass ein im Internet veröffentlichtes Video von den Ausschreitungen in Chemnitz authentisch sei und vor gezielten Falschinformationen gewarnt, ohne dies zu belegen. Auch der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz erklärte, der Streit über die Auslegung der Chemnitzer Vorfälle versperre den Blick auf das eigentliche Problem: "Die hohe Mobilisierungskraft, die gute Vernetzung und die sehr reale Gefahr, die von rechtsextremen Gruppen ausgeht." OLDEDOM Reuters Germany Online Report Domestic News 20181001T083904+0000