In den vergangenen Monaten mussten fast alle Aktien Verluste einstecken. Nur ganz wenige konnten sich gegen den Trend stellen. Eine dieser Ausnahmen ist der MDAX-Konzern Sartorius (WKN: 716563). Im laufenden Jahr hat die Aktie bereits mehr als 60 % zugelegt und betrachtet man die Performance der letzten zehn Jahre, so kann Sartorius eine Rendite von über 6.200 % vorweisen. Bei einer solchen Rendite ist es kaum verwunderlich, dass die Bewertung von Sartorius alles andere als günstig ist. Aktuell sind die Investoren bereit, ein KGV von 123 (Stand aller Daten: 27.05.2020) für die Sartorius-Aktie zu bezahlen. Aber kann der Konzern diesen hohen Preis rechtfertigen?
Was macht Sartorius überhaupt? Sartorius operiert in erster Linie als Pharma- und Laborzulieferer. Dabei gliedert der Konzern sich in zwei Bereiche. Der Bereich „Bioprocess Solutions“ (BPS) stellt in erster Linie Geräte her, welche die Pharmaindustrie in ihren Produktionsprozessen benötigt. Der zweite Bereich „Lab Products & Services“ (LPS) fokussiert sich dagegen verstärkt auf Laborinstrumente und Verbrauchsmaterialien. Im ersten Quartal erwirtschaftete der Bereich BPS knappe 400 Mio. Euro Umsatz und ist damit deutlich größer als der Bereich LPS mit einem Q1-Umsatz von 115 Mio. Euro.
Wie der Aktienkurs bereits vermuten lässt, ist der Einfluss der Coronakrise auf Sartorius relativ gering. Sämtliche Produktionsstätten sind in Betrieb und auch die Lieferketten laufen aktuell reibungslos. Der Konzern spürt zwar leichte Effekte in verschiedenen Bereichen, bisher ist der Einfluss der Krise jedoch eher neutral. Im Bereich BPS profitierte Sartorius von zusätzlichen Aufträgen und Hamsterkäufen von einigen Kunden. Währenddessen musste der Bereich LPS vor allem in China einen Nachfragerückgang hinnehmen.
Die Wachstumsraten sind stark Um die Frage zu klären, ob Sartorius ein so hohes KGV rechtfertigen kann, muss man sich natürlich das fundamentale Wachstum anschauen. Und die Wachstumsraten sind wirklich stark. Der Umsatz konnte im ersten Quartal um 17 % gesteigert werden und das EBITDA sogar um fast 21 %. Hinzu kommt, dass auch der Auftragseingang um über 30 % zugenommen hat. Aktuell läuft das Geschäft von Sartorius also richtig gut. Mit so einem guten Jahresstart hatte nicht einmal das Management gerechnet, daher wurde die Jahresprognose nach dem ersten Quartal deutlich angehoben.
Diese tolle fundamentale Entwicklung ist keine Eintagsfliege. Sartorius schafft es schon seit Jahren, den Umsatz mit zweistelligen Wachstumsraten zu steigern. Auffällig ist dabei jedoch, dass der Gewinn je Aktie kaum mitwächst. Das liegt in erster Linie daran, dass Sartorius viel investiert. Bis 2025 soll der Umsatz auf 4 Mrd. Euro gesteigert werden, dies entspricht mehr als einer Verdopplung im Vergleich zu 2019. Gelingen soll dies in erster Linie durch einen starken Ausbau des BPS-Bereiches. Durch den steigenden Wohlstand in der Welt und die allgemeine demografische Entwicklung wird der Biopharmamarkt in den kommenden Jahren weiter wachsen. Schon in den vergangenen Jahren konnte Sartorius von diesem Wachstumsmarkt profitieren. Mit den aktuell hohen Investitionen will man dies auch in der Zukunft weiterhin machen.
Qualität hat ihren Preis Sartorius ist mit Sicherheit teuer. Jedoch bietet der Konzern dafür auch jede Menge Qualität. Seit Jahren zeigt Sartorius, dass man sich durch kluge Investitionen in einem stark wachsenden Markt gut positionieren kann. Dadurch wächst auch der Konzern seit Jahren stark. Ich denke, dass Sartorius auch noch deutlich weiter wachsen kann. Die demografische Entwicklung ist ein Trend, welcher uns auch über 2025 hinaus weiter begleiten wird. Daher sehe ich auch kein Ende der Wachstumsperspektiven für Sartorius nach 2025.
Nun ist ein KGV von 123 natürlich sehr happig. Meiner Meinung nach darf man das KGV jedoch nicht alleine betrachten. Sartorius legt den Fokus nicht auf die Maximierung des Gewinns, sondern investiert lieber stark in die Zukunft. Daher ist der Gewinn am Ende des Jahres nicht wirklich aussagekräftig. Deutlich wird dies, wenn man zum Beispiel das Kurs-Umsatz-Verhältnis betrachtet. Dieses ist mit knapp 10 zwar ebenfalls teuer, jedoch aus meiner Sicht aufgrund der starken Wachstumsraten durchaus vertretbar.
Alles in allem denke ich, dass Sartorius das hohe KGV durchaus rechtfertigen kann. Der Konzern hat seine Qualität über Jahre nachgewiesen, steht aktuell gut da und auch der Ausblick ist positiv. Zudem ist das KGV aus meiner Sicht nicht so aussagekräftig im Fall von Sartorius, da der Konzern aktuell nicht das Ziel verfolgt, seinen Gewinn zu maximieren. Diese Wachstumsstrategie halte ich persönlich auch für sehr erfolgversprechend und sehe daher aktuell keinen Grund, weshalb Sartorius seine Bewertung nicht rechtfertigen würde.
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Robin Gey besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
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