Gold auf Rekordständen trotz ungemein hoher Kapitalmarktzinsen - die Gründe

Veröffentlicht am 12.01.2025, 17:39
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Nach den heute veröffentlichten US-Arbeitsmarktdaten schossen die Anleiherenditen sowie der US-Dollar in die Höhe- das zinslose Gold jedoch ebenso. Warum dies äußerst ungewöhnlich ist und was die Gründe dafür sein könnten, versuchen wir kurz und kompakt in diesem Beitrag zusammenzufassen.

Aussetzung der Divergenz

Normalerweise besteht zwischen Gold und dem Dollar sowie den Staatsanleiherenditen eine negative Korrelation. Das bedeutet, dass sich die beiden Parteien im Regelfall entgegengesetzt verhalten – steigt der Dollar, sinkt Gold; sinkt der Dollar, steigt Gold.

Der Grund ist, dass Gold in US-Dollar gehandelt wird. Demnach macht ein stärkerer Dollar Gold für Anleger außerhalb der USA teurer, was die Nachfrage ausländischer Investoren senkt. Gleichzeitig bieten höhere Anleiherenditen attraktive, verzinste Alternativen, während Gold keine laufenden Erträge liefert- es werden auch nicht etwa wie bei Aktien Dividenden ausgezahlt. Die gestiegenen Opportunitätskosten reduzieren somit die Attraktivität des Rohstoffs.

Die letzten Monate verhielt sich Gold im Falle von Wirtschaftsdaten immer recht gleich: Daten, welche Zinssenkungshoffnungen belebten, waren bullisch, wohingegen jene bärisch waren, welche beispielsweise einen robusten Arbeitsmarkt oder eine wieder anfachende Inflation signalisierten.

Die alle Schätzungen übertreffenden Arbeitsmarktdaten haben eine Zinssenkung vor Juli äußerst unwahrscheinlich gemacht. Somit dürfte die Einlagenfazilität bestehen bleiben, auf geldpolitische Unterstützung seitens der Fed ist demnach die nächsten Monate nicht zu rechnen. Nun scheint sich jedoch etwas Fundamentales geändert zu haben: der Treiber werden nicht mehr die Zinsen sein.


Quelle: @KobeissiLetter / X


Quelle: @MikeZaccardi / X

Gold – 2.700 USD

Um die Marktreaktion etwas zu verdeutlichen, schauen wir uns den Gold-Chart etwas genauer an. Wir sehen einen Ausbruch aus dem Seitwärtskanal und ein Angriff auf die Marke von 2.700 USD. Seit dem Abverkauf am Anfang des Novembers – welcher übrigens passierte, da die Fed eine restriktivere Zinspolitik äußerte und die Anleiherenditen anstiegen- hat Gold zwei Mal zuvor den Ausbruch gewagt.

Um 14.30 Uhr erhielten wir die Arbeitsmarktdaten, Gold korrigierte kurz auf die 2.664 USD, erholte sich dann aber rasch wieder und widmete sich dem erneuten Angriff der 2.700 USD-Marke.

Um einen Vergleich zu ziehen, wie stark andere Assets auf die überraschenden Daten reagierten, muss man sich nur den Minuten-Chart von Bitcoin vor Augen führen. Dieser gab binnen 90 Minuten -2,80% ab.


Ein sehr wichtiger charttechnischer und mechanischer Punkt ist, dass der Goldpreis nun wieder das 100- und 50-DMA unter sich hat, was nun als zusätzliche Unterstützung fungieren kann.


Quelle: @zerohedge / X

Gleichzeitig zum Goldpreis stiegen auch die US10Y auf zwischenzeitlich 4,8%. Seit September wurden die Leitzinsen um 100 Basispunkte gesenkt, die Renditen stiegen währenddessen überproportional um ganze 115 Basispunkte.

Hier ist nochmals die aussetzende Divergenz zwischen dem US-Dollar und Gold zu sehen. Eine solche Korrelation ist ausgehend historischer Marktmechanismen äußerst ungewöhnlich.

Gold in anderen Währungen

Interessant wird es, wenn man Gold in anderen Währungen, wie beispielsweise dem Euro betrachtet. Hier erzielt der Rohstoff neue Höchststände- die Stärke von Gold kommt hier deutlich transparenter zur Deutung, da die gegenüberstehende Währung um einiges schwächer als die des Dollars ist.


Quelle: @jsblokland / X

Nicht nur im Euro, sondern auch in allen anderen Währungen hat das Gold eine jährliche Überperformance im Verhältnis zum USD erzielen können. Sollte der Dollar also abschwächen, dürfte der Weg für XAUUSD ohne Zweifel Richtung alter Rekordstände gehen.


Quelle: @JanGold_ / X

Inflation – Der neue Parameter ?

Nach dem Abverkauf im November hat sich Gold im Gesamten sehr stabil gehalten (siehe Relation zu steigenden US10Y und USD). Dass Gold nun jedoch nach oben ausbricht, verschärft die These, dass es nun nicht mehr um Zinssenkungen, sondern um Inflation geht. Denn die primäre Stärke des Goldes war schon immer die Eigenschaft, ein inflationsschützender sicherer Hafen zu sein.


Quelle: @KobeissiLetter

Diese These wird zudem von den heutigen Inflationserwartungen, gemeldet von der Uni-Michigan, bestätigt. Mit einem Anstieg von 2,8% auf 3,3% beziehungsweise von 3,0% auf 3,3% ist die wieder anfachende Inflation, welche schon aus den ISM-Daten hervorging, eine nun reale Gefahr.


Quelle: investing.com

Die Flucht in Gold- ein struktureller Trend

Auf der einen Seite haben wir natürlich geopolitische Spannungen und die grundlegende Wertspeicherungsfunktion, weshalb Gold so ein interessantes Anlagegut ist. Auf der anderen Seite gibt es jedoch eine aktuelle Entwicklung, welche deutlich größere Einflüsse auf den Goldpreis haben dürfte: Der massive Ankauf von Zentralbanken. Denn die Zentralbanken setzen weltweit ihre aggressive Goldkaufstrategie unvermindert fort. Im November 2024 wurden weitere 53 Tonnen Gold in die Tresore der Währungshüter eingelagert. Bemerkenswert war, dass Polen im November mit 21 Tonnen der größte Einzelkäufer war, auch China kehrte wieder an den Markt zurück. 2022 begann der Trend bereits mit den Ankauf der türkischen Nationalbank von 217 Tonnen Gold. Dies signalisiert ein zunehmend schwindendes Vertrauen in das dollarbasierte Finanzsystem.

In der Grafik ist zu sehen, dass die beiden größten historischen Käufer von US-Staatsanleihen (Japan und China) derzeit Nettoverkäufer sind, auch die Bestände Europas gehen mittlerweile zurück. Dieser Trend zielt darauf ab, dass sich auch der Rest der Welt auf den Protektionismus von Trump einstellt und die monopolare Stellung des US-Dollars nicht mehr in der bisherigen Ausführung duldet.

Dieser Trend ist vor allem in Schwellenländern zu sehen, welche aufgrund der in Dollar gehandelten Rohstoffe ihre Reserven immer mehr weg vom USD diversifizieren (siehe Saudi Arabien). Es ist also ein strukturelles Umbauen der Bilanzen, welches auf eine auf Selbstschutz basierende Veränderung in dem nicht-trivialen Weltwirtschaftssystem hindeutet.

Das Problem mit dem Staatshaushalt

Die strukturellen Abverkäufe oder ausbleibenden Ankäufer der ausländischen Zentralbanken haben Auswirkungen auf die Renditen. Wenn der Kurs aufgrund fehlender Nachfrage sinkt, steigt die Verzinsung. Das ist ein Problem für die Neuemittierung amerikanischer Staatsanleihen, denn nun müsse der Staat die Anleihekäufer zu deutlich höheren Konditionen entschädigen.

Der von Trump nominierte Finanzminister Bessent äußerte sich zu der kurzfristige Schuldtitelemission von Yellen: „Mittelfristig halten wir die Ausgabe hoher Rechnungen für eine riskante Strategie, die mit erheblichen Kosten verbunden ist. Zusätzlich zu einem höheren Zinsaufwand setzt die Konzentration der Emissionen auf kurze Laufzeiten das Finanzministerium über Refinanzierungsrisiken einer größeren Volatilität aus und birgt die Möglichkeit eines finanziellen Unfalls.“

Das bisherige „short-term debt issuance“-Vorgehen von Yellen dürfte demnach ausbleiben. In Hinblick auf die Refinanzierungskosten, welche 2025 auf Amerika zukommen dürften, ist es ein großer Sturm am Ende des Horizonts. Es sind nämlich 7 BILLIONEN US-Dollar an Schulden zu refinanzieren. Auch hier dürfte ein echt großes Problem auf Trump und seine Regierung zukommen. Denn um die Schulden zu tilgen, dürften neue Schulden aufgenommen werden, was dann in der Regel zu steigenden Renditen führt.


Quelle: Bloomberg

Es ist also ein sehr giftiges und bis dato noch nicht durchsichtiges Gebräu zu erkennen. Die Kapitalmarktzinsen sind enorm hoch, werden aber nicht zwangsläufig sinken. Währenddessen ist Gold nach oben ausgebrochen und setzt die makroökonomische Divergenz weiter außer Kraft. Es wird spannend.

Quelle/Repost: Home - EconomyGlobal

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