Düsseldorf, 03. Mai (Reuters) - Nur wenige Wochen nach dem milliardenschweren Verkauf der Aufzugssparte schlägt Thyssenkrupp TKAG.DE wegen der Einbußen durch die Corona-Krise Alarm. "Mittelfristig werden die Corona-bedingten Liquiditätsabflüsse aller Voraussicht nach dazu führen, dass der finanzielle Spielraum aus dem Verkauf des Aufzuggeschäfts weitaus geringer als ursprünglich angenommen sein wird", hieß es in einem der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag vorliegenden Brief des Vorstands an die Mitarbeiter.
"Wir bereiten Lösungswege dafür vor." Der seit Jahren klamme Industriekonzern hatte sich erst in der vergangenen Woche Insidern zufolge Staatshilfe in Form eines KfW-Kredits über eine Milliarde Euro gesichert, um die Zeit bis zum Eingang der Summe aus dem Verkauf des Lift-Geschäfts zu überbrücken. Möglicherweise reicht dies dem Vorstand zufolge aber nicht aus.
"Nach aktuellem Stand gehen wir nach wie vor davon aus, dass die Elevator-Transaktion zeitgerecht abgeschlossen werden kann. Sollte sich der Abschluss der Elevator-Transaktion bei gleichzeitiger Verschlechterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen jedoch verzögern, wäre Thyssenkrupp möglicherweise auf zusätzliches Geld zur Überbrückung einer etwaigen Liquiditätslücke angewiesen", erklärt der Vorstand in dem Brief, über den zuerst das "Handelsblatt" berichtet hatte.
Thyssenkrupp hatte das Aufzugsgeschäft im Februar für 17,2 Milliarden Euro an ein Konsortium der Finanzinvestoren Advent und Cinven mit der RAG-Stiftung veräußert. Der Konzern erwartet den Eingang der Summe nach der Freigabe durch die Kartellbehörden noch im Geschäftsjahr 2019/20, das bis Ende September läuft.
Die Kassenlage von Thyssenkrupp ist seit Jahren angespannt. Der Konzern ist stark auf die Automobilindustrie ausgerichtet, die durch die Corona-Krise noch stärker ins Schlingern geraten ist. Die Auswirkungen der Pandemie auf die geschäftliche Entwicklung seien erheblich, schreibt das Management. "Momentan ist in nahezu allen Geschäftsbereichen die Produktion zumindest verringert, zahlreiche Standorte sind geschlossen oder heruntergefahren – zum Teil wegen behördlicher Auflagen, zum Teil wegen der eingebrochenen Nachfrage." Mit Stand Anfang Mai seien mehr als 30.000 Mitarbeiter weltweit in Kurzarbeit beziehungsweise in einem vergleichbaren Status. Diese Zahl werde wohl noch weiter zunehmen. "In allen unseren Geschäften legen die Führungsmannschaften den Fokus auf Cash/Liquidität und begrenzen den Mittelabfluss so weit wie möglich. Die Berichtszahlen zum zweiten Quartal am 12. Mai würden die ersten Auswirkungen der Krise zeigen, und den Konzern vor weitere Herausforderungen stellen. Experten gehen davon aus, dass die von Vorstandschefin Martina Merz für Mai angekündigte neue Strategie wegen der unsicheren Lage im Zuge der Corona-Krise weniger detailliert als ursprünglich geplant ausfallen wird.