Frankfurt (Reuters) - Europas Aktienbörsen sind am Dienstag nach den kräftigen Verlusten im Sog des Brexit-Votums auf Erholungskurs gegangen.
Der Dax gewann 1,9 Prozent auf 9447,28 Punkte, der EuroStoxx50 legte 2,3 Prozent auf 2758,67 Zähler zu. An der Wall Street notierten der Dow-Jones- und der S&P500-Index zum europäischen Handelsschluss 0,7 und 0,9 Prozent höher. Auch das Pfund Sterling machte Boden gut. Börsianer zweifelten allerdings, dass es sich um eine nachhaltige Erholung handelte. "Das ist eine technische Reaktion auf die Verluste", sagte einer.
Mit Argusaugen beobachteten die Anleger die Entwicklung in Brüssel, wo am Nachmittag die EU-Staats- und Regierungschefs zu einem zweitägigen Gipfel zusammenkamen. Während zunächst noch der britische Premierminister David Cameron mit dabei war, wollen am Mittwoch die übrigen 27 Regierungen unter sich über den weiteren Weg der Union und die Verhandlungen mit London über den EU-Austritt beraten. Ein schneller Start der Austrittsverhandlungen scheint unwahrscheinlich. "Damit gewinnt das Szenario einer anhaltenden Unsicherheit mehr Raum", stellten die Analysten der Commerzbank (DE:CBKG) fest.
Der Dax könnte unter die 9000er Marke fallen und so das im Februar im Sog der Turbulenzen am Ölmarkt aufgestellte Jahrestief von 8699,29 Zählern ins Visier nehmen, warnte ein Händler. Auch das Pfund habe seine Talsohle noch nicht erreicht, sagte Commerzbank-Analystin Esther Reichelt. "Investoren brauchen Klarheit darüber, wo das Vereinigte Königreich in zwei und mehr Jahren steht. Solange die fehlt, wird das Pfund weiter abgestraft."
In den vorangegangenen beiden Handelstagen seit dem Brexit-Votum hatten Dax und EuroStoxx50 je rund zehn Prozent verloren. Ähnlich stark hat auch das Pfund abgewertet. Am Dienstag notierte es bei 1,3310 Dollar, nachdem es am Montag auf ein 31-Jahres-Tief von 1,3118 Dollar gefallen war.
Die Herabstufung der Bonität Großbritanniens verteuerte am Anleihemarkt die Refinanzierung des britischen Staates nur wenig. Die Rendite der zehnjährigen britischen Bonds stieg zwar zeitweise auf rund ein Prozent, blieb aber in Reichweite ihres im Zuge der Brexit-Turbulenzen erreichten Rekordtiefs von 0,933 Prozent. "Angesichts der Flucht in die sicheren Häfen, die auch die Renditen für Gilts sinken lässt, kostet der Verlust des AAA-Status den britischen Staat vorläufig gar nichts", fasste Holger Schmieding, Chefvolkswirt von Berenberg zusammen.
FINANZWERTE LEICHT ERHOLT - VW HOLEN EBENFALLS AUF
Bei den Einzelwerten holten die Finanzwerte auf. Nach teils zweistelligen prozentualen Verlusten legten sie im Schnitt zwei bis drei Prozent zu. Deutsche Bank (DE:DBKGn) und Commerzbank stiegen um je etwa ein Prozent. Die britische Barclays (LON:BARC) legte 3,4 Prozent zu, während Royal Bank of Scotland (RBS) nach einer freundlichen Eröffnung ins Minus drehte und 0,3 Prozent einbüßten. Barclays hatten am Montag 17, RBS 15 Prozent verloren.
Mit einem Plus von 1,7 Prozent gingen Volkswagen (DE:VOWG) aus dem Handel. Anleger waren erleichtert, dass sich der Autobauer mit den USA auf eine Beilegung des Dieselskandals geeinigt hatte. Allerdings fiel der Schadensersatz höher als gedacht aus. Im MDax brachen Salzgitter (DE:SZGG) um 5,1 Prozent ein. Der Stahlkonzern hatte zwar seine Gewinnprognose erhöht, die Umsatzerwartungen aber gesenkt. Zudem hatte Goldman Sachs (NYSE:GS) die Aktien zum Verkauf empfohlen.