Investing.com - Dem angeschlagenen Flugzeugbauer Boeing (NYSE:BA) ist es nicht gelungen, einen Streik seiner größten Gewerkschaft mit Lohnerhöhungen abzuwenden. Mit einer potenziellen Belastung des FCF von mehr als 1,3 Milliarden Dollar pro Monat stehe das Unternehmen nun vor einer finanziellen Zerreißprobe, schreibt Jefferies.
Die Gewerkschaftsmitglieder haben am Donnerstag mit überwältigender Mehrheit für den Streik gestimmt: 96 % votierten dafür, nachdem der von Boeing vorgelegte Vertragsentwurf zuvor mit 95 % abgelehnt wurde. Im Zentrum des Konflikts stehen Unzufriedenheit mit dem Lohnangebot und die Abschaffung des AMPP-Bonusprogramms, das Mitarbeiter für ihre Sicherheit, Qualität und Produktivität zusätzlich belohnt hatte.
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Boeing unter Druck
Analysten der Investmentbank Jefferies weisen in einer aktuellen Notiz auf die potenziell gravierenden Folgen eines längeren Streiks für Boeing hin. Der letzte große Arbeitskampf, der das Unternehmen 2008 erschütterte, dauerte 58 Tage und führte zu erheblichen Verzögerungen bei der Auslieferung von mehr als 100 Flugzeugen. Die Auswirkungen auf den Gewinn waren enorm: Rund 1,2 Milliarden Dollar weniger Nettogewinn, was umgerechnet 600 Millionen Dollar pro Monat entspricht. Eine solche finanzielle Belastung käme dem angeschlagenen Luftfahrtriesen in der aktuellen Phase mehr als ungelegen.
Der sogenannte „freie Cashflow“ (FCF) könnte laut Jefferies drastisch unter der aktuellen Situation leiden. Im Jahr 2008 sei dieser infolge des Streiks um 2,5 Milliarden Dollar zurückgegangenen. "Es besteht das Potenzial für erhebliche finanzielle Störungen, wenn der Streik über einen längeren Zeitraum andauert", urteilten die Experten.
Unzufriedenheit trotz hoher Lohnangebote
Der jüngste Tarifkonflikt zwischen Boeing und IAM 751 begann eigentlich vielversprechend. Anfang September schien es, als sei eine Einigung in Sicht: Boeing hatte den Beschäftigten eine Lohnerhöhung von 25 % über die gesamte Laufzeit des neuen Vertrags zugesichert, davon 11 % im ersten Jahr. Doch diese Zugeständnisse reichten den Gewerkschaftsmitgliedern nicht aus, deren letzter Tarifvertrag im Jahr 2008 ausgehandelt wurde. Die Gewerkschaft hatte ursprünglich eine Erhöhung um 40 % gefordert.
Besonders die Abschaffung des AMPP-Bonus sei auf starken Widerstand, so Jefferies. Auch die Zusage von Boeing, ein Flugzeug der nächsten Generation in Puget Sound zu bauen - ein wesentlicher Bestandteil des Vorschlags - werde von vielen Beschäftigten in Frage gestellt.
Die Folgen für Boeing
Für Boeing könnte der Streik tiefgreifende Auswirkungen haben, die über finanzielle Verluste hinausgehen. Verzögerungen bei der Produktion und Auslieferung von Flugzeugen könnten das Vertrauen der Kunden weiter erschüttern, was die ohnehin angespannte Lage für Boeing weiter verschärfen würde. Boeing hat bereits mit den Folgen der COVID-19-Pandemie und einer selbstverschuldeten Pannenserie zu kämpfen. Ein längerer Streik würde die Erholung zusätzlich erschweren.
Die Analysten von Jefferies warnen daher, dass Boeing-Führungskräfte gut beraten wären, die Verhandlungen schnell wieder aufzunehmen, um den Betrieb nicht länger zu gefährden. Zwar sei der Streik erst wenige Stunden alt, doch der finanzielle Druck könne rasch eskalieren, wenn keine Einigung erzielt werde. "Die Dauer des Streiks wird maßgeblich die finanziellen Auswirkungen bestimmen", betonte Jefferies.Ein Szenario wie 2008 sei durchaus möglich, aber diesmal dürfte das Boeing-Management besonders motiviert sein, einen längeren Streik zu vermeiden.
Boeing selbst zeigt sich bereits verhandlungsbereit: "Wir sind bereit, an den Verhandlungstisch zurückzukehren", sagte ein Sprecher als Reaktion auf den gestern abgelehnten Vorschlag der Gewerkschaftsmitglieder.
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